ARKTIS IT solutionsKI im Gerichtssaal
In der öffentlichen Wahrnehmung gilt die Justiz bei Themen wie Digitalisierung oder Künstlicher Intelligenz nicht gerade als Vorreiter. Offenbar zu Unrecht, denn ein kürzlich vom Berliner Systemhaus ARKTIS IT solutions organisiertes Experten-Panel zeigt, dass sich deutsche Gerichte bereits intensiv mit möglichen Einsatzfeldern von KI in ihrem Arbeitsalltag auseinandersetzen. Allerdings, räumt ARKTIS ein, habe die Digitalisierung der Justiz lange Zeit ein Schattendasein geführt. Durch eine stetig steigende Arbeitsbelastung steige aber auch der Druck, sich damit zu befassen. So gibt es immer mehr Massenverfahren – etwa Diesel- oder Fluggastklagen –, andererseits verschärft sich der Fachkräftemangel auch bei Juristinnen und Juristen.
„Um effizienter und schneller zu arbeiten, ohne an Qualität der Entscheidungen einzubüßen, muss die Justiz neue Wege gehen“, sagt Jan Christian Hesterberg, der bei ARKTIS IT solutions unter anderem den Bereich E-Justice verantwortet. Er hat mit seinem Team in den vergangenen Jahren bereits hunderte Gerichtssäle mit moderner Videokonferenztechnik ausgestattet. „Wenn man sich so intensiv mit den fachlichen, technischen und auch baulichen Anforderungen der Justiz auseinandersetzt, sieht man sehr gut, wo Künstliche Intelligenz – Stichwort Gerichtssaal 2.0 – zum Gamechanger werden könnte“, sagt Hesterberg.
Digitalisierung der Justiz als Gemeinschaftsaufgabe
Die Digitalisierung der Gerichtssäle hat bisher gezeigt, dass der Schlüssel zum Erfolg ein enger Austausch zwischen Justiz, Politik, Wissenschaft und Wirtschaft ist. Daher organisierte ARKTIS im Rahmen des jüngst in Würzburg ausgerichteten 20. Deutschen Verwaltungsgerichtstages ein Panel zum Thema „KI in der Verwaltungsgerichtsbarkeit – Innovation oder Risiko?“ Dabei warfen die Diskutierenden unter anderem einen Blick auf Projekte, die sich bereits in der Umsetzung befinden und auf weitere mögliche Einsatzszenarien.
So berichtete Gesine Irskens, Richterin und Referatsteilleiterin im Niedersächsischen Justizministerium vom Projekt MAKI, einer KI-gestützten Massenverfahrens-Assistenz: „Entwickelt wurde ein smarter Assistent, der unter anderem Schlüsseldaten extrahiert und erkennt, welche Entscheidungsvorlage zum jeweiligen Verfahren passen könnte, um dann ein entsprechendes Entscheidungsmuster vorzuschlagen. Mithilfe von Großen Sprachmodellen kann zudem die Akte befragt und der Inhalt aufbereitet werden.“ Wissenschaftlich wird das Projekt von der Universität Göttingen begleitet. Die Techniker und Juristen im Projektteam der Uni Göttingen erarbeiten rechtliche und technische Empfehlungen für den Einsatz von KI im Nahbereich der richterlichen Entscheidungsfindung. „Gegenstand der Forschungsbegleitung ist auch, wo eine rote Linie für den Einsatz von KI verläuft, hinter der ein Einsatz von KI im Rahmen der richterlichen Entscheidungsfindung nicht mehr zulässig ist“, so Irskens.
Wie kann KI im Sitzungssaal unterstützen?
Michael Eder, CEO und Mitgründer des Karlsruher KI-Start-Ups KENBUN IT, skizzierte mögliche Einsatzzwecke in der Justiz. „KI kann dabei helfen, Sprache in Texte zu transkribieren, beispielsweise um das allgegenwärtige Thema der Transkription von Verhandlungen zu bewältigen. Darüber hinaus ermöglicht KI, diese Transkripte und andere Dokumente in der digitalen Akte zu strukturieren und semantisch zu ‚verstehen‘. Dadurch können Sachverhalte strukturiert extrahiert, Kategorisierungen gebildet, Referenzen zu anderen Dokumenten erkannt und Widersprüchlichkeiten festgestellt werden.“ Auch sei es möglich, Anwendungssysteme wie die Sitzungssteuerung oder andere Fachanwendungen durch Sprache zu steuern. Daraus ergebe sich eine enorme Arbeitserleichterung, aber vor allem auch die Schaffung neuer Erkenntnisse aus großen Mengen von Dokumenten.
Björn Beck, der das Innovationslabor der Landesregierung Baden-Württemberg leitet und zuvor als Richter und Staatsanwalt tätig war, äußerte sich zur Herkunft möglicher IT-Lösungen: „Bei technischen Innovationen stellt sich oft die Frage: Make or buy? Es freut mich zu sehen, dass die Justiz inzwischen für digitale Lösungen im Gerichtssaal nicht mehr alle Produkte selbst entwickeln muss, sondern auf fertige Innovationen aus der Wirtschaft zurückgreifen kann.“
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