BlockchainSicheres digitales Zeugnis

[08.03.2021] Die Weitergabe von Zeugnissen in Papierform ist kompliziert und umständlich. Mit der Blockchain-Technologie lässt sich das Dilemma digital lösen. Den Praxistest hat die innovative Anwendung bereits bestanden.
Manipulation ist beim digitalen Zeugnis ausgeschlossen.

Manipulation ist beim digitalen Zeugnis ausgeschlossen.

(Bildquelle: Bundesdruckerei GmbH)

Auch heute noch werden Schülern ihre Zeugnisse in Papierform in die Hand gedrückt – und das, obwohl bei Bewerbungen die Dokumente ohnehin gemailt oder hochgeladen werden müssen. Die Nachteile sind offensichtlich: Das Einscannen verschlechtert die Qualität, zudem ist Papier leicht manipulierbar und die Gefahr für Betrug sehr hoch.
Ganz grundsätzlich entsteht für alle Beteiligten eine Menge Arbeit. Bewirbt sich ein Schüler zum Beispiel auf einen Studienplatz, wird in der Regel eine beglaubigte Kopie des Abiturzeugnisses verlangt. Die kostet nicht nur Geld, sondern bindet im Bürgeramt wertvolle Beamtenzeit. Auch beim Empfänger des Zeugnisses müssen Noten abgetippt, die Echtheit geprüft und Archive verwaltet werden. Allein die Stiftung für Hochschulzulassung, die zentrale Stelle für zulassungsbeschränkte Studiengänge in Deutschland, hat es jedes Jahr mit Tausenden Bewerbungen zu tun. Entsprechend niedrig ist die Akzeptanz für Papierzeugnisse: Laut einer repräsentativen Umfrage der Bundesdruckerei hält sie jeder zweite Deutsche für nicht mehr zeitgemäß.

Zusätzlicher Antrieb

Verwaltung und Politik haben das Problem solch verstaubter Prozesse längst erkannt. Bis Ende 2022 müssen Bund, Länder und Kommunen ihre Leistungen laut Onlinezugangsgesetz (OZG) auch digital anbieten. Corona hat dem Thema Digitalisierung zusätzlich Auftrieb verschafft. Vieles, was jetzt umgesetzt wird, wäre noch vor einem Jahr nicht denkbar gewesen. Eine Schlüsselrolle kommt dabei der Blockchain-Technologie zu. Vereinfacht gesagt lassen sich damit Informationen in einer dezentralen, von vielen Teilnehmern betriebenen Datenbank sicher speichern. Die Bundesregierung fördert die Technologie und hat eine umfassende Blockchain-Strategie verabschiedet.
Die Digitalisierung von Abschlusszeugnissen steht bereits in den Startlöchern. Die Bundesdruckerei hat einen Prototyp entwickelt und die technische Machbarkeit bewiesen. Unter Leitung des Landes Sachsen-Anhalt und des Bundesministeriums für Bildung und Forschung läuft das Projekt jetzt deutschlandweit an. Die Vorteile liegen auf der Hand: Mit dem System lassen sich digitale Zeugnisse erstellen, die für Menschen und Maschinen gleichermaßen lesbar sind. Die Blockchain-Technologie hilft dabei, die Echtheit nachzuweisen – und das kompatibel mit allen bestehenden Schulverwaltungssystemen.

Digitaler Fingerabdruck

Die Schüler erhalten dann künftig neben der Papierurkunde eine PDF-Datei, deren digitaler Fingerabdruck, der so genannte Hash-Wert, in der Blockchain gespeichert ist. Diese Prüfsumme besteht aus 66 Zeichen und ist – in Kombination mit der Identität der ausgebenden Schule – eindeutig, ohne Rückschlüsse auf die Inhalte des Zeugnisses zuzulassen. Manipulation ist dabei ausgeschlossen, denn einmal in die Blockchain geschriebene Daten können nicht mehr verändert werden. Erlaubt ist das Schreiben in die Blockchain ohnehin nur autorisierten Stellen, zum Beispiel Schulen, die aber ebenfalls autorisiert werden müssen, zum Beispiel von einer Landesschulverwaltung. Die digitalen Zeugnisse sind zudem DSGVO-konform, weil keine personenbezogenen Daten verarbeitet und die Zeugnisse selbst nicht zentral gespeichert werden.
Der Clou: Wer das Zeugnis bekommt, muss nicht mehr rätseln oder aufwendig recherchieren, ob das Dokument echt ist. Mit einem Online-Prüfservice oder über eine Schnittstelle in der Verwaltungssoftware lässt sich der Test innerhalb von Sekundenbruchteilen erledigen. Dabei wird der zur Datei gehörende Hash-Wert errechnet und in der Blockchain abgefragt. Stimmt der Wert, ist das Zeugnis echt. Die PDF-Datei kann beliebig oft kopiert und weitergegeben werden. Diese Art von Zeugnis kann, zum Beispiel in einer Zulassungsstelle, zu Hunderten oder Tausenden quasi vollautomatisch geprüft werden. Ein Mitarbeiter muss jedes Dokument einzeln unter die Lupe nehmen? Dieses umständliche Prozedere würde der Vergangenheit angehören. Die Lösung ist so konzipiert, dass Bildungseinrichtungen kaum zusätzlichen Aufwand bei der Erstellung haben – im Gegenteil: Unter dem Strich sinken Kosten und Personalaufwand.

Maschinell und exakt verarbeiten

Damit die Prüfung so schnell funktioniert, enthält das Digital-Zeugnis einen maschinenlesbaren Teil, eine so genannte XML-Datei. Damit könnte eine Hochschule die Zertifikate maschinell und exakt entlang der Bedürfnisse verarbeiten. Das kann zum Beispiel so aussehen: Eine naturwissenschaftliche Fakultät ist vor allem an der Physik-Note und dem Zeitraum des Abiturs interessiert. Über das Campus-Management-System könnten diese Daten nun automatisiert ausgelesen werden. Die einzelnen PDF-Dateien müsste niemand mehr öffnen. Den Praxistest hat die neue Technologie bereits bestanden: Sie wurde mit verschiedenen Systemen ausgiebig getestet, so zum Beispiel mit dem Schulverwaltungssystem SCHILD, das in ganz Nordrhein-Westfalen eingesetzt wird.
Um die Sicherheit von Blockchain-Anwendungen wie dem digitalen Zeugnis weiter zu erhöhen, haben sich die Experten in Behörden und Politik ein besonderes Set-up ausgedacht. Die gesamte Blockchain-Infrastruktur wird von der govdigital eG betrieben, einer Genossenschaft aus 15 IT-Dienstleistern, die sich alle im Staatsbesitz befinden. Die Bundesdruckerei ist als Gründungsmitglied von Anfang an dabei. Auch die beteiligten Rechenzentren gehören dem Staat. Die Blockchain-Infrastruktur ist somit wie eine Straße, die von der öffentlichen Hand gebaut und betrieben wird. Auf ihr rollen demnächst viele Fahrzeuge – das digitale Zeugnis ist eines davon.

Eric Stange ist Leiter Strategie im Bereich Trusted Data Solutions bei der Bundesdruckerei GmbH.




Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: IT-Sicherheit
Ein digital dargestelltes Türschloss.

Sachsen: 2.300 Datenschutzverstöße

[28.06.2024] In Sachsen erhalten 2.300 Website-Betreiber Post von der Datenschutz- und Transparenzbeauftragten des Freistaats. Sie hat bei ihnen Datenschutzverstöße beim Einsatz von Google Analytics festgestellt. mehr...

Zwei Herren in dunklen Jackets und hellen Oberhemden sitzen an einem Tisch und unterschreiben Dokumente, im Hintergrund aufwändige Holzvertäfelung.

BfDI/ICO: Gestärkte Zusammenarbeit

[18.06.2024] Auch wenn das Vereinigte Königreich kein EU-Mitglied mehr ist, bleiben gute Beziehungen der jeweiligen Datenschutzbeauftragten wichtig. Dies betonte der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, Ulrich Kelber, anlässlich eines Treffens mit seinem britischen Amtskollegen. Die Behörden wollen künftig stärker kooperieren. mehr...

Das Bild zeigt Tabea Breternitz, die das Public-Sector-Team von Trend Micro verstärkt.

Trend Micro: Verstärkung für Public-Sector-Team

[17.06.2024] Trend Micro, Anbieter von IT-Sicherheitslösungen, erweitert sein Team für die Betreuung von Bundesbehörden in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Mit Tabea Breternitz gewinnt das Unternehmen eine erfahrene Expertin für den öffentlichen Sektor. mehr...

Das Bild zeigt Thomas Popp, CIO des Freistaats Sachsen.

Sachsen: NIS2-Richtlinie umgesetzt

[17.06.2024] Der Sächsische Landtag hat ein neues Gesetz verabschiedet, das die Anforderungen der europäischen Cyber-Sicherheitsrichtlinie NIS2 umsetzt. Behörden müssen nun erweiterte Maßnahmen zur Informationssicherheit einhalten und einen umfassenden Schutz gewährleisten. mehr...

Türschild mit dem Lükex-Logo

LÜKEX 23: Krisen-Management-Übung ausgewertet

[11.06.2024] Im vergangenen Herbst fand die landesweite Krisen-Management-Übung LÜKEX statt, bei der vor allem die Kommunikation der Beteiligten sowie das Zusammenspiel von Krisen-Management und IT-Notfall-Management erprobt wurde. Nun liegen erste Auswertungen dazu vor. mehr...

Cover des Datenschutzberichts Niedersachsen 2023

Niedersachsen: Datenschutzbericht vorgestellt

[10.06.2024] Der Landesbeauftragte für den Datenschutz Niedersachsen hat seinen aktuellen Tätigkeitsbericht vorgelegt. Dieser enthält neben den üblichen Zahlen zu Meldungen und Verstößen auch konkrete Empfehlungen zur Umsetzung von Datenschutzmaßnahmen. Diese richten sich an Landtag, Regierung und Unternehmen. mehr...

Das Bild zeigt Innenminister Thomas Strobl bei der Übergabe der Ernennungsurkunde als Präsidentin der Cyber-Sicherheitsagentur an Nicole Matthöfer.

Baden-Württemberg: Neue Leiterin der Cyber-Sicherheitsagentur

[03.06.2024] Nicole Matthöfer heißt die neue Leiterin der Cyber-Sicherheitsagentur Baden-Württemberg (CSBW). Innenminister Thomas Strobl überreichte ihr die Ernennungsurkunde und betonte die Wichtigkeit des Themas Cyber-Sicherheit. mehr...

Screenshot eines pixeligen Bildschirms. Zu sehen ist auf dunklem Grund die hellblaue Schrift "Security", eine Mauszeigerhand zeigt darauf.

Mecklenburg-Vorpommern: Angriff auf Internet-Seiten des Landes

[30.05.2024] Den IT-Sicherheitsspezialisten des Landes Mecklenburg-Vorpommern gelang es, einen Angriff auf Internet-Seiten verschiedener Ministerien und der Landespolizei abzuwehren. Dabei handelte es sich nicht um die erste DDoS-Attacke auf Landes-Web-Seiten. mehr...

SEP: Schutz vor Datenverlust

[16.05.2024] Die Back-up- und Recovery-Software SEP sesam sichert geschäftskritische Daten und erfüllt Compliance-Anforderungen. Mit speziellen Lösungen für Behörden bietet SEP ein umfassendes, plattformunabhängiges und DSGVO-konformes Back-up-System. mehr...

Das Bild zeigt das innere eines Cockpits, zu sehen ist auch das Electronic Knee Board.

Bundeswehr: Electronic Knee Boards für Piloten

[15.05.2024] Die Luftwaffe ersetzt herkömmliche Pilotenhandbücher durch Electronic Knee Boards, die vertrauliche Daten mit der sicheren Container-Lösung SecurePIM von Materna Virtual Solution schützen. mehr...

Das Bild zeigt Ministerialdirektor Elmar Steinbacher, Leitende Oberstaatsanwältin Tomke Beddies und Ministerin der Justiz und für Migration Marion Gentges

Baden-Württemberg: Chefin für Cybercrime-Zentrum

[14.05.2024] Die baden-württembergische Justizministerin Marion Gentges hat Ministerialrätin Tomke Beddies zur Leiterin des neuen Cybercrime-Zentrums Baden-Württemberg ernannt. mehr...

Das Bild zeigt das Titelblatt des Bundeslagebilds Cyber-Kriminalität 2023.

Cyber-Kriminalität: Bedrohungslage bleibt hoch

[14.05.2024] Die Bundesregierung und die Sicherheitsbehörden präsentieren das Bundeslagebild Cybercrime für das Jahr 2023. Die Zahlen zeigen einen besorgniserregenden Anstieg der Internet-Kriminalität in Deutschland. mehr...

Das Bild zeigt Bundesinnenministerin Nancy Faeser.

Cyber-Sicherheit: Umsetzung der NIS2-Richtlinie

[08.05.2024] Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat einen neuen Gesetzentwurf vorgelegt, mit dem das deutsche IT-Sicherheitsrecht umfassend modernisiert werden soll. Das Gesetz, das auf der EU-Richtlinie NIS2 basiert, sieht strengere Sicherheitsanforderungen und Meldepflichten für ein breiteres Spektrum von Unternehmen vor. mehr...

Porträt von Dagmar Hartge

Brandenburg: Tätigkeitsbericht zum Datenschutz

[08.05.2024] Der Tätigkeitsbericht der brandenburgischen Landesbeauftragten für den Datenschutz und für das Recht auf Akteneinsicht liegt vor. Zu den Schwerpunktthemen gehören unter anderem Künstliche Intelligenz, die datenschutzrechtliche Bewertung von Facebook-Fanpages sowie die Aufarbeitung des Cyber-Angriffs auf die Stadt Potsdam im Dezember 2022. mehr...

Symbolbild: hochgereckte Roboterhand vor dunkelblauem Hintergrund, auf dem eine Konstellation verbundener leuchtender Punkte erkennbar ist.

BSI: KI verändert Cyber-Bedrohungen

[03.05.2024] Künstliche Intelligenz ist keine weit entfernte Zukunftsvision mehr. Mit ihren verschiedenen Ansätzen und Lösungen ist die Technologie inzwischen im (IT-)Alltag angekommen – auch bei Kriminellen. Das BSI will herausfinden, wie sich Cyber-Angriffe dadurch verändern. mehr...