OZG 2.0Zentralisierung als Hemmnis oder Chance?
In der vergangenen Woche hat sich der Bundesrat mit der Novelle des 2017 erlassenen Onlinezugangsgesetzes befasst. Dabei hat das OZG-Änderungsgesetz (OZGÄndG) in der Länderkammer keine Mehrheit gefunden und wurde auch nicht an den Vermittlungsausschuss übergeben. Die Reaktionen darauf fallen unterschiedlich aus.
Schleswig-Holsteins Digitalisierungsminister Dirk Schrödter weist darauf hin, dass sein Land bei Umsetzung des Änderungsgesetzes gezwungen wäre, seine „existierenden und funktionell besseren Infrastrukturen zugunsten einer zentralen Bundeslösung abzuschalten“ – und das, obwohl es Möglichkeiten gäbe, solche Infrastrukturen interoperabel aufzubauen. Dies sei auch bereits vor Jahren zwischen Bund und Ländern gemeinsam beschlossen worden. Für das Land und die schleswig-holsteinischen Kommunen wäre die Umsetzung des OZG 2.0 in seiner jetzigen Form ein enormer Rückschritt bei der Modernisierung und digitalen Transformation der öffentlichen Verwaltung, heißt es in einer Meldung aus Schleswig-Holstein. Auch die finanziellen Auswirkungen des OZG-Änderungsgesetzes seien weiterhin völlig unklar und belasten Länder und Kommunen einseitig – ohne deren Beteiligungsrechte zu wahren.
Der Bund habe es seit Sommer vergangenen Jahres leider versäumt, mit den Ländern auf Augenhöhe über die geänderten Inhalte des OZG 2.0 zu kommunizieren. „Wir erwarten vom Bund substanzielle Änderungen am vorgelegten Entwurf“, betonte Schrödter. Es sei niemandem vermittelbar, wenn von den dereinst zwischen Bund und Ländern im IT-Planungsrat einvernehmlich vereinbarten Interoperabilitätsstandards abgewichen und die Abschaltung bestehender IT-Landesinfrastrukturen wie etwa des OZG-Nutzerkontos verlangt würde.
Standards als Beschleuniger der Verwaltungsdigitalisierung
Thüringen hingegen sieht in der im OZG-Änderungsgesetz vorgesehenen konsequenteren Standardisierung und Zentralisierung von elektronischen Anwendungen Hebel, welche die notwendige Verwaltungsdigitalisierung hätten beschleunigen können, wie aus einer Meldung des Finanzministeriums hervorgeht. Das Gesetz hätte nach Ansicht des Thüringer CIO Hartmut Schubert einen wichtigen Beitrag zu effizienten Verwaltungsstrukturen leisten können. „Da hätte man weiter anpacken und die neuen Möglichkeiten konsequent nutzen können: mehr Zentralisierung und mehr gemeinsame Standards im Sinne von Bürgerinnen und Bürgern und Unternehmen“, so Schubert. Insbesondere in Abstimmung mit dem IT-Planungsrat könnten solche zentralen Standards große Wirkung entfalten. So habe das Gremium erst kürzlich wichtige Weichen für eine gelingende Standardisierung gestellt, indem eine engere Abstimmung mit wichtigen Partnern wie dem DIN vereinbart worden war. Auch die vorgesehene BundID als zentrale Lösung stehe beispielhaft für eine wegweisende Strategie zu mehr Einheitlichkeit und Einfachheit für die Nutzer. „Wir wären mit dem OZG 2.0 aus der Komplexitätsfalle gekommen“, sagte der Thüringer CIO.
Erneut betonte der Thüringen-CIO auch die Bedeutung von Open Source für eine zukunftsfähige Verwaltungsdigitalisierung. Die entsprechend vorgesehenen Regelungen im Gesetz wären ein großer Wurf gewesen. Er fordert jedoch auch Konsequenzen für das Vergaberecht: „Wir müssen in Deutschland endlich den Open-Source-Vorrang im Vergaberecht verankern.“ Thüringen hat einen Open-Source-Vorrang bereits in das E-Government-Gesetz und in das Thüringer Vergabegesetz geschrieben. Nun hoffe man auf die Unterstützung der Bundesregierung, da das Gesetz ansonsten nicht wie dringend notwendig und erhofft in Kraft treten könne, schloss der CIO.
Bitkom für zentrale Lösungen
Auch der Digitalverband Bitkom hat sich zum Scheitern des OZG-Änderungsgesetzes geäußert. Bei der Digitalisierung der Verwaltung gehe es gerade darum, dass Bund, Länder und Kommunen stärker als bisher an einem Strang ziehen, so der Verband. Daher sei die Ablehnung der Länder im Bundesrat – trotz einiger Schwachpunkte, die das Gesetz gehabt habe – eine schlechte Nachricht.
Der Verband befürwortet die im OZG 2.0 vorgesehenen zentral bereitgestellten und gemeinsam genutzten Basiskomponenten als Möglichkeit zu einer „wichtigen Weichenstellung für eine echte digitale Verwaltung“. Mit der verpflichtenden Durchsetzung von Standards und offenen Schnittstellen sowie einem Rechtsanspruch auf digitale Bundesleistungen „hätte der Bund dafür sorgen können, dass das digitale Rad auf kommunaler Ebene nicht immer wieder neu erfunden wird“, so der Bitkom.
„Jetzt kommt es darauf an, dass die Bundesregierung rasch den Vermittlungsausschuss einberuft und Bund und Länder einen mehrheitsfähigen Kompromiss finden. Was wir uns nicht leisten können ist, die Digitalisierung der Verwaltung im föderalen und parteipolitischen Zank auf die lange Bank zu schieben“, sagt Susanne Dehmel, die Mitglied der Bitkom-Geschäftsleitung ist.
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