Cloud ComputingStrategie für den Klimaschutz

[21.12.2020] Die Cloud kann einen wichtigen Beitrag zur Senkung von Emissionen leisten. Bund, Länder und Kommunen sollten der Technologie im Rahmen von Klimaschutzstrategien deshalb Beachtung schenken.
Cloud-Technologie hilft dabei

Cloud-Technologie hilft dabei, Emissionen einzusparen.

(Bildquelle: 123rf.com / olegdudko)

Deutschland hat sich ambitionierte Ziele für den Klimaschutz gesteckt, die ohne einen wesentlichen Beitrag des staatlichen Sektors nicht zu erreichen sind. Die Cloud kann einen signifikanten Anteil zur Senkung von Emissionen leisten und sollte bei den Klimaschutzstrategien von Bund, Ländern und Kommunen nicht ohne Beachtung bleiben. Der Klimaschutz gehört zu den aktuell wichtigsten Themen – so weit ist die Botschaft wohl inzwischen bei den meisten angekommen. Doch wie groß die Herausforderungen sind, die vor uns liegen, ist längst noch nicht allen richtig bewusst. Das veranschaulicht auch folgendes Zahlenbeispiel: Zwischen 1990 und 2018 ist es in Deutschland laut Umweltbundesamt gelungen, den CO2-Ausstoß von 1.250 Millionen Tonnen auf 860 Millionen Tonnen zu senken. 390 Millionen Tonnen wurden also bei den jährlichen Emissionen eingespart – gut 30 Prozent in knapp 30 Jahren.
Das ist viel – und doch viel zu wenig. Denn eigentlich ist es das Ziel der Bundesregierung, in diesem Jahr Einsparungen von 40 Prozent zu erreichen. In den nächsten zehn Jahren, bis 2030, sind sogar 55 Prozent die Zielmarke. Das heißt, Deutschland muss deutlich zulegen, um die ambitionierten Klimaschutzziele der Bundesregierung zu erreichen. Und das gilt auch für die öffentliche Hand, die in vielfältiger Weise eine zentrale Rolle beim Klimaschutz spielt.

Einsparen und optimieren

Als Eigentümer von Liegenschaften oder über den öffentlichen Personenverkehr trägt der öffentliche Sektor selbst direkt zu Emissionen in den großen Bereichen Gebäude und Mobilität bei. Bund, Länder und Kommunen können aber auch Wegbereiter, Förderer und Leitnutzer umweltfreundlicher Technologien sein. Das Beschaffungsvolumen der öffentlichen Hand liegt Schätzungen zufolge bei mehr als 400 Milliarden Euro pro Jahr, davon entfällt etwa die Hälfte auf Bund und Länder, die andere Hälfte auf die Kommunen. Doch im Bereich strategischer IT-Investitionen ist Deutschland vielfach noch weit davon entfernt, Potenziale für den Klimaschutz oder Emissionssenkungen strategisch einzukalkulieren und konsequent zu heben.
Investitionen in die Cloud ermöglichen dabei zum einen direkte Einsparungen, indem die benötigte Rechenleistung bei reduzierten CO2-Emissionen erhalten wird. Daneben können Cloud-Technologien sowie zunehmend auf künstlicher Intelligenz (KI) basierende Anwendungen dazu beitragen, andere Prozesse zu optimieren und durch Effizienzgewinne klimafreundlicher zu machen, wodurch sich indirekte CO2-Einsparungen ergeben.

Klimafreundliche Rechenleistung

Die Digitalisierung und ihre Auswirkungen auf den Klimawandel sind ein zu Recht viel diskutiertes Thema. Die französische Denkfabrik The Shift Project hat ausgerechnet, dass sich der Anteil digitaler Technologien am weltweiten Energieverbrauch von 2017 bis 2025 auf 5,2 Prozent annähernd verdoppeln wird. Eindrücklich diskutiert wird das am Beispiel des rechenintensiven Bitcoin Mining. Das Umweltbundesamt stellte zudem fest, dass die weltweite IT-Branche mit ihrem Stromhunger so viel CO2 produziert wie der gesamte Luftverkehr. Doch inzwischen ist die Debatte durchaus differenzierter.
Das zeigt sich etwa am Beispiel Rechenzentren. Entscheidend für deren Klimabilanz ist nicht allein die verbrauchte Menge an Energie, sondern vor allem auch die Quelle. Mit regenerativ erzeugtem Strom lassen sich Rechenzentren klimafreundlich betreiben. Außerdem verbrauchen Cloud-Rechenzentren zwar viel Strom – allerdings erheblich weniger, als wenn jedes Unternehmen oder jede öffentliche Organisation ihre Rechenleistung selbst mit einem eigenen Rechenzentrum bereitstellen würde. Tatsächlich haben neuere Studien klar belegt, dass größere Cloud-Anbieter tendenziell energieeffizienter arbeiten können als kleinere Rechenzentrumsbetreiber. Denn Rechen-Power gemeinsam zu beziehen, ermöglicht es, die Leistung besser zu verteilen und Skaleneffekte zu nutzen.

Von CO2-neutral zu CO2-negativ

Eine im Science-Magazin veröffentlichte Studie hat nachgewiesen, dass der Energieverbrauch moderner Datacenter trotz stetiger Leistungssteigerung weniger stark wächst, als bislang vermutet. Laut der Studie betreiben die führenden Cloud-Anbieter immer größere Rechenzentren und optimieren dabei den Energiebedarf so, dass deren Stromverbrauch in den vergangenen zehn Jahren um nur sechs Prozent stieg, während sich gleichzeitig die Rechenleistung versechsfacht hat.
Das liegt auch daran, dass große Cloud-Anbieter höhere Investitionen in neueste Technologien leisten können, welche die Energieeffizienz steigern, wie etwa maßgeschneiderte Chips, Massenspeicher mit hoher Speicherdichte, konsequente Virtualisierung, ultraschnelle Netzwerke, perfekt angepasste neueste Klimatisierungssysteme und optimierte Standorte der Rechenzentren. So forscht Microsoft mit seinem Projekt Natick an nachhaltigen unterseeischen Cloud-Rechenzentren und setzt auf Lieferverträge für regenerativ erzeugten Strom. Mit einem Bündel von Maßnahmen hat es das Unternehmen geschafft, in seinen globalen Aktivitäten schon seit dem Jahr 2012 zu 100 Prozent klimaneutral zu sein. 2030 soll es CO2-negativ sein, also mehr Kohlendioxid aus der Atmosphäre entfernen, als ausstoßen – und so bis 2050 sämtliches CO2 aus der Atmosphäre zurückholen, das Microsoft seit seiner Gründung emittiert hat.

Öffentlicher Klimaschutz

Wie groß die CO2-Einsparpotenziale durch die Cloud sind, hat eine breit angelegte Studie für den Unternehmensbereich gezeigt. Beim Wechsel traditioneller Rechenzentren von Unternehmen oder der öffentlichen Verwaltung in die Microsoft Cloud werden CO2-Einsparungen von bis zu 93 Prozent realisiert. Die größte relative Ersparnis wird erzielt, wenn kleinere Unternehmen oder Kommunen auf die Cloud umsteigen. Wird der Einsatz von Ökostrom berücksichtigt, können die Emissionseinsparungen mit der Microsoft Cloud bis zu 98 Prozent betragen.
Auch im öffentlichen Sektor werden zunehmend die Voraussetzungen dafür geschaffen, die Möglichkeiten der Cloud für den Klimaschutz zu nutzen. Die EU-Kommission hat in diesem Jahr „Kriterien für das umweltorientierte öffentliche Beschaffungswesen für Datenzentren, Serverräume und Cloud-Dienste“ vorgelegt. Deren Anwendung ist jedoch freiwillig. Auch das Umweltbundesamt betont, dass es prinzipiell zulässig ist, Umweltkriterien in Vergabeverfahren einzubauen. Sie können in der Leistungsbeschreibung, bei der Eignungsprüfung sowie den Zuschlagskriterien Eingang finden. Auch hier sind jedoch zahlreiche Möglichkeiten fakultativ.
Im Endeffekt bedeutet das: Es kommt auf die Entscheider selbst an, wie sie ihre Verantwortung für den Klimaschutz definieren. Die entsprechenden Instrumente sind vorhanden – es liegt an den handelnden Menschen.

CO2-Einsparpotenziale heben

Neben den drängenden Fragen zur IT-Sicherheit, Kosteneffizienz und Innovationsfähigkeit gehören die wichtigen Umweltaspekte mit den auf den Tisch, wenn diskutiert wird, wieviel Eigenleistung in der IT von Unternehmen oder Verwaltungen man sich heute noch leisten will und kann. Entscheider in Bund, Ländern und Kommunen haben es in der Hand, die CO2-Einsparpotenziale der Cloud zu heben. Diese beschränken sich nicht auf die direkten Einsparungen durch grüne Rechenleistung. Mit Einsparungen durch Innovationen für mehr Energieeffizienz in Behörden und öffentlichen Unternehmen lassen sich diese noch erhöhen. Die öffentliche Hand braucht daher breit angelegte Strategien für den Klimaschutz – und die Cloud darin einen prominenten Platz.

Thomas Langkabel

Langkabel, ThomasThomas Langkabel ist National Technology Officer von Microsoft Deutschland. Nach seinem Studium der Luft- und Raumfahrttechnik beschäftigt er sich seit mehr als 25 Jahren mit Informationstechnik und Verwaltungsmodernisierung. Er ist Mitglied im Vorstand des Arbeitskreises „Digitale Verwaltung“ des BITKOM und engagiert sich seit vielen Jahren in verschiedenen Institutionen und zivilgesellschaftlichen Initiativen. Langkabel ist zudem Vizepräsident der Initiative D21 und arbeitet dort in den Arbeitsgruppen „Innovativer Staat“ und „Digitale Ethik“. Darüber hinaus ist er Mitglied des Kuratoriums des Fraunhofer-Institut für Offene Kommunikationssysteme FOKUS.



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