PolizeiSmartphone im Einsatz

[27.07.2021] Großes Potenzial steckt im Smartphone-Einsatz für die Polizeiarbeit. In verschiedenen Projekten werden erste Schritte in diese Richtung gegangen. Sie zeigen: Der Einsatz der mobilen Geräte kann beim Datenabgleich helfen und die Beamten effektiv entlasten.
Der Smartphone-Einsatz kann die Ermittlungsarbeit schon am Tatort erleichtern.

Der Smartphone-Einsatz kann die Ermittlungsarbeit schon am Tatort erleichtern.

(Bildquelle: 123rf.com / pureshot)

Die Spuren am Tatort sind noch frisch, die Täter auf der Flucht. Polizeieinsatzkräfte sichern per Smartphone Fingerabdrücke. Eine spezielle Software analysiert diese und gleicht sie nahezu in Echtzeit mit dem automatisierten Fingerabdruck-Identifizierungs-System (AFIS) des Bundeskriminalamts (BKA) ab. Möglicherweise können dann schon innerhalb weniger Minuten Verdächtige zur Fahndung ausgeschrieben werden. So technologiegestützt, flexibel und mobil könnte die Ermittlungsarbeit mittelfristig aussehen. Wo Ermittlerinnen und Ermittler bislang Fingerabdrücke und Fingerabdruckfragmente per Klebestreifen sichern, könnten künftig digitale Aufnahmen zum Einsatz kommen. Die Prozesse zum Erfassen und Abgleichen der Fingerabdrücke ließen sich dank der Digitalisierung und Vernetzung mit den BKA-Servern stark vereinfachen. Der Fahndungsdruck würde durch die deutlich schnellere Ermittlungsarbeit drastisch erhöht. Auch profitieren die Ermittler von der fortschreitenden Vernetzung europäischer Fahndungsdatenbanken. Sie ermöglicht ihnen den Zugriff auf das Schengener Informationssystem (SIS II), dessen biometrische Daten seit dem Jahr 2018 durchsucht werden können.

Fingerabdruck scannen

Das Sichern von Fingerabdrücken ist nur ein Beispiel. Es zeigt jedoch sehr deutlich das große Potenzial, das im Smartphone-Einsatz für die Polizeiarbeit steckt. Erste Schritte in diese Richtung unternimmt die Polizei bereits in verschiedenen Projekten. In deutschen Polizeibehörden wird beispielsweise die Mobile Fast ID erprobt. Sie besteht aus einer Smartphone-App sowie einem FBI-zertifizierten Einzelfinger-Scanner, der sich per USB-Anschluss mit dem Smartphone verbinden lässt. Die App stellt die Qualität der erfassten Fingerabdrücke sicher. Die Lösung ist so angelegt, dass sie sich in die bisherigen Workflows der Polizei integrieren lässt. Ergebnisse in Form von Treffern aus dem zentralen AFIS lassen sich an weitere Fahndungsanwendungen oder an ein Vorgangsbearbeitungssystem übergeben. Die verarbeiteten Daten und Ergebnisse werden in entsprechenden Back-End-Systemen gespeichert. Eine dauerhafte Datenspeicherung auf dem Smartphone selbst erfolgt nicht. Bei der Integration solch Smartphone-gestützter Lösungen sind Schnittstellen für einen nahtlosen Datenaustausch unerlässlich. Da die digitale Transformation der Polizei mehr als nur ein einheitliches Tempo kennt, sind der Entwicklungs- und Lösungsstand sehr unterschiedlich. Eine Vielzahl von Ansätzen konkurriert miteinander. Umso wichtiger ist es, dass sich alle Konzepte, Ideen und technischen Umsetzungen am Ende in ein gemeinsames Framework einfügen lassen.

App statt Merkbuch

Sind die nötigen Schnittstellen gegeben, kann das Smartphone beim Datenabgleich helfen und die Beamten effektiv entlasten. Smartphone oder Tablet könnten dann beispielsweise auch dazu dienen, Vorgänge direkt mobil anzulegen. Anstatt Notizen zu einem bestimmten Tathergang sowie erste Angaben der Zeugen vor Ort auf Papier zu vermerken, könnte die Eingabe über das mobile Endgerät erfolgen. Ein Vorgang im polizeilichen Vorgangsbearbeitungssystem (VBS) lässt sich mobil eröffnen und per App durch verschiedenste Angaben ergänzen und verwalten. Die spätere Aufbereitung des Vorgangs, also die klassische Schreibtischarbeit der Polizei, entfällt dadurch zwar nicht – sie nimmt jedoch deutlich weniger Zeit in Anspruch, als das bislang der Fall ist. Zudem haben durch das frühzeitige Bereitstellen der Informationen im VBS auch andere Ermittler in der Behörde Zugriff auf diese Daten. Gerade dann, wenn es um das Zusammenführen komplexer oder verschiedener jedoch miteinander im Zusammenhang stehender Straftaten geht, kann das von besonderem Interesse sein.

Geeignete Lösungen nutzen

Wichtig ist für die Polizeiarbeit auch der Einsatz sicherer Messenger. Viele Polizeien haben den WhatsApp-Einsatz im Dienst inzwischen verboten. Gleichzeitig bieten Messenger in der täglichen Polizeiarbeit unschätzbare Vorteile. Es sind also Messenger-Dienste gefragt, die sämtliche Datenschutzvorgaben erfüllen und Polizeibeamten ein sicheres Chatten und Austauschen sensibler Informationen ermöglichen. Zwei Beispiele für solche Dienste liefern die Unternehmen Stash Cat und Grouptime mit den Diensten NIMes und Teamwire. Umso interessanter wird der Einsatz DSGVO-konformer Messenger für die Polizei, wenn sie mit smarten Chatbots und KI kombiniert werden. So lassen sich auf einfache Art eine Kennzeichenabfrage durchführen oder perspektivisch diverse andere Daten- und Informationsabgleiche vollautomatisch und in Sekundenschnelle vornehmen.
Mobil, schneller und flexibler ermitteln – das sind die Chancen, die mit dem Einsatz mobiler Endgeräte im Polizeieinsatz einhergehen. Der begrenzende Faktor findet sich vor allem in der Technologie selbst. Längst nicht alles, was auf dem Massenmarkt als Funktionen bereitgestellt wird, kann die hohen Anforderungen der Polizei erfüllen. Hinzu kommen rechtliche Rahmenbedingungen. So wäre beispielsweise das Erfassen von Unfallstellen oder anderer Tatorte mit Tablet und Smartphones durch die Lidar-Technologie denkbar. Tatsächlich reicht der heutige Stand der Technik für solche Einsätze noch nicht aus, sodass die Hersteller selbst davon abraten. Die Zeit mag das ändern. Schon jetzt aber kann durch den Smartphone-Einsatz in den Polizeibehörden wertvolle Zeit für die eigentliche Arbeit gewonnen werden.

Stephan Koch ist Senior Manager Innere Sicherheit bei Sopra Steria.




Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Innere Sicherheit
Visualisierung der neuen Rettungsleitstelle der Feuerwehr Hamburg

Hamburg: Moderne IT für die Feuerwehr

[24.06.2024] Um sich für die Herausforderungen der Zukunft zu wappnen, errichtet die Feuerwehr Hamburg eine neue Rettungsleitstelle. Der IT-Dienstleister Dataport wird diese mit innovativer Informationstechnik und digitalen Diensten ausstatten. mehr...

Hamburg: KI für mehr Sicherheit im Hafen

[07.06.2024] Eine KI-Lösung unterstützt die Wasserschutzpolizei Hamburg künftig dabei, undeklarierte Gefahrgüter zu erkennen. Entwickelt wurde die Lösung im Rahmen des InnoTecHH Fonds. mehr...

Blaulicht auf einem deutschen Polizeiauto

Hessen: Polizei nutzt Strafanzeige-App

[06.06.2024] Die Polizeiarbeit wird in Hessen künftig noch digitaler: Ab sofort können Einsatzkräfte flächendeckend eine neue Strafanzeige-App nutzen. mehr...

Blaues Schild mit weißer Aufschrift Polizei, an einer Ziegelwand montiert.

Niedersachsen: Onlinewache mit neuen Funktionen

[04.06.2024] Die Onlinewache der Polizei Niedersachsen ist mit einem neuen interaktiven Layout und mehr Funktionalitäten über ein zentrales Portal erreichbar. Das Land nutzt jetzt die vom Saarland und Rheinland-Pfalz entwickelte Einer-für-Alle-Lösung, die inzwischen bei elf Länderpolizeien im Einsatz ist. mehr...

Das Bild zeigt ein Polizeifahrzeug, aus dessen Fenster eine Kelle mit der Aufschrift Halt Polizei gestreckt wird.
bericht

Materna Virtual Solution: Polizeiarbeit der Zukunft

[25.04.2024] Die Arbeit der Polizei wird digitaler und mobiler. Dies erfordert eine sichere und einheitliche IT-Basis. Für die praktische Umsetzung sind vier Aspekte entscheidend, so der Security-Spezialist Materna Virtual Solution. mehr...

Unterzeichnung Kooperationsvereinbarung Land Berlin und Fraunhofer

Berlin: Sicherheitslagen simulieren

[12.04.2024] Im Rahmen einer Kooperationsvereinbarung wollen Berlins Sicherheitsbehörden und das Fraunhofer-Zentrum SIRIOS Sicherheitslagen simulieren und visualisieren, um im Ernstfall schneller reagieren zu können. mehr...

Abhörskandal: Das Problem liegt tiefer

[25.03.2024] In Deutschland fehlt eine zentrale Kommunikationslösung für Sicherheitsbehörden. Dieses Dilemma steht hinter dem Abhörskandal bei der Bundeswehr. Ein Kommentar des Sicherheitsexperten Christian Pohlenz. mehr...

Das Bld zeigt Einsatzfahrzeuge der Feuerwehr im Hof einer Feuerwache.

Krisenfall: Koordination ist das A und O

[15.03.2024] Im Katastrophenfall zählt jede Sekunde. Die Einsatzkräfte sind auf eine schnelle, sichere und reibungslose Kommunikation angewiesen. Der Software-Hersteller Materna Virtual Solution sieht dabei vier große Herausforderungen. mehr...

Das Bild zeigt einen Bildschrim mit geöffnetem Security-Programm.

Cybersecurity Report: Bedrohung auf Rekordniveau

[14.03.2024] Der aktuelle Cybersecurity Report von Trend Micro zeigt, dass Angriffe auf IT-Systeme immer raffinierter werden. Deutschland gehört zu den am stärksten betroffenen Ländern, insbesondere im Bereich Ransomware. Im Fokus der Angreifer stehen staatliche Einrichtungen und Kritische Infrastrukturen. mehr...

Das Bild zeigt ein rotes Alarmlicht.

Krisenkommunikation: BSI gibt GroupAlarm frei

[29.02.2024] GroupAlarm ist nun die offizielle Lösung für alle Bundesbehörden in Deutschland. Nach dem erfolgreichen Einsatz beim Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) für Cyber-Sicherheitsvorfälle steht das System nun allen Bundesbehörden zur Verfügung. mehr...

Blaulichtbalken auf einem deutschen Polizeiauto, dahinter verschwommen Feuerwehrfahrzeuge mit eingeschaltetem Blaulicht.

Niedersachsen: Stabssoftware für Katastrophenschutz

[26.02.2024] Niedersachsen führt eine landesweit einheitliche Stabssoftware für den Katastrophenschutz ein. Damit soll die Kommunikation zwischen den Stabsstellen schneller, verlässlicher und sicherer werden. mehr...

An einem großen Konferenztisch sitzen 26 europäische Cyber-Sicherheitsdirektoren beim Cyber Security Directors‘ Meeting.

Cyber-Sicherheit: EU-Experten diskutieren Herausforderungen

[23.02.2024] Beim vierten Cyber Security Directors‘ Meeting des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) diskutierten 26 europäische Cyber-Sicherheitsdirektoren über die Umsetzung neuer EU-Rechtsakte und gemeinsame Strategien gegen IT-Sicherheitsvorfälle. mehr...

Das Bild zeigt Bundesinnenministerin Nacy Faeser im Gespräch mit den Machern des Projects Eagle, mit dem Hasskommentare im Internet aufgespürt werden kann.

Jugend forscht: Innovation gegen Online-Hass

[23.02.2024] Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat sich mit den Bundessiegern von Jugend forscht im Bereich Mathematik/Informatik getroffen, um über neue Methoden gegen antisemitische Hetze in sozialen Medien zu diskutieren. mehr...

Zwei deutsche Soldaten in Uniform schauen zur Seite.

Bundeswehr: IT-Beschaffung beschleunigen

[21.02.2024] Ein Positionspapier, wie die Beschaffung digitaler Technologien seitens der Bundeswehr beschleunigt werden kann, hat der Digitalverband Bitkom erarbeitet. Insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen oder Tech-Start-ups sei die Zusammenarbeit mit der Bundeswehr sehr aufwendig. mehr...

Brandenburg: Neue App für die Polizeiarbeit

[08.02.2024] Die Brandenburger Polizeibediensteten können künftig die Handy-App mScan nutzen: Sie liest die Prüfcodes von Ausweisdokumenten und Kennzeichen aus und prüft die Echtheit. Mit dieser weiteren Möglichkeit des mobilen Arbeitens sollen zusätzliche Schreibarbeiten im Revier reduziert werden. mehr...