Branchenkompass Public Sector 2020Zu wenig digitale Leistungen

[03.06.2020] Der Aufbau einer digitalen Verwaltung in Deutschland zieht sich hin. Das zeigen die Ergebnisse des Branchenkompass Public Sector von Sopra Steria und dem F.A.Z.-Institut.
Nur 16 Prozent der für den Branchenkompass Public Sector befragten Behörden gaben an

Nur 16 Prozent der für den Branchenkompass Public Sector befragten Behörden gaben an, dass sie Verwaltungsleistungen gemäß dem OZG online anbieten können.

(Bildquelle: Ella Grynko/123rf.com)

Der Aufbau einer digitalen Verwaltung in Deutschland zieht sich hin. Das lassen die Umfragewerte im Branchenkompass Public Sector 2020 von Sopra Steria und dem F.A.Z.-Institut erkennen. Nur 16 Prozent der Behörden vermelden demnach, dass sie Verwaltungsleistungen gemäß Onlinezugangsgesetz (OZG) vollständig oder weitgehend über das Internet anbieten. 61 Prozent befinden sich laut der Umfrage mitten in der Umsetzung. Größere Fortschritte gebe es bei der Umsetzung des E-Government-Gesetzes, beispielsweise bei der Online-Vergabe von Aufträgen. Für die Studie seien 100 Entscheider aus 100 deutschen Bundes-, Landes- und Kommunalverwaltungen befragt worden.
Die Covid-19-Beschränkungen haben der Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung einen Schub verliehen. Die Nutzung des derzeit vorhandenen Online-Angebots hat stark zugenommen. „Die Behörden bekommen nun konkret vor Augen geführt: Es gibt noch zu viele reine Informationsangebote und zu wenige echte digitale Verwaltungsdienstleistungen. Das werden viele nun schnell ändern wollen”, sagt Bernd Baptist, verantwortlich für die Geschäftssparte Public Sector bei Sopra Steria. Zwei Gesetze sorgten bereits vor dem Ausbruch des Coronavirus dafür, dass die öffentliche Verwaltung digitalisiert wird: das Gesetz zur Förderung der elektronischen Verwaltung (E-Government-Gesetz), seit August 2013 in Kraft (wir berichteten), inklusive eigener E-Government-Gesetze der Bundesländer sowie das OZG, seit 2017 in Kraft (wir berichteten).

Cyber-Sicherheit hat Priorität

Wie der Branchenkompass offenbart, kommen die Verantwortlichen bei Bund, Ländern und Kommunen mit der Umsetzung beider Gesetze unterschiedlich voran. Am weitesten ist die öffentliche Verwaltung nach Angaben von Sopra Steria bei der elektronischen Vergabe öffentlicher Aufträge: In 60 Prozent der Behörden sei die Abwicklung von Ausschreibungen über spezielle Vergabeplattformen möglich. Jede vierte Verwaltungseinrichtung habe das Vergabeverfahren zumindest in Teilen digitalisiert. Vorgaben für den Datenschutz und die IT-Sicherheit hätten 48 Prozent der Behörden vollständig und 47 Prozent teilweise umgesetzt. Das Thema Cyber-Sicherheit habe für nahezu alle Behörden Priorität. Nachholbedarf gebe es bei Vorgaben, die für Bürger sowie Unternehmen besonders attraktiv sind. Dazu gehöre, sich im Internet bei Behörden zu identifizieren (eID) und Leistungen direkt online zu bezahlen. Acht Prozent der befragten Behörden bieten laut Umfrage eine eID an. 30 Prozent sollen sich noch in der Umsetzung befinden. Etwas weiter sei die öffentliche Verwaltung bei Bezahlangeboten und der E-Rechnung. Jede fünfte Behörde (22 Prozent) melde hier Vollzug, 44 Prozent würden an derartigen Lösungen arbeiten. Bei der Verarbeitung von E-Rechnungen dränge jedoch die Zeit: Das E-Rechnungsgesetz verlangt, dass Unternehmen ihre Rechnung an öffentliche Auftraggeber ab November 2020 in digitaler Form stellen.

Kulturelles Umdenken notwendig

Die OZG-Umsetzung kommt langsam voran, berichtet Sopra Steria. 77 Prozent der befragten Behörden würden von Online-Verwaltungsangeboten berichten, die aber nur ansatzweise fertig sind. Bei 16 Prozent seien OZG-Leistungen komplett fertig oder weitgehend entwickelt. „Neben den technischen Aspekten fordert die Verwaltungen auch ein notwendiges kulturelles Umdenken. Es geht schließlich nicht darum, dass Verwaltung auf eine Website umzieht”, erklärt Ulf Glöckner, Senior Manager Public Sector bei Sopra Steria und Experte für Change Management. „Dienstleistungen müssen aus Nutzersicht neu gedacht und dann digital in der Form angeboten werden, wie es Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen vom Internet-Einkauf gewohnt sind. Dieser kulturelle Wandel braucht länger als die Einführung einer App und muss effektiv gemanagt werden”, so Glöckner.
Eine Voraussetzung für bürgerorientierte Verwaltungsdienste sind laut Unternehmen rechtssichere Bürger- und Servicekonten. 41 Prozent der Befragten würden diese gerade einrichten. Über sie könnten Bürger und Unternehmen künftig Angebote unterschiedlicher Verwaltungen nutzen, in Bayern beispielsweise mit der BayernID. Bei 14 Prozent der befragten Behörden seien diese Arbeiten weitgehend abgeschlossen. Kommunen wie die Stadt München seien hier weiter als Bund und Länder.

Zusammenarbeit auf allen Ebenen

Ein Ansatz für schnellere E-Government-Fortschritte sei eine intensive übergreifende Zusammenarbeit auf allen Verwaltungsebenen. OZG-Verwaltungsdienstleistungen werden deutschlandweit in Digitalisierungslaboren einzelner Verwaltungen entwickelt. Erfüllen diese Pilotprojekte die rechtlichen Vorgaben, können andere Behörden diese Dienste übernehmen. Ein Beispiel ist ELFE (Einfach Leistungen für Eltern, wir berichteten) der Stadt Bremen, teilt Sopra Steria mit. Dessen Ziel ist es, alle Verwaltungsverfahren rund um die Geburt eines Kindes in einem bürgernahen Online-Verfahren zu bündeln, von der Anmeldung beim Standesamt bis zum Kindergeld. Dafür müssten nicht nur Prozesse digitalisiert und Web-Seiten programmiert, sondern auch 17 Gesetze angepasst werden. „Das Beispiel ist kein Einzelfall. Es zeigt, wie komplex die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung in Deutschland ist und wie wichtig der enge Austausch und die Koordinierung zwischen Bund, Ländern und Kommunen sind”, berichtet Bernd Baptist von Sopra Steria. „Zudem sollten die Verantwortlichen aller Ebenen die Einführung neuer Dienstleistungen noch stärker mit mehr Werbung und Erklärformaten begleiten und Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen in den Entwicklungsprozess einbinden.”





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