BundUmgang mit KI
Zum dritten Mal nach 2022 und 2023 befragte die Gruppe Die Linke im Bundestag die Bundesregierung nach dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) im Bund und zu deren Förderung. Nun liegt die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage vom Juni 2024 vor, ebenso wie eine Auswertung und Einordnung derselben durch Die Linke. Demnach ergibt sich aus der Antwort der Ampelkoalition ein starker Zuwachs der KI-Anwendungen beim Bund sowie immense verfügbare finanzielle Mittel in Höhe von über 2,5 Milliarden Euro für KI-Vorhaben. Gleichzeitig fehlten allerdings Supportstrukturen, zudem mangle es an Kompetenzen, Standards und verbindlichen Prozessen – „obwohl alles dies seit Jahren angekündigt wurde“, konstatiert Anke Domscheit-Berg, die digitalpolitische Sprecherin der Gruppe Die Linke im Bundestag. Auch Ankündigungen der Ampel zur Nachhaltigkeit beim Einsatz von KI seien flächendeckend nicht eingehalten worden. „Der Einsatz von KI im Bund hat sich von über 100 auf über 212 Anwendungen verdoppelt und viele der Vorhaben eignen sich sogar, um die Arbeit in Behörden sinnvoll zu unterstützen“, so Domscheit-Berg. Der weiter bestehende Mangel an Kompetenzen, Standards und Strukturen sei die „Schattenseite“ dieses Innovationsschubes.
Grundlegende Strukturen fehlen – mit gravierenden Folgen
Innerhalb der Verwaltung müsse sichergestellt werden, dass es Standardprozesse und -Werkzeuge gibt, die vor jedem KI-Einsatz in jeder Behörde genutzt werden. Damit könne festgestellt werden, ob Grundrechte berührt werden oder Diskriminierungspotenziale bestehen, wie hoch negative Effekte für das Klima sind, ob die zugrunde liegende Datenbasis legitim ist oder was der erwartete Nutzen ist und wie man diesen messen möchte. Derzeit erfolge eine Bewertung potenzieller Risiken aber „ohne Plan“ oder gar nicht, so die Gruppe Die Linke im Bundestag.
Trotz jahrelanger Planungen gebe es immer noch keine zentrale Koordinierung, keine strategische Steuerung und keinerlei verbindliche Prozesse und Standards, stellt Domscheit-Berg fest. Weder das angekündigte Beratungszentrum für Künstliche Intelligenz noch die Algorithmenbewertungsstelle für Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben gebe es. Damit fehle es auch an Koordinierung, Kompetenzvermittlung und Wissenstransfer. Die Folge: Doppelentwicklungen häuften sich. Auch würden beispielsweise für KI-gestützte Textdienste „mal Microsoft Co-Pilot, mal ChatGPT“ genutzt, obwohl es für diesen Zweck inzwischen vertrauenswürdigere Angebote auf der bundeseigenen Plattform KIPITZ des ITZBund gebe.
Glaubwürdigkeit steht auf dem Spiel
Fehlende oder ignorierte Mindeststandards beeinträchtigen das Vertrauen in Regierungshandeln und in die Technologie Künstliche Intelligenz, mahnt Domscheit-Berg. Wenn selbst bei grundrechtssensiblen Anwendungen der Sicherheitsbehörden mit erhöhtem Missbrauchs- und Diskriminierungspotenzial – etwa bei der Sichtung massenhafter Videodaten (Bundespolizei) oder bei Gesichtserkennungssystemen auf der Basis von KI (BKA) – keine Standards für Risikobewertungen und Evaluationen gelten und auch die für Sicherheitsorgane geplante Algorithmenbewertungsstelle weiterhin nicht existiere, „muss das jeden beunruhigen“.
Auch der Klimaschutz werde beim Praxiseinsatz von KI stark vernachlässigt, trotz vieler gegebener Versprechen. So sehe die Digitalstrategie des Bundes zwar „Nachhaltigkeit by Design“ vor – bei drei Viertel der 212 KI-Anwendungen im Bund spielten Nachhaltigkeitskriterien jedoch keinerlei Rolle; nur in fünf Fällen seien diese umfassend betrachtet worden. Daraufhin werden auch Unternehmen sich fragen, warum sie selbst nachhaltiger werden sollen, wenn es der Staat nicht macht, vermutet Domscheit-Berg. Das Desinteresse in Nachhaltigkeitsfragen spiegle sich auch in der Vergabe von Fördermitteln: Bei 98 Prozent der vom Bund seit Januar 2023 geförderten KI-Forschungs- und -Pilotprojekte war Nachhaltigkeit keine Förderbedingung; bei über 80 Prozent der geförderten KI-Projekte war sie „nicht einmal ein Förderkriterium, sondern spielte einfach überhaupt keine Rolle“. Dahingehend sei die Vergabe von Millionen Fördergeldern „völlig verantwortungslos“ erfolgt.
Künstliche Intelligenz im Bund einzusetzen oder finanziell zu fördern, könne eine gute Sache sein – aber nur, wenn man dafür einen Plan und die notwendigen Strukturen habe, das Gemeinwohl priorisiere und hohe Standards erfülle. Diesen Anspruch erfüllt die Ampel bisher nicht, so Domscheit-Bergs Fazit.
• Drucksache 20/11648: Kleine Anfrage der Abgeordneten der Gruppe Die Linke zum Einsatz Künstlicher Intelligenz im Geschäftsbereich der Bundesregierung vom 5. Juni 2024
• Auswertung mit zahlreichen weiteren Ressourcen
Mecklenburg-Vorpommern: Landtag setzt auf KI
[15.11.2024] Der Landtag Mecklenburg-Vorpommern setzt auf KI-Technologie des Berliner Start-ups Tucan.ai. Damit werden die Protokollerstellung unterstützt und Landtagssitzungen live transkribiert. mehr...
Baden-Württemberg: Neue Wege bei Verwaltungs-KI
[15.11.2024] Die Landesverwaltung Baden-Württemberg setzt auf das KI-basierte Text-Assistenz-System F13, entwickelt vom Heidelberger Scale-up Aleph Alpha. Nach einem erfolgreichen Roll-out will das Land nun das Thema Schulung und Weiterbildung im Bereich der Künstlichen Intelligenz weiter vorantreiben. mehr...
Nordrhein-Westfalen: KI-Verwaltungsassistent wird erprobt
[31.10.2024] Das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung Nordrhein-Westfalen startet die Testphase für den KI-basierten Verwaltungsassistenten NRW.Genius. Entwickelt in Zusammenarbeit mit IT.NRW und Capgemini, soll die KI vor allem zeitaufwendige Aufgaben erleichtern. Verwaltungsbeschäftigte werden in den Entwicklungsprozess aktiv eingebunden. mehr...
KMK/NRW: KI in schulischen Bildungsprozessen
[15.10.2024] Die Kultusministerkonferenz (KMK) hat eine länderübergreifende Handlungsempfehlung zum Einsatz von Künstlicher Intelligenz im Bildungswesen veröffentlicht. Die Empfehlung beleuchtet unter anderem den Einfluss von KI auf Lernprozesse und Prüfungen sowie die Professionalisierung von Lehrkräften. mehr...
Datenschutz: KI-Stabsstelle für Niedersachsen
[09.10.2024] Der Landesbeauftragte für den Datenschutz Niedersachsen, Denis Lehmkemper, hat eine Stabsstelle für Künstliche Intelligenz (KI) eingerichtet. Ziel ist es, den Einsatz von KI-Technologien datenschutzkonform zu gestalten und die Grundrechte der Bürger zu wahren. Die neue Einheit wird als Kompetenzzentrum fungieren und mit Behörden sowie der Wissenschaft zusammenarbeiten. mehr...
BAM: Brücken mit KI überwachen
[07.10.2024] Eine Künstliche Intelligenz soll die Verkehrslasten auf Brücken erkennen. An der Nibelungenbrücke in Worms wird diese Technologie von der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) erprobt. mehr...
Niedersachsen: KI-Chatbot entlastet das Landesgesundheitsamt
[07.10.2024] In Niedersachsen wurde ein KI-gestützter Chatbot für das Landesgesundheitsamt gelauncht. Dieser soll künftig einen Teil der Bevölkerungskommunikation übernehmen – insbesondere im Krisenfall. Ebenfalls neu entwickelte Dashboards können künftig schnell und übersichtlich Informationen zu einem etwaigen Infektionsgeschehen geben. mehr...
E-Justiz: Länderarbeitsgruppe zu KI im Strafverfahren startet
[04.10.2024] Die Länderarbeitsgruppe „Künstliche Intelligenz im Strafverfahren“ ist erstmalig zusammengekommen. Vertreter fast aller Bundesländer sowie des Bundesministeriums der Justiz werden sich nun umfassend mit verschiedenen Aspekten des Einsatzes von KI in der Strafverfolgung befassen. mehr...
Hessen: Leichter Zugang zum Thema KI
[16.09.2024] Seit der Veröffentlichung von ChatGPT hat sich der Bereich der generativen KI rasant weiterentwickelt und bietet zahlreiche potenzielle Anwendungsmöglichkeiten – auch in der Verwaltung. Das Land Hessen hat nun eine Broschüre veröffentlicht, die den Beschäftigten einen unkomplizierten Einstieg ins Thema bieten will. mehr...
init: Praxis-Guide für KI
[05.09.2024] Ein umfassender Leitfaden zum Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der öffentlichen Verwaltung wurde vom IT-Dienstleister init veröffentlicht. Das Whitepaper zeigt, wie vortrainierte KI-Modelle Verwaltungsprozesse beschleunigen können und bietet praktische Lösungen für Behörden. mehr...
Niedersachsen: KI hilft beim Artenschutz
[13.08.2024] In Niedersachsen startet ein Pilotprojekt zur Erfassung von Tier- und Pflanzenarten. Dabei werden KI-basierte Bestimmungs- und Melde-Apps auf ihre fachliche und technische Eignung für behördliche Bedarfe geprüft. Ziel ist es, eine breite Datengrundlage zu schaffen, die auch als Basis für ein landesweites Artenschutzprogramm dienen kann. mehr...
Niedersachsen: Ein Rahmen für den KI-Einsatz
[09.08.2024] Um Künstliche Intelligenz rechtskonform einzusetzen, müssen datenschutzrechtliche Grundfragen geklärt sein. Der niedersächsische Landesbeauftragte für den Datenschutz hat nun einen Expertenkreis einberufen, der dazu technische und rechtliche Gestaltungsvorschläge erarbeitet. Das Gremium startet mit Gesprächen zu KI-Trainingsdaten. mehr...
Bayern: KI für die Steuerverwaltung
[05.08.2024] Das bayerische Staatsministerium der Finanzen und die Technische Universität Nürnberg wollen zukünftig eng zusammenarbeiten, um Verwaltungsprozesse mithilfe von KI zu automatisieren und zu optimieren. Geplant ist auch, ein gemeinsames, sicheres Forschungslabor zu errichten. mehr...
Bayern/Nordrhein-Westfalen: Wie kann KI Gerichte entlasten?
[02.08.2024] Bayern und Nordrhein-Westfalen kooperieren in einem Forschungsprojekt, in dem ein generatives Sprachmodell speziell für die Justiz entwickelt und trainiert wird. Das Vorhaben will den Zugang zum Recht vereinfachen, die Entwicklung von Textanalyse-Komponenten in Fachanwendungen fördern und Gerichte entlasten – insbesondere in Massen- und Umfangsverfahren. mehr...
Brandenburg: KI-Tools für die Hochschulen
[31.07.2024] In Brandenburg soll die digitale Transformation an den Hochschulen einen deutlichen Schub erhalten: Das Wissenschaftsministerium unterstützt die Einführung und Nutzung von KI-Tools wie Chatbots oder individuelle Lernassistenten in diesem Jahr mit insgesamt 500.000 Euro. mehr...