SAP/Arvato SystemsSouveräne Cloud für den Public Sector

[04.02.2022] Die Unternehmen SAP und Arvato Systems wollen ein gemeinsames Unternehmen gründen, um eine souveräne Cloud-Plattform für die öffentliche Verwaltung in Deutschland aufzubauen. Das Vorhaben ruft Zustimmung, aber auch Skepsis hervor.
SAP und Arvato wollen ein souveräne Cloud-Angebot für die deutsche Verwaltung schaffen.

SAP und Arvato wollen ein souveräne Cloud-Angebot für die deutsche Verwaltung schaffen.

(Bildquelle: melpomen/123rf.com)

SAP und Arvato Systems planen, in eine souveräne Cloud-Plattform für die deutsche Verwaltung zu investieren. Wie die beiden Unternehmen bekanntgeben, soll das neue Cloud-Angebot den spezifischen nationalen Anforderungen im Rahmen der deutschen Cloud-Strategie entsprechen. Im Rahmen des neuen Angebots würden keine Abhängigkeiten zu Netzwerken außerhalb Deutschlands bestehen – sowohl Datenverarbeitung und Datenhaltung als auch der Betrieb sämtlicher Services erfolgten in der Bundesrepublik. Auch bestehe eine vollständige Trennung von den globalen Microsoft-Rechenzentren und der bestehenden Public-Cloud-Infrastruktur in Deutschland.
Zur Verfügung gestellt werden soll das souveräne Cloud-Angebot über ein neu zu gründendes deutsches Unternehmen. Neben SAP soll auch Arvato Systems zu den Anteilseignern gehören und zudem den Betrieb übernehmen. Technisch basiere das Angebot auf der bewährten Microsoft Azure Cloud-Plattform, heißt es in der Pressemitteilung weiter. Damit könnten sowohl Microsoft-Dienste als auch Unternehmenslösungen und Applikationen von SAP bereitgestellt werden. Ebenso könnten zugelassene Drittanbieter ihre Applikationen auf der offenen Plattform anbieten. Auf diese Weise könne das neue Unternehmen ein breites Spektrum an digitalen Lösungen bieten, um den Einsatz moderner Cloud-Technologie in der Verwaltung zu beschleunigen.
Gemäß den Vorgaben deutscher Gesetzgebung wird das neue Angebot laut SAP technisch, operativ und rechtlich souverän sein. Alle Kundendaten des öffentlichen Sektors für die souveräne Cloud bleiben in Deutschland. Zudem wird das neue Unternehmen alleiniger Eigentümer der Plattform sein. „Diese Partnerschaft ist ein Meilenstein. Gemeinsam stellen wir die neuesten cloudbasierten Technologien bereit und erfüllen gleichzeitig die strengsten Anforderungen an Datensouveränität“, meint Christian Klein, Vorstandssprecher SAP SE. „Durch diese einmalige Zusammenarbeit können Bundesregierung und Behörden das Potenzial von Cloud-Lösungen vollumfänglich nutzen.“

Durchbruch für die Verwaltungsdigitalisierung …

Die deutschsprachige SAP-Anwendergruppe (DSAG) begrüßte die Ankündigung zur Schaffung des neuen Angebots. Sie hatte nach eigenen Angaben in Gesprächen mit SAP wiederholt darauf hingewiesen, dass der Software-Hersteller eine tragfähige Basis schaffen müsse, damit die öffentliche Verwaltung beispielsweise SAP-Personalfunktionen in der Cloud nutzen kann – denn hier bestünden besonders hohe Anforderungen in Bezug auf Datenschutz, Sicherheit und Funktionalität.
„Als DSAG begrüßen wir die Bekanntmachung. Sie ist das Ergebnis unserer Bemühungen, für dieses Thema zu sensibilisieren“, erklärt Hermann-Josef Haag, DSAG-Fachvorstand Personalwesen und Public Sector und ergänzt: „In unseren Gesprächen mit SAP haben wir kontinuierlich auf die Bedeutung der für die öffentliche Verwaltung relevanten Aspekte beim Thema Cloud – insbesondere für Personaldaten – hingewiesen. Wir freuen uns, dass die Gespräche erste Früchte tragen und unsere Stimme als Anwender gehört wird.“ Aus Sicht des DSAG sind nun die öffentlichen Verwaltungen gefragt. Sie müssten entscheiden, ob sie auch sehr schutzbedürftige Verfahren über das neue Angebot in die Cloud verlagern wollen, was wohl noch einige Zeit des Umdenkens in Anspruch nehmen werde. Insgesamt sieht der Interessenverband in der SAP-Initiative aber großes Potenzial. „Das neue Angebot könnte einen Durchbruch für die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung in Deutschland bedeuten“, ist sich Hermann-Josef Haag sicher.

… oder Weg in die Abhängigkeit?

Ganz anders sieht es die OSB Alliance – Bundesverband für digitale Souveränität. Aus der Mitteilung von SAP und Arvato gehe nicht klar hervor, worauf die Souveränität des neuen Angebots basiere. Als technologischer Unterbau diene die Microsoft Azure Cloud Plattform – die OSB Alliance erwartet von den Plänen von SAP und Arvato daher nach eigenen Angaben nicht Souveränität, sondern befürchtet im Gegenteil gefährliche Abhängigkeiten (siehe auch die Publikation der OSBA „Warum die Entscheidung für eine Microsoft Cloud den Aufbau echter digitaler Souveränität verhindert“, wir berichteten).
„Eine Cloud souverän zu nennen, heißt nicht, dass sie digitale Souveränität auch ermöglicht“, kommentiert Peter Ganten, Vorstandsvorsitzender der OSB Alliance. „Von einer offenen Plattform kann bei der SAP-Arvato-Cloud nicht die Rede sein, es wäre eine Bundescloud von Microsofts Gnaden: Eine geschlossene Lösung, die Wettbewerb einschränkt und mit der sich die Bundesverwaltung ihrer Gestaltungsmöglichkeiten massiv beraubt und Innovationschancen verhindert.“
Entscheidend für Innovationsfähigkeit seien echte Multi-Sourcing-Optionen sowie die Fähigkeit, den Programmcode anzupassen und im Zweifel auch ohne den Hersteller pflegen und betreiben zu können. „All dies ist mit der souveränen Microsoft-Lösung nicht möglich“, so Ganten. Es werde nun darauf ankommen, die Regeln für den Zugriff auf die mit der Cloud bereitgestellten Dienste so festzulegen, dass ein Wechsel wirklich möglich sei. „Grundsätzlich müssen wir ehrgeiziger werden und nicht nur Benutzer vorhandener digitaler Werkzeuge sein. Wir müssen vielmehr die kreativen Gestalter, Verbesserer von vorhandenen und Erfinder von neuen digitalen Werkzeugen werden“, meint Peter Ganten. „Dafür muss neben der Wirtschaft auch der Staat innovative Lösungen, die digitale Souveränität wirklich sichern, nachfragen. Open Source muss ein elementarer Bestandteil dieser Entwicklung sein.“





Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: IT-Infrastruktur
Eine Gruppe von acht Personen steht auf einem violett ausgeleuchteten Podium, im Hintergrund ein Banner mit der Aufschrift: Once Only Trechnical System.

BMI: EU-weites Once Only erprobt

[20.12.2024] Deutschland beteiligte sich am fünften Projectathon der EU-Kommission in Brüssel, um das grenzüberschreitende Once-Only-Prinzip zu testen. Erfolge wie das Projekt DENLAT und die grenzüberschreitende Gewerbeanmeldung zeigen, wie Daten effizient zwischen Mitgliedstaaten ausgetauscht werden können. mehr...

Composite: ein in blau gehaltener schemenhafter Computer-Arbeitsplatz, davor die Illustration eines Dokuments mit einem Schloss daran

BA/DRV/DGUV: Multi-Cloud-Strategie für Sozialversicherungen

[19.12.2024] Die Bundesagentur für Arbeit, die Deutsche Rentenversicherung und die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung haben einen Rahmenvertrag mit dem Multi-Cloud-Broker Computacenter geschlossen. Dieser ermöglicht Zugriff auf Clouddienste von US-Hyperscalern und europäischen Anbietern. mehr...

S-Management Services: Neuer Service zur Aktualisierung von XÖV-Standards

[08.11.2024] S-Management Services bietet jetzt einen neuen Service, der es öffentlichen Verwaltungen erleichtern soll, stets aktuelle Versionen der XÖV-Standards einzusetzen. mehr...

Thüringen: NOOTS in Bundesverantwortung

[07.11.2024] Der Freistaat Thüringen unterstützt den Vorschlag von Bremen und Sachsen-Anhalt, dass die Bundesländer dem Bund die Verantwortung über eine wichtige föderale IT-Plattform überlassen. mehr...

Rechenzentrum von innen, Blick in eine Gasse mit blau beleuchteten Server-Racks.

OSBA: Sovereign Cloud Stack bleibt

[30.10.2024] Die Plattform Sovereign Cloud Stack wird nur noch bis Jahresende vom Bundeswirtschaftsministerium finanziert. Ein neu gegründeter Zusammenschluss von Open-Source-Unternehmen innerhalb der Open Source Business Alliance wird auch in Zukunft zentrale Ergebnisse absichern und die Weiterentwicklung der Standards gewährleisten. mehr...

MACH: Bundestemplate vor der Einführung

[25.10.2024] Bundesbehörden können mit dem neuen Bundestemplate MACH alle haushaltsrelevanten Vorgänge standardisiert und digitalisiert ausführen. Als erstes testet das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe ab 2025 die neue Lösung. mehr...

Das Bild zeigt einen Bildschirm mit einer Ansicht des Programms disy Cadenza.

Disy/Ionos: Datensouveräne Umgebung

[04.10.2024] Das Karlsruher Unternehmen Disy Informationssysteme und der Cloudanbieter Ionos haben eine Kooperation gestartet, um innovative und datenschutzkonforme Software-as-a-Service-Lösungen anzubieten. mehr...

Das Bild zeigt Oliver von Kleist, Partner Manager Cloud bei ]init[, und Tim Kartali, Head of Global Partner Sales bei IONOS.

init / Ionos: Gebündelte Kräfte für Verwaltungscloud

[24.09.2024] Um digitale Cloudlösungen im öffentlichen Sektor voranzutreiben, haben die Unternehmen init und Ionos eine Kooperation vereinbart. Ziel ist es, sichere und skalierbare Plattformen anzubieten, die speziell auf die Anforderungen der Verwaltung zugeschnitten sind. mehr...

Das Bild symbolisiert das Thema Cloud Computing.

Delos Cloud: Erste Dienste für 2025 geplant

[23.09.2024] Die Delos Cloud für die öffentliche Verwaltung soll im kommenden Jahr an den Start gehen. Die Partner Delos Cloud, Microsoft und Arvato Systems haben jetzt Verträge unterzeichnet, die den Betrieb und die Zusammenarbeit sicherstellen. mehr...

Das Bild zeigt eine stilisierte Platine mit enem Cloud-Symbol und dem Schriftzug SAP.

SAP: Milliarden für sichere Cloudlösungen

[20.09.2024] In den kommenden zehn Jahren will SAP mehr als zwei Milliarden Euro in die Entwicklung hochsicherer Cloudlösungen für den öffentlichen Sektor und stark regulierte Branchen investieren. mehr...

Rechenzentrum von innen, Blick in eine Gasse mit blau beleuchteten Server-Racks.

Bayern: Neuer ELSTER-Standort

[05.09.2024] Mit rund 22 Millionen aktiven Benutzerkonten gilt ELSTER als eines der erfolgreichsten E-Government-Verfahren Deutschlands. Östlich von München wurde nun ein neuer Rechenzentrumsstandort eingeweiht, der zur Ausfallsicherheit beitragen soll. mehr...

Bayern/Sachsen: Zukunftsweisende KI-Forschung

[08.08.2024] Energieeffiziente Hardware und entsprechende Softwarekomponenten für KI-Anwendungen will eine länderübergreifende Hochschulkooperation im Forschungsprojekt GAIn (Next Generation Al Computing) entwickeln. Die Freistaaten Bayern und Sachsen bezuschussen das Projekt mit insgesamt sechs Millionen Euro. mehr...

Hochwasserwarnschild vor einer überfluteten Fläche

Niedersachsen: Stabssoftware CommandX wird erprobt

[30.07.2024] Das Land Niedersachsen pilotiert in Kreis Uelzen die Stabssoftware CommandX. Diese soll im Katastrophenfall die Kommunikation aller Stäbe und Stellen vereinfachen und beschleunigen. Bis zum Jahresende soll die Lösung an zahlreichen Stellen in ganz Niedersachsen ausgerollt sein. mehr...

Das Bild zeigt die Außenansicht der Firmenzentrale von Bechtle.

Bechtle: Großauftrag für Apple-Geräte

[29.07.2024] Der IT-Dienstleister Bechtle liefert 300.000 Apple-Geräte im Wert von bis zu 770 Millionen Euro an Bundesbehörden. Bei der Abwicklung des Auftrags wird Bechtle von Materna unterstützt. mehr...

Die deutsche Delegation auf dem 4. Projectathon in Brüssel.

Registermodernisierung: Once-Only für Geburtsnachweis erprobt

[18.07.2024] In Brüssel fand zum vierten Mal der Projectathon statt. Das Event bringt die EU-Mitgliedstaaten zusammen, um deren Beiträge zur Once-Only- und zur Single-Digital-Gateway-Umsetzung interoperabel zu testen. Der deutschen Delegation gelang der grenzüberschreitende Nachweisaustausch im Bereich Personenstand zur Umsetzung des Once-Only-Prinzips. mehr...