BundUmgang mit KI

[15.07.2024] Die Linke stellt der Bundesregierung alljährlich Fragen zum Einsatz von Künstlicher Intelligenz sowie zu deren Förderung. Aus der aktuellen Antwort geht hervor, dass der Bund zunehmend mehr KI einsetzt, dabei aber den Aufbau grundlegender Strukturen versäumt. Auch Nachhaltigkeit spiele in der Praxis keine Rolle.
Verpixelte, in Blau gehaltene Ansicht eines Bildschirms, der neben zahlreichen Nullen und Einsen die Buchstaben "KI" zeigt.

Der Bund setzt KI bereits in vielen Bereichen ein, versäumt es aber, wichtige Basistrukturen zu schaffen.

(Bildquelle: 3dkombinat/adobe.stock.com)

Zum dritten Mal nach 2022 und 2023 befragte die Gruppe Die Linke im Bundestag die Bundesregierung nach dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) im Bund und zu deren Förderung. Nun liegt die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage vom Juni 2024 vor, ebenso wie eine Auswertung und Einordnung derselben durch Die Linke. Demnach ergibt sich aus der Antwort der Ampelkoalition ein starker Zuwachs der KI-Anwendungen beim Bund sowie immense verfügbare finanzielle Mittel in Höhe von über 2,5 Milliarden Euro für KI-Vorhaben. Gleichzeitig fehlten allerdings Supportstrukturen, zudem mangle es an Kompetenzen, Standards und verbindlichen Prozessen – „obwohl alles dies seit Jahren angekündigt wurde“, konstatiert Anke Domscheit-Berg, die digitalpolitische Sprecherin der Gruppe Die Linke im Bundestag. Auch Ankündigungen der Ampel zur Nachhaltigkeit beim Einsatz von KI seien flächendeckend nicht eingehalten worden. „Der Einsatz von KI im Bund hat sich von über 100 auf über 212 Anwendungen verdoppelt und viele der Vorhaben eignen sich sogar, um die Arbeit in Behörden sinnvoll zu unterstützen“, so Domscheit-Berg. Der weiter bestehende Mangel an Kompetenzen, Standards und Strukturen sei die „Schattenseite“ dieses Innovationsschubes.

Grundlegende Strukturen fehlen – mit gravierenden Folgen

Innerhalb der Verwaltung müsse sichergestellt werden, dass es Standardprozesse und -Werkzeuge gibt, die vor jedem KI-Einsatz in jeder Behörde genutzt werden. Damit könne festgestellt werden, ob Grundrechte berührt werden oder Diskriminierungspotenziale bestehen, wie hoch negative Effekte für das Klima sind, ob die zugrunde liegende Datenbasis legitim ist oder was der erwartete Nutzen ist und wie man diesen messen möchte. Derzeit erfolge eine Bewertung potenzieller Risiken aber „ohne Plan“ oder gar nicht, so die Gruppe Die Linke im Bundestag.

Trotz jahrelanger Planungen gebe es immer noch keine zentrale Koordinierung, keine strategische Steuerung und keinerlei verbindliche Prozesse und Standards, stellt Domscheit-Berg fest. Weder das angekündigte Beratungszentrum für Künstliche Intelligenz noch die Algorithmenbewertungsstelle für Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben gebe es. Damit fehle es auch an Koordinierung, Kompetenzvermittlung und Wissenstransfer. Die Folge: Doppelentwicklungen häuften sich. Auch würden beispielsweise für KI-gestützte Textdienste „mal Microsoft Co-Pilot, mal ChatGPT“ genutzt, obwohl es für diesen Zweck inzwischen vertrauenswürdigere Angebote auf der bundeseigenen Plattform KIPITZ des ITZBund gebe.

Glaubwürdigkeit steht auf dem Spiel

Fehlende oder ignorierte Mindeststandards beeinträchtigen das Vertrauen in Regierungshandeln und in die Technologie Künstliche Intelligenz, mahnt Domscheit-Berg. Wenn selbst bei grundrechtssensiblen Anwendungen der Sicherheitsbehörden mit erhöhtem Missbrauchs- und Diskriminierungspotenzial – etwa bei der Sichtung massenhafter Videodaten (Bundespolizei) oder bei Gesichtserkennungssystemen auf der Basis von KI (BKA) – keine Standards für Risikobewertungen und Evaluationen gelten und auch die für Sicherheitsorgane geplante Algorithmenbewertungsstelle weiterhin nicht existiere, „muss das jeden beunruhigen“.

Auch der Klimaschutz werde beim Praxiseinsatz von KI stark vernachlässigt, trotz vieler gegebener Versprechen. So sehe die Digitalstrategie des Bundes zwar „Nachhaltigkeit by Design“ vor – bei drei Viertel der 212 KI-Anwendungen im Bund spielten Nachhaltigkeitskriterien jedoch keinerlei Rolle; nur in fünf Fällen seien diese umfassend betrachtet worden. Daraufhin werden auch Unternehmen sich fragen, warum sie selbst nachhaltiger werden sollen, wenn es der Staat nicht macht, vermutet Domscheit-Berg. Das Desinteresse in Nachhaltigkeitsfragen spiegle sich auch in der Vergabe von Fördermitteln: Bei 98 Prozent der vom Bund seit Januar 2023 geförderten KI-Forschungs- und -Pilotprojekte war Nachhaltigkeit keine Förderbedingung; bei über 80 Prozent der geförderten KI-Projekte war sie „nicht einmal ein Förderkriterium, sondern spielte einfach überhaupt keine Rolle“. Dahingehend sei die Vergabe von Millionen Fördergeldern „völlig verantwortungslos“ erfolgt.

Künstliche Intelligenz im Bund einzusetzen oder finanziell zu fördern, könne eine gute Sache sein – aber nur, wenn man dafür einen Plan und die notwendigen Strukturen habe, das Gemeinwohl priorisiere und hohe Standards erfülle. Diesen Anspruch erfüllt die Ampel bisher nicht, so Domscheit-Bergs Fazit.





Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Künstliche Intelligenz
Cover der Studie "Der Digitale Faktor"

IW-Consult Studie: Potenziale von KI in der Verwaltung

[17.12.2024] Es wird allgemein erwartet, dass KI die Verwaltung effizienter machen und dazu beitragen kann, Aufgaben wie den Fachkräftemangel zu lösen. Doch in welchem Ausmaß kann die öffentliche Verwaltung tatsächlich von KI profitieren? Eine aktuelle Studie nennt Zahlen und Prognosen. mehr...

Telekom: Sprachmodell Made in Germany

[12.12.2024] Das KI-Sprachmodell Teuken-7B von OpenGPT-X soll unter anderem Behörden den Zugang zu generativer KI erleichtern. Die Telekom stellt als erster kommerzieller Anbieter Lösungen bereit, die höchste Sicherheits- und Compliance-Standards erfüllen. mehr...

Persnengruppe in einem hellen modernen Raum, alle sind zur kamera hn gruppiert.

Nordrhein-Westfalen: Digitalbeirat trifft URBAN.KI

[03.12.2024] Der Digitalbeirat Nordrhein-Westfalens diskutierte mit der Initiative URBAN.KI über KI-Lösungen für Städte und Gemeinden. Ziel ist es, die Kommunen durch effizientere Verwaltungsprozesse, intelligente Verkehrssysteme und bessere Stadtplanung zukunftsfähiger zu machen. mehr...

Die Finanzministerinnen und -Minister der Länder Hamurg, Bremen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein stehen vor einer Treppe, im Hintergrund sind die jeweiligen Landesfahnen drapiert.

Nord-FMK: Austausch über KI und Bürokratieabbau

[27.11.2024] Die dritte Nord-Finanzministerkonferenz, die nun in Hannover stattfand, diskutierte über angespannte Haushaltslage, Verwaltungsmodernisierung und den Einsatz Künstlicher Intelligenz in der Steuerverwaltung. mehr...

Blick auf das Schweriner Schloss, im Vordergrund eine barocke Gartenanlage mit Wasserbecken.

Mecklenburg-Vorpommern: Landtag setzt auf KI

[15.11.2024] Der Landtag Mecklenburg-Vorpommern setzt auf KI-Technologie des Berliner Start-ups Tucan.ai. Damit werden die Protokollerstellung unterstützt und Landtagssitzungen live transkribiert. mehr...

Eine Person arbeitet an einem Laptop mit der KI-basierten Text-Assistenz F13.

Baden-Württemberg: Neue Wege bei Verwaltungs-KI

[15.11.2024] Die Landesverwaltung Baden-Württemberg setzt auf das KI-basierte Text-Assistenz-System F13, entwickelt vom Heidelberger Scale-up Aleph Alpha. Nach einem erfolgreichen Roll-out will das Land nun das Thema Schulung und Weiterbildung im Bereich der Künstlichen Intelligenz weiter vorantreiben. mehr...

Nordrhein-Westfalen: KI-Verwaltungsassistent wird erprobt

[31.10.2024] Das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung Nordrhein-Westfalen startet die Testphase für den KI-basierten Verwaltungsassistenten NRW.Genius. Entwickelt in Zusammenarbeit mit IT.NRW und Capgemini, soll die KI vor allem zeitaufwendige Aufgaben erleichtern. Verwaltungsbeschäftigte werden in den Entwicklungsprozess aktiv eingebunden. mehr...

Verpixelte, in Blau gehaltene Ansicht eines Bildschirms, der neben zahlreichen Nullen und Einsen die Buchstaben "KI" zeigt.

KMK/NRW: KI in schulischen Bildungsprozessen

[15.10.2024] Die Kultusministerkonferenz (KMK) hat eine länderübergreifende Handlungsempfehlung zum Einsatz von Künstlicher Intelligenz im Bildungswesen veröffentlicht. Die Empfehlung beleuchtet unter anderem den Einfluss von KI auf Lernprozesse und Prüfungen sowie die Professionalisierung von Lehrkräften. mehr...

Horizontaler Farbverlauf von Rot über Ocker zu Petrol zu Dunkelblau, davor in hellen Linien die abstrakte Illustration eines Kopfes im Profil, der KI darstellt.

Datenschutz: KI-Stabsstelle für Niedersachsen

[09.10.2024] Der Landesbeauftragte für den Datenschutz Niedersachsen, Denis Lehmkemper, hat eine Stabsstelle für Künstliche Intelligenz (KI) eingerichtet. Ziel ist es, den Einsatz von KI-Technologien datenschutzkonform zu gestalten und die Grundrechte der Bürger zu wahren. Die neue Einheit wird als Kompetenzzentrum fungieren und mit Behörden sowie der Wissenschaft zusammenarbeiten. mehr...

Das Bild zeigt die Nibelungenbrücke, die sich in Worms über den Rhein spannt.

BAM: Brücken mit KI überwachen

[07.10.2024] Eine Künstliche Intelligenz soll die Verkehrslasten auf Brücken erkennen. An der Nibelungenbrücke in Worms wird diese Technologie von der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) erprobt. mehr...

In einem abgedunkelten Raum sitzt eine mutmaßlich weibliche Person mit einer OP-Maske vor einem Laptop, Gesicht, Hände und Oberkörper werden durch den Monitor angestrahlt.

Niedersachsen: KI-Chatbot entlastet das Landesgesundheitsamt

[07.10.2024] In Niedersachsen wurde ein KI-gestützter Chatbot für das Landesgesundheitsamt gelauncht. Dieser soll künftig einen Teil der Bevölkerungskommunikation übernehmen – insbesondere im Krisenfall. Ebenfalls neu entwickelte Dashboards können künftig schnell und übersichtlich Informationen zu einem etwaigen Infektionsgeschehen geben. mehr...

Blick in einen warm beleuchteten Raum mit Konferenztisch, an dem zahlreiche förmlich gekleidete Personen sitzen. Im Vordergrund ein Mann im Anzug, der freundlich in die Kamera sieht (Hessens Justizminister Christian Heinz).

E-Justiz: Länderarbeitsgruppe zu KI im Strafverfahren startet

[04.10.2024] Die Länderarbeitsgruppe „Künstliche Intelligenz im Strafverfahren“ ist erstmalig zusammengekommen. Vertreter fast aller Bundesländer sowie des Bundesministeriums der Justiz werden sich nun umfassend mit verschiedenen Aspekten des Einsatzes von KI in der Strafverfolgung befassen. mehr...

Coverabbildung der Broschüre "Generative KI"

Hessen: Leichter Zugang zum Thema KI

[16.09.2024] Seit der Veröffentlichung von ChatGPT hat sich der Bereich der generativen KI rasant weiterentwickelt und bietet zahlreiche potenzielle Anwendungsmöglichkeiten – auch in der Verwaltung. Das Land Hessen hat nun eine Broschüre veröffentlicht, die den Beschäftigten einen unkomplizierten Einstieg ins Thema bieten will. mehr...

init: Praxis-Guide für KI

[05.09.2024] Ein umfassender Leitfaden zum Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der öffentlichen Verwaltung wurde vom IT-Dienstleister init veröffentlicht. Das Whitepaper zeigt, wie vortrainierte KI-Modelle Verwaltungsprozesse beschleunigen können und bietet praktische Lösungen für Behörden. mehr...

Knieende person im Anschnitt zu sehen: eine Hand hält eine Blume, die andere Hand hält ein Smartphone darber.

Niedersachsen: KI hilft beim Artenschutz

[13.08.2024] In Niedersachsen startet ein Pilotprojekt zur Erfassung von Tier- und Pflanzenarten. Dabei werden KI-basierte Bestimmungs- und Melde-Apps auf ihre fachliche und technische Eignung für behördliche Bedarfe geprüft. Ziel ist es, eine breite Datengrundlage zu schaffen, die auch als Basis für ein landesweites Artenschutzprogramm dienen kann. mehr...