BundestagOpen Source in der Verwaltung

[12.12.2024] In einer Anhörung des Bundestages zum Thema Open Source wurde das bisherige Engagement der Bundesregierung als unzureichend bewertet. Experten unterstrichen die Chancen von Open-Source-Software für digitale Souveränität, Innovation und Kostensenkung und forderten mehr gesetzliche Maßnahmen und Investitionen.
Blick auf das Marie-Elisabeth-Lüders-Haus (MELH) aus dem Paul-Löbe-Haus (PLH). Im beleuchteten Anhörungssaal findet eine Sitzung statt.

Anhörung im Bundestag zum Thema Open Source.

Blick auf das Marie-Elisabeth-Lüders-Haus (MELH) mit dem beleuchteten Anhörungssaal.

(Bildquelle: Marc Beckmann)

Im Digitalausschuss des Bundestages fand eine Expertenanhörung zum Thema Open-Source-Software (OSS) statt. Die Mehrheit der neun Sachverständigen kam dabei laut einer Meldung des Bundestages zu der Einschätzung, dass das Engagement der Bundesregierung im Bereich Open Source hinter den Erwartungen zurückgeblieben sei. Die Gäste betonten überwiegend die Vorteile von Open-Source-Lösungen für Wirtschaft und Gesellschaft sowie die Notwendigkeit von Änderungen.

So wies Jutta Horstmann vom Zentrum für Digitale Souveränität der Öffentlichen Verwaltung (ZenDis) auf kritische Abhängigkeiten und „massiven Kontrollverlust“ hin, der durch proprietäre Lösungen entstehe. OSS könne Kosten senken und Abhängigkeiten reduzieren, doch die Verankerung im Onlinezugangsgesetz sei unzureichend. Sie forderte verbindliche gesetzliche Vorgaben für behördeninterne IT.

Beschaffungspraxis als Hemmnis

Adriana Groh (Sovereign Tech Agency) betonte die Bedeutung nachhaltiger Investitionen in OSS mit Blick auf die Sicherheit. Viele kritische Open-Source-Projekte würden von wenigen Ehrenamtlichen betreut, was Risiken berge. Sie forderte regelmäßige staatliche Unterstützung des OSS-Ökosystems. Peter H. Ganten (Open Source Business Alliance) sagte, wenn man berücksichtige, wohin die wesentlichen Mittel für die Digitalisierung in der Legislaturperiode geflossen seien, sei nicht wirklich viel bei Open Source erreicht worden. Insbesondere die Finanzierung des ZenDis sei „nicht befriedigend“.

Ganten wie auch Alexander Sander (Free Software Foundation Europe – FSFE) sahen zudem die Beschaffung von OSS kritisch. Ganten plädierte für einen gesetzlichen Vorrang von OSS bei öffentlicher Beschaffung – nur so könne die Verwaltung unabhängiger und digitale Souveränität gestärkt werden. Sander sieht europäische Unternehmen, die auf Freie Software setzen, mangels strategischer Beschaffung benachteiligt. Er forderte, dass mit Steuergeldern finanzierter Code öffentlich zugänglich gemacht wird, um Nachnutzung zu ermöglichen. Bianca Kastl (Innovationsverbund öffentliche Gesundheit) sah in der fehlenden Umsetzung von OSS-Vorhaben ein Versäumnis der aktuellen Legislaturperiode. Trotz Koalitionsversprechen sei OSS nicht zur Regel geworden. Sie schlug vor, die Entwicklung von OSS als gemeinnützig anzuerkennen und eine Stiftung für OSS einzurichten.

Möglicher Treiber für Innovation

Helmut Krcmar (TU München) und Stefan Decker (Fraunhofer FIT) betonten die Innovationskraft von OSS. Krcmar hob hervor, dass Open Source Transparenz und Zusammenarbeit fördere und Deep-Tech-Innovationen ermögliche. Decker sah OSS als Grundlage für interoperable Datenräume und forderte eine innovationsfreundliche Verwaltungskultur sowie mehr Zusammenarbeit zwischen Behörden. Oliver Grün vom Bundesverband IT-Mittelstand (BITMi) mahnte, dass die deutsche Wirtschaft bei digitaler Wertschöpfung zurückfalle. Da 85 Prozent der Anbieter in Deutschland proprietäre Lösungen nutzten, sei eine Kombination aus OSS und proprietären Modellen notwendig. Grün schlug zudem vor, im Vergaberecht eine „Europarechtstreue“ zu verankern.

Schrittweiser Wandel

Isabel Drost-Fromm (Open-Source-Strategieberaterin) betonte die Vorteile von OSS für Zusammenarbeit und Transparenz. Drost-Fromm verwies auf die beschleunigte Innovation durch gebündelte Expertise und empfahl einen schrittweisen, nutzerzentrierten Wandel mit einer etablierten Fehlerkultur.

Insgesamt herrschte Einigkeit darüber, dass Open Source die digitale Souveränität stärken, Innovationen fördern und Transparenz schaffen kann. Um OSS flächendeckend in der Verwaltung zu etablieren, sind verbindliche gesetzliche Regelungen, strategische Beschaffung, nachhaltige Investitionen und eine kooperative Verwaltungskultur erforderlich.





Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Politik
Wehende Flagge mit dem Landeswappen von Sachsen.

Sachsen: Ziele des Koalitionsvertrags begrüßt

[16.04.2025] Sachsen unterstützt die im neuen Koalitionsvertrag umrissenen digitalpolitischen Vorhaben – darunter antragslose Verwaltungsleistungen, die DeutschlandID und zentrale IT-Kompetenzen des Bundes. Auch eine Grundgesetzänderung hält das Land für notwendig. mehr...

Screenshot des Titelblatts des Jahresberichts der FITKO und des IT-Planungsrats für 2024.

IT-Planungsrat / FITKO: Gemeinsamer Jahresbericht für 2024

[14.04.2025] Im gemeinsamen Jahresbericht für 2024 berichten der IT-Planungsrat und die Föderale IT-Kooperation (FITKO) über ihre Tätigkeiten und Erfolge. Erstmals kommen auch die Gremien, Arbeits- und Projektgruppen zu Wort. mehr...

Blick vom Spreeufer auf das Reichstagsgebäude.

Koalitionsvertrag: Digitalministerium soll kommen

[10.04.2025] Union und SPD haben sich auf einen Koalitionsvertrag verständigt. Kommunen und Verbände begrüßen das geplante Digitalministerium, sehen Fortschritte beim Bürokratieabbau und fordern eine zügige Umsetzung zentraler Vorhaben. mehr...

Blick über gut besetzte Zuschauerreihen zum Podium.

IT-Planungsrat: Fachkongress „Digitalisierung – einfach machen“

[08.04.2025] Der 13. Fachkongress des IT-Planungsrats wurde in diesem Jahr von Niedersachsen ausgerichtet. Mehr als 700 Teilnehmende aus der Verwaltung waren vor Ort in Hannover. Auch das BMI war in diversen Sessions mit dabei. mehr...

Kabinettsklausur in einem hellen Saal mit Barockornamenten, der damalige Bundesjustizminister Marco Buschmann redet.

Bund: Bericht zum Bürokratieabbau

[08.04.2025] Die Bundesregierung hat ihren Bericht zum Bürokratieabbau 2022/2023 vorgelegt. Er enthält auch eine Bilanz zu den Meseberger Beschlüssen und der Bürokratieentlastungsverordnung für Unternehmen und Bürger. mehr...

Louisa Solonar-Unterasinger schaut mit verschränkten Armen lächelnd in die Kamera.

Hessen: CIO und CISO neu besetzt

[07.04.2025] Louisa Solonar-Unterasinger übernimmt in Hessen das Amt der CIO, Ralf Stettner kehrt als CISO ins Innenministerium zurück. Die Landesregierung besetzt damit zwei zentrale Positionen für IT-Steuerung und Informationssicherheit neu. mehr...

OSBA: Luft nach oben bei Open Source

[02.04.2025] Die Open Source Business Alliance sieht im Entwurf der Koalitionsarbeitsgruppe zur Digitalpolitik Nachbesserungsbedarf. Besonders beim Thema Open Source fehle es an klaren Zielvorgaben, auch Angaben zu einem zentralisierten Digitalbudget fehlten bisher. mehr...

Die rheinland-pfälzische Digitalministerin Dörte Schall.

Digitalministerkonferenz der Länder: Digitale Agenda verabschiedet

[01.04.2025] Die Digitalministerkonferenz der Länder hat eine gemeinsame Agenda zur digitalen Zukunft beschlossen. Im Fokus stehen klare Zuständigkeiten in der Verwaltung, der Einsatz von KI, digitale Unabhängigkeit und der Breitbandausbau. mehr...

Sachsen: Doppelhaushalt setzt Fokus auf Digitalisierung

[01.04.2025] 
Die Sächsische Staatskanzlei setzt bei der Verwendung der Mittel, die ihr im Doppelhaushalt 2025/2026 zugebilligt wurden, einen Schwerpunkt auf Digitalisierung und Verwaltungsoptimierung. mehr...

Baden-Württemberg: Entwicklung einer Datenstrategie

[01.04.2025] Für eine gelungene Digitalisierung sind Daten eine unentbehrliche Grundlage. Nun erarbeitet die Landesregierung Baden-Württemberg eine landesweite Datenstrategie. Auf dem Beteiligungsportal können die Eckpunkte der Datenstrategie eingesehen und aktiv an der Ausarbeitung mitgewirkt werden. mehr...

NEGZ: Impulse für die Digitalverfahrensgesetzgebung

[31.03.2025] Unterschiedliche Regelungen auf Bundes- und Landesebene sowie Überschneidungen zwischen verschiedenen Gesetzen stehen einer kohärenten Digitalverfahrensgesetzgebung entgegen. Das NEGZ hat nun ein Impulspapier zur Schaffung rechtssicherer Grundlagen für die Verwaltungsdigitalisierung vorgelegt. mehr...

Gruppenfoto Frühjahrssitzung IT-Planungsrat

IT-Planungsrat: Föderale Digitalstrategie, Teil 2

[27.03.2025] Der IT-Planungsrat hat jetzt den zweiten Teil der Föderalen Digitalstrategie verabschiedet. Die beschlossenen strategische Leitplanken definieren konkrete fachliche Zielstellungen sowie Rahmenbedingungen für die künftigen Umsetzungsvorhaben. Darüber hinaus wurde die langfristige Finanzierung der Deutschen Verwaltungscloud (DVC) gesichert. mehr...

Hessen: Zentrum für digitale Resilienz geplant

[25.03.2025] Deutschland will seine digitalen Infrastrukturen besser vor Krisen und Katastrophen schützen. Bundesinnenministerin Nancy Faeser und Hessens Digitalministerin Kristina Sinemus unterzeichneten einen Letter of Intent zur Gründung eines nationalen Zentrums für digitale Resilienz. mehr...

Bitkom: Sondervermögen soll Verwaltung digitalisieren

[25.03.2025] Der Digitalverband Bitkom fordert, 100 Milliarden Euro aus dem Sondervermögen für einen „Digitalpakt Deutschland“ zu nutzen, darunter 10 Milliarden Euro für die Verwaltungsdigitalisierung. Das Geld könnte in moderne Register, föderale Vernetzung und eine sichere Cloudinfrastruktur fließen. mehr...

Der neu konstituierte Digitalrat im Gruppenbild.

Rheinland-Pfalz: Digitalrat nimmt Arbeit auf

[24.03.2025] Rheinland-Pfalz hat ein neues Expertengremium für Digitalthemen. Der 17-köpfige Digitalrat soll Digitalisierungsschwerpunkte des Landes weiterentwickeln. Unter Vorsitz von Digitalministerin Dörte Schall und Informatikprofessorin Katharina Zweig berät das Gremium Politik und Verwaltung. mehr...