BundestagOpen Source in der Verwaltung
Im Digitalausschuss des Bundestages fand eine Expertenanhörung zum Thema Open-Source-Software (OSS) statt. Die Mehrheit der neun Sachverständigen kam dabei laut einer Meldung des Bundestages zu der Einschätzung, dass das Engagement der Bundesregierung im Bereich Open Source hinter den Erwartungen zurückgeblieben sei. Die Gäste betonten überwiegend die Vorteile von Open-Source-Lösungen für Wirtschaft und Gesellschaft sowie die Notwendigkeit von Änderungen.
So wies Jutta Horstmann vom Zentrum für Digitale Souveränität der Öffentlichen Verwaltung (ZenDis) auf kritische Abhängigkeiten und „massiven Kontrollverlust“ hin, der durch proprietäre Lösungen entstehe. OSS könne Kosten senken und Abhängigkeiten reduzieren, doch die Verankerung im Onlinezugangsgesetz sei unzureichend. Sie forderte verbindliche gesetzliche Vorgaben für behördeninterne IT.
Beschaffungspraxis als Hemmnis
Adriana Groh (Sovereign Tech Agency) betonte die Bedeutung nachhaltiger Investitionen in OSS mit Blick auf die Sicherheit. Viele kritische Open-Source-Projekte würden von wenigen Ehrenamtlichen betreut, was Risiken berge. Sie forderte regelmäßige staatliche Unterstützung des OSS-Ökosystems. Peter H. Ganten (Open Source Business Alliance) sagte, wenn man berücksichtige, wohin die wesentlichen Mittel für die Digitalisierung in der Legislaturperiode geflossen seien, sei nicht wirklich viel bei Open Source erreicht worden. Insbesondere die Finanzierung des ZenDis sei „nicht befriedigend“.
Ganten wie auch Alexander Sander (Free Software Foundation Europe – FSFE) sahen zudem die Beschaffung von OSS kritisch. Ganten plädierte für einen gesetzlichen Vorrang von OSS bei öffentlicher Beschaffung – nur so könne die Verwaltung unabhängiger und digitale Souveränität gestärkt werden. Sander sieht europäische Unternehmen, die auf Freie Software setzen, mangels strategischer Beschaffung benachteiligt. Er forderte, dass mit Steuergeldern finanzierter Code öffentlich zugänglich gemacht wird, um Nachnutzung zu ermöglichen. Bianca Kastl (Innovationsverbund öffentliche Gesundheit) sah in der fehlenden Umsetzung von OSS-Vorhaben ein Versäumnis der aktuellen Legislaturperiode. Trotz Koalitionsversprechen sei OSS nicht zur Regel geworden. Sie schlug vor, die Entwicklung von OSS als gemeinnützig anzuerkennen und eine Stiftung für OSS einzurichten.
Möglicher Treiber für Innovation
Helmut Krcmar (TU München) und Stefan Decker (Fraunhofer FIT) betonten die Innovationskraft von OSS. Krcmar hob hervor, dass Open Source Transparenz und Zusammenarbeit fördere und Deep-Tech-Innovationen ermögliche. Decker sah OSS als Grundlage für interoperable Datenräume und forderte eine innovationsfreundliche Verwaltungskultur sowie mehr Zusammenarbeit zwischen Behörden. Oliver Grün vom Bundesverband IT-Mittelstand (BITMi) mahnte, dass die deutsche Wirtschaft bei digitaler Wertschöpfung zurückfalle. Da 85 Prozent der Anbieter in Deutschland proprietäre Lösungen nutzten, sei eine Kombination aus OSS und proprietären Modellen notwendig. Grün schlug zudem vor, im Vergaberecht eine „Europarechtstreue“ zu verankern.
Schrittweiser Wandel
Isabel Drost-Fromm (Open-Source-Strategieberaterin) betonte die Vorteile von OSS für Zusammenarbeit und Transparenz. Drost-Fromm verwies auf die beschleunigte Innovation durch gebündelte Expertise und empfahl einen schrittweisen, nutzerzentrierten Wandel mit einer etablierten Fehlerkultur.
Insgesamt herrschte Einigkeit darüber, dass Open Source die digitale Souveränität stärken, Innovationen fördern und Transparenz schaffen kann. Um OSS flächendeckend in der Verwaltung zu etablieren, sind verbindliche gesetzliche Regelungen, strategische Beschaffung, nachhaltige Investitionen und eine kooperative Verwaltungskultur erforderlich.
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