JustizWege zum digitalen Gerichtssaal

[02.04.2024] Rund 90 Prozent der deutschen Richterinnen und Richter sehen die Digitalisierung der Justiz noch in den Kinderschuhen. Denn die Transformation scheitert an handwerklichen Herausforderungen: Die Gerichtsgebäude sind häufig nicht für eine IT-Integration ausgelegt.
Das Bild zeigt die Vorderansicht des Amtsgerichts Münster.

Amtsgericht Münster: In vielen Gerichtsgebäuden ist die Installation von moderner IT-Infrastruktur schwierig.

(Bildquelle: Adobe Stock)

In vielen Gerichtssälen fehlt es an moderner Technik, um Prozesse hybrid oder komplett digital abzuwickeln, obwohl die Politik mit dem „Digitalpakt für die Justiz“ zur Eile mahnt. Damit wächst der Druck, bestehende Gebäude und Säle mit nutzerfreundlicher und ausfallsicherer Technik für digital unterstützte Verhandlungen fit zu machen.

Diesen Eindruck bestätigt eine Umfrage des Systemhauses Arktis IT solutions zum Thema „Digitaler Gerichtssaal“ vom Herbst 2023. Demnach sind 90 Prozent der befragten Richterinnen und Richter der Meinung, dass die Digitalisierung der Justiz in Deutschland noch in den Kinderschuhen steckt. Die insgesamt 127 Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Umfrage kamen aus sieben verschiedenen Bundesländern und allen Hierarchieebenen.

Die Nachrüstung alter Gerichtssäle mit moderner Technik wird häufig dadurch erschwert, dass die alten Gebäude nicht auf die Installation von Netzwerk-Infrastruktur oder Kameras und audiovisueller Präsentationstechnik vorbereitet sind. Wenn dann neben finanziellen und statischen Aspekten auch noch denkmalpflegerische Einwände oder die Entsorgung kritischer Baustoffe wie Asbest mögliche bauliche Anpassungen behindern, wird klar: Für ein komplexes Projekt dieser Größenordnung sind zertifizierte und ausgebildete Fachleute notwendig, damit Kostenrahmen und Umsetzung nicht aus dem Ruder laufen.

Ausfallsicherheit muss gewährleistet sein

Neben den baulichen Anpassungen stellt das neue IT-System eine weitere Herausforderung dar. Gerade in einsatzkritischen Bereichen wie der Justiz sind Benutzerfreundlichkeit und Betriebssicherheit von zentraler Bedeutung. Das zeigen auch die Ergebnisse der Arktis-Umfrage: Dort, wo bereits digitale Technik im Gerichtssaal eingesetzt wird, kämpfen sechs von zehn Richterinnen und Richter mit der Ausfallsicherheit der technischen Geräte. 85 Prozent befürchten, dass technische Probleme die Abläufe im Gerichtssaal verzögern.

Um den besonderen Anforderungen der Justiz – wie auch anderer Behörden – gerecht zu werden, sollten speziell entwickelte und angepasste Systeme zum Einsatz kommen und Fortbildungsmaßnahmen die digitale Modernisierung begleiten. Maßgeschneiderte Schulungen versetzen alle Beteiligten in die Lage, die Technik effektiv zu nutzen. Dies entspricht auch den Erwartungen der Befragten: Rund drei Viertel wünschen sich zusätzliche Schulungen, fast ebenso viele erwarten, dass der Umgang mit Videokonferenztechnik künftig Teil der juristischen Ausbildung wird.

An der Digitalisierung führt kein Weg vorbei

Die Zeit drängt. Bis zum 1. Januar 2026 sollen laut „Digitalpakt Justiz“ alle Gerichtssäle mit Videokonferenztechnik ausgestattet sein. Die Vorteile überwiegen: Zwei von drei Richterinnen und Richtern gehen davon aus, dass durch die Digitalisierung der Gerichtssäle der finanzielle Aufwand für alle Prozessbeteiligten sinkt. Zudem werden eine Beschleunigung und Vereinfachung der Prozessführung erwartet. Voraussetzung ist natürlich, dass die Technik zuverlässig arbeitet, intuitiv zu bedienen ist und reibungslos funktioniert. Dazu gehören auch der störungsfreie Datenaustausch und die sichere Übertragung sensibler Informationen, was robuste Sicherheitsmaßnahmen und die Verhinderung unberechtigter Zugriffe voraussetzt.

Angesichts der technisch komplexen Anforderungen und der Notwendigkeit einer einfach zu bedienenden Verhandlungsumgebung empfiehlt sich eine Lösung aus einer Hand – von der Planung über die individuelle Konfiguration bis hin zur gezielten Unterstützung der Anwender. Dabei sollte die Benutzerfreundlichkeit im Vordergrund stehen, denn die Richterinnen und Richter sollen sich auf die Verhandlung und nicht auf die Bedienung der Technik konzentrieren. 

Die Anwendungen müssen daher an die besondere Situation im Gerichtssaal angepasst werden. Beispielsweise sollten digitale Arbeitsmittel per Knopfdruck ein- und ausgeschaltet werden können, Inhalte vor der Freigabe geprüft und automatisch in die E-Akte übernommen werden und manipulationssichere Videokonferenzen auf Basis gängiger Software möglich sein, um eine standortübergreifende Präsentation und einen Informationsaustausch in Echtzeit zu ermöglichen.

Schritt-für-Schritt-Anleitung zum digitalen Gerichtssaal

Wie der Weg zu einer investitionssicheren und skalierbaren Lösung aussehen kann, hat Arktis IT solutions in einem Whitepaper zur Studie „Digitaler Gerichtssaal“ aufgezeigt. Anhand einer Roadmap zum digitalen Gerichtssaal wird dargestellt, welche Schritte von der Sondierung potenzieller Anbieter bis zum Roll-out der Lösung notwendig sind. Die verschiedenen Phasen auf dem Weg zur Digitalisierung machen deutlich, wie wichtig ein vertrauenswürdiger Partner ist, der durch den gesamten Prozess führt – von der baulichen Aufrüstung über Schulungen bis hin zur Konvertierung bestehender physischer Dokumente in digitale Formate.

Jan Christian Hesterberg verantwortet als Prokurist bei der ARKTIS IT solutions GmbH sowohl den Vertrieb als auch den Bereich e-Justice.




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