Change-ManagementSchachspieler oder Gärtner
Der Druck auf Ämter und Behörden nach schnellerem und effektiverem Verwaltungshandeln steigt nicht nur in der aktuellen Pandemie-Situation. Die Erhöhung des Digitalisierungsgrads wird auch durch das Onlinezugangsgesetz (OZG) und mehr virtuelle Kommunikation zwischen Bürgern, Wirtschaft und Verwaltung verlangt. Die Zeiten kafkaesken Eigenlebens einer Verwaltung sind damit endgültig vorbei. Die Verwaltung ist in der Gesellschaft angekommen und diese ändert sich immer schneller. Entsprechend muss sich die Verwaltung anpassen, sie muss schneller und beweglicher werden.
Diese Agilität wird durch Digitalisierung ermöglicht. Schnelligkeit ist der zentrale Nutzen und der Grund für Digitalisierung. Schnelligkeit und Beweglichkeit meint konkret, dass dort entschieden wird, wo die Kompetenz und die Wirkungsmacht am größten ist und wo am wenigsten kommunikative Komplexität erzeugt wird. Das ist im politischen Feld nicht immer ganz einfach, sollte aber angestrebt werden.
Change-Projekt für die gesamte Organisation
Digitalisierung ist immer ein Change-Projekt, das die gesamte Organisation umfasst. Deshalb muss es für die Anwender und User (Sachbearbeiter) mit einem nachvollziehbaren, plausiblen Grund und auch einem für sie persönlich attraktiven Ziel verbunden sein – etwa weniger langweilige Aufgaben oder mehr Handlungsspielräume. Dies ist für den Erfolg eines Digitalisierungsprojekts entscheidend. Weiterhin sollte ein solches Projekt einen organisatorischen und prozessualen Rahmen haben. Bevor auch nur ein Tool oder ein ERP-System implementiert wird, sollten nachfolgende Fragen geklärt werden:
– Welche Ziele verfolgen wir mit der Digitalisierung und warum wollen wir das erreichen?
– Welche Auswirkungen hat die Digitalisierung auf die Führung und die Organisation?
– Welches berufliche Selbstverständnis, welches Mindset ist für die Digitalisierung förderlich, welches eher hinderlich?
– Wie setzen wir die Digitalisierung um?
– Welches Design müsste ein Umsetzungsprojekt haben?
Steuerkreis aus den Führungskräften
Die Organisation eines Digitalisierungsprojekts hat im Fall der öffentlichen Verwaltung eine Top-Down-Struktur mit einem Steuerkreis, der aus den Führungskräften der Verwaltung zusammengesetzt sein sollte. Dieser Steuerkreis hat primär die Aufgabe die obigen Fragen zu bearbeiten, für den Change-Prozess ein geeignetes Prozessdesign zu wählen, die jeweils relevanten internen und externen User und Stakeholder einzubinden und diesen Prozess zu moderieren.
Prinzipiell zeigen sich in einer Verwaltung zwei große Digitalisierungsfelder: Einmal die Verwaltung selbst, also die Optimierung und Automatisierung von Verwaltungsprozessen, sowie zum anderen die Digitalisierung des öffentlichen Raums und die Kommunikation mit den Bürgern über Plattformen oder Apps. Eine weiteres wichtiges Feld ist die Datensicherheit und der Datenschutz. Es stellen sich weitere Fragen:
– Was ist der Verwaltung in Bezug auf die Optimierung ihrer internen und externen Prozess wichtig?
– Sollen repetetive Tätigkeiten nur automatisiert oder auch eine KI-gestützte intelligente Verarbeitung der Daten gewährleistet werden, um schneller und besser abgestützte Entscheidungen treffen zu können?
– In welchen Bereichen soll der digitale Austausch mit Bürgern verstärkt werden und wie sind die diesbezüglichen Bedürfnisse der Bürger zu beurteilen?
– In welchen anderen Zukunftsprojekten kann Digitalisierung helfen, schneller zu werden?
Diese Fragen nach dem Ziel und Zweck der Digitalisierung müssen geklärt werden bevor mit der eigentlichen Digitalisierung begonnen werden kann.
Mindset bestimmt das Handeln
Das Mindset in einer Organisation, also die Denkweisen, Überzeugungen und Verhaltensmuster, beschreibt das Selbstverständnis der Mitglieder in ihrer jeweiligen Rolle und es beschreibt die Normativität – was ist wichtig, richtig und falsch. Das Mindset bestimmt auch das soziale Handeln in Bezug auf Führung und Kommunikation in einer Organisation. Wer Digitalisierung wirklich will, muss sich verabschieden von einem Führungsverständnis, wonach der Chef das meiste entscheiden und kontrollieren muss. Eine umfassende Digitalisierung als Voraussetzung von E-Government wäre der natürliche Gegenspieler eines organisationalen Mindsets, das mehr von Status, Macht, Kontrolle und Sicherheit als von Vertrauen, Sachorientierung, Unterstützung und Veränderung geprägt ist. Hier muss sich jede Verwaltung entscheiden, was sie will: Digitalisierung oder Macht und Kontrolle. Beides geht nicht.
Digitalisierung schafft transparente Wissens- und Entscheidungsstrukturen, ermöglicht selbstverantwortliches Handeln und bricht Informationssilos, Asymmetrien und damit auch Macht auf, weil digitalisierte Informationen prinzipiell jedem, für den sie relevant sein können, zugänglich wären und dies unabhängig von machtpolitischen und persönlichen Beziehungen. Sie liegen nicht mehr beim Chef oder beim Kollegen, sondern auf einem Server, auf den jeder Beschäftigte qua Funktion Zugriff hat. Eine hierarchische, auf Macht und Position basierende Kontroll- und Führungskultur verhindert Digitalisierung, weil sie eben genau das nicht will, was Digitalisierung bewirkt: Transparenz und Abbau von Asymmetrien. Außerdem verträgt sich eine solche Kultur nicht mit agilem, selbstorganisierten und selbstverantwortlichem, auf Vertrauen basierendem aufgaben-, abteilungs- und sektorenübergreifenden Arbeiten.
Individuelle Denkweisen
Wer Digitalisierung wirklich will, sollte sich die Frage nach dem Selbstverständnis und dem persönlichen Mindset stellen. Als Führungskraft: Will ich ein Schachpieler sein, der seine Figuren nach seinem Plan hin und her zieht oder will ich ein Gärtner sein, der die Pflanzen begießt und den Garten zum Blühen bringt? Will ich dienen oder herrschen? Will ich kontrollieren oder vertrauen? Will ich moderieren oder bestimmen? Will ich eine Fehlerkultur oder ein Vermeidungsverhalten? Für den Beschäftigten: Will ich Verantwortung übernehmen oder Verantwortung eher abgeben. Will ich kooperieren oder mein eigenes Ding machen?
Je nach dem, wie diese Fragen beantwortet werden, entsteht ein entsprechendes organisationales Mindset, das auch die individuellen Denkweisen prägt. Ansetzen muss man in jedem Fall immer am individuellen Mindset, vor allem an jenem der Führungskräfte. Das ist verhaltensprägend und damit auch bestimmend für den Erfolg der Digitalisierung. Am besten startet man mit einem Werte- und Kultur-Workshop: Was ist uns wichtig, wie handeln und kommunizieren wir tatsächlich, wie können wir unser Handeln verändern, welche Bedingungen müssten wir dazu verändern und was können wir selbst dazu tun?
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