OLG StuttgartKI-Assistenz für Diesel-Verfahren

[27.10.2022] Zur Bearbeitung der Diesel-Verfahren wurde am Oberlandesgericht Stuttgart ein KI-basiertes Assistenzsystem eingeführt. Dieses soll die elektronischen Verfahrensakten nach wiederkehrenden Merkmalen systematisieren und so die Richterinnen und Richter entlasten.
Oberlandesgericht Stuttgart führt ein auf Künstlicher Intelligenz (KI) basierendes Assistenzsystem ein.

Oberlandesgericht Stuttgart führt ein auf Künstlicher Intelligenz (KI) basierendes Assistenzsystem ein.

(Bildquelle: blackdiamond67/123rf.com)

Im Zuge des so genannten Diesel- oder Abgasskandals sehen sich die Gerichte mit zahlreichen Klagen gegen die Hersteller von Dieselfahrzeugen wegen der Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen in den Abgasreinigungseinrichtungen konfrontiert. In Stuttgart landen alle Klagen aus dem gesamten Bundesgebiet gegen diejenigen Autobauer, deren Konzernzentralen dort angesiedelt sind. Am Oberlandesgericht Stuttgart ist nun zur Bearbeitung dieser Diesel-Verfahren ein auf künstlicher Intelligenz (KI) basierendes Assistenzsystem eingeführt worden, berichtet das Justizministerium des Landes. Dazu wurde in der ersten Jahreshälfte 2022 ein Prototyp erprobt, der nach weiteren Entwicklungsschritten nun den 17 Richterinnen und Richtern in vier Zivilsenaten zur Verfügung steht, die für Berufungen und Beschwerden in Diesel-Klagen im Rahmen des Abgasskandals zuständig sind. In Baden-Württemberg ist der Einsatz digitaler Assistenzsysteme möglich, weil die elektronische Akte bereits zum Arbeitsalltag in den Gerichten gehört (wir berichteten).

KI findet wiederkehrende Merkmalen in den Akten

Am Oberlandesgericht Stuttgart waren Ende September dieses Jahres 13.384 Diesel-Verfahren anhängig. Zuletzt waren rund 600 Eingänge pro Monat zu verzeichnen. Diese Fälle lassen sich anhand bestimmter Merkmale Fallgruppen zuordnen. Die dafür entscheidenden Daten aus den umfassenden Schriftsätzen zu extrahieren, um gleichgelagerte Fälle im vorliegenden Aktenbestand aufzuspüren, ist manuell jedoch nur mit größtem Aufwand möglich. An dieser Stelle kommt jetzt das KI-System zum Einsatz, indem es die elektronischen Verfahrensakten analysiert und solche mit gleichgelagerten Sachverhalten einander zuordnet. Diese Systematisierung nach immer wiederkehrenden Merkmalen sei eine schematische Tätigkeit, für die nicht die Energie der Richterinnen und Richter verschwendet werden dürfe, erklärte dazu Baden-Württembergs Justizministerin Marion Gentges. Deren Fokus müsse darauf liegen, die Kategorisierungen zu überprüfen und dann sorgfältige Entscheidungen zu treffen.

Nachnutzung für Justiz-KI bereits vorgesehen

Perspektivisch sei eine Ausweitung des Projekts auf weitere mit der Aufarbeitung der Dieselthematik befasste Gerichte möglich, heißt es aus Stuttgart. Das Projekt könne für künftige Massenverfahren eine Blaupause zur frühzeitigen digitalen Bewältigung darstellen und so einen Meilenstein auf dem Weg zur digitalen Justiz bilden. Das Land Baden-Württemberg treibt den Einsatz dieser Technologie bundesweit federführend als Vorsitzland des entsprechenden Themenkreises der Bund-Länder-Kommission für Informationstechnik in der Justiz (BLK) voran und sorgt dafür, dass länderübergreifende Standards entwickelt werden. KI-Anwendungen sollen einmal entwickelt und in der Justiz in ganz Deutschland eingesetzt werden können. Neben der Erprobung erster KI-Anwendungen für die Justiz liege der Fokus daher auch auf der Erstellung einer bundesweiten Strategie zum KI-Einsatz sowie der Entwicklung der notwendigen Technologie für einen effizienten Einsatz von KI in der Justiz, so das Justizministerium Baden-Württemberg in seiner Meldung.





Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: E-Justiz

Digitale Justiz: Abschlussbericht „Zivilprozess der Zukunft“

[13.02.2025] Die Reformkommission „Zivilprozess der Zukunft“ hat ihren Abschlussbericht vorgelegt. Er enthält konkrete Empfehlungen zur Modernisierung des Zivilprozesses, insbesondere zur Digitalisierung. Die Justizministerkonferenz wird die Vorschläge beraten und über weitere Schritte entscheiden. mehr...

Hand arbeitet mit Cloud computing Diagramm

Niedersachsen: Beweismittel in der Cloud

[12.02.2025] Um die Arbeit von Polizei und Justiz zu erleichtern, sollen digitale Beweismittel in Niedersachsen künftig in einer zentralen Cloud vorgehalten werden. Bis Ende des Jahres will das Landeskriminalamt Niedersachsen erste Erkenntnisse zur geplanten Beweismittelcloud vorlegen. mehr...

BMJ: Zugang zum Recht wird digitaler

[28.01.2025] Das BMJ und der DigitalService des Bundes starten die nächste Phase ihrer „Zugang zum Recht“-Projekte. Mit neuen Onlinediensten wie Antragsassistenten und Informationsangeboten soll der Zugang zum Recht weiter erleichtert werden. mehr...

Vier Personen in Business-Kleidung posieren für ein Foto

Baden-Württemberg: Start der Digitalisierungsstrategie im Justizvollzug

[24.01.2025] In der Justizvollzugsanstalt Heilbronn startet die Pilotphase der elektronischen Verwaltungsakte, ein zentraler Baustein der Digitalisierungsstrategie für den Justizvollzug in Baden-Württemberg. Ziel ist es, Arbeitsprozesse zu modernisieren und die Effizienz standortübergreifend zu steigern. mehr...

Justizia-Skulptur aus Metall

Nordrhein-Westfalen: 200.000 Gerichtsentscheidungen online

[22.01.2025] Die Rechtsprechungsdatenbank NRWE hat eine Rekordmarke erreicht: Die Urteilssammlung enthält über 200.000 Gerichtsentscheidungen, die beispielsweise für die juristische Recherche zur Verfügung stehen. Kein anderes Bundesland bietet eine größere Sammlung frei zugänglicher Urteile im Internet. mehr...

Blick in einen modernen Gerichtssaal: Die Prozessbeteiligten schauen einen großen Bildschirm an, auf dem Dokumente gezeigt werden.

Hamburg: Endspurt für E-Akte in der Justiz

[20.01.2025] Immer mehr Beschäftigte der Hamburger Justiz arbeiten inzwischen mit der elektronischen Akte: Über 70 Prozent nutzen sie aktuell. Bei den ordentlichen und den Fachgerichten ist die Umstellung bereits abgeschlossen, Strafsachen sollen bis 2026 folgen. mehr...

Justizministerin Jacqueline Bernhardt spricht vor Referendarinnen und Referendaren im Goldenen Saal im Justizministerium, Aufnahme von hinten über das Publikum auf die Bühne.

Mecklenburg-Vorpommern: E-Akte auf der Zielgeraden

[16.01.2025] Mecklenburg-Vorpommern steht kurz vor einem flächendeckenden Einsatz der E-Akte in der Justiz: Bis Ende 2025 sollen alle Strafgerichte und Staatsanwaltschaften umgestellt sein. Auch die Ausbildung wird mit digitalen Projekten modernisiert, etwa durch E-Examen. mehr...

Wartezone eines Flughafens, eine Person schläft, eine döst, eine macht Yoga.

BMJ/Bitkom: Rechtsstreit per Mausklick

[13.01.2025] Mit der Digitalisierung der Justiz kann auch der Zugang zum Recht erleichtert werden – etwa durch zivilgerichtliche Onlineverfahren. Fluggast-Entschädigungen können bereits online geltend gemacht werden. Doch wie kommt dieser Service an? mehr...

Montage einer Roboterhand, die auf einem Computer-Keyboard eine Taste drückt.

Sachsen: RPA-Projekt der Justiz ausgezeichnet

[18.12.2024] Der Aktenroboter der Leitstelle für IT der sächsischen Justiz und der Firma Exelentic hat den Digital Justice Award 2024 erhalten. Die RPA-Software ermöglicht eine schnelle und fehlerfreie Datenmigration in IT-Systeme der Justiz. mehr...

Miniatur-Aktenordner liegen auf einer Laptop-Tastatur.

Niedersachsen: Verwaltungsgerichte nutzen Aktensystem e²A

[04.12.2024] In Niedersachsens Verwaltungsgerichten wird die Aktenführung künftig digital abgewickelt. Mit der Einführung des elektronischen Aktensystems e²A soll eine sichere und effektive Datenverarbeitung möglich sein, die auch ein flexibles Arbeiten erleichtert. mehr...

Symbolbild für Cloud-Technologie: eine Hand greift nach mehreren gerenderten Cloud-Icons.

Bund und Länder: Bundeseinheitliche Justizcloud

[02.12.2024] Die Justizministerinnen und Justizminister von Bund und Ländern trafen in Berlin zu ihrem fünften Bund-Länder-Digitalgipfel zusammen. Im Fokus des Treffens stand das Vorhaben der gemeinsamen Entwicklung einer Cloudinfrastruktur für justizbezogene IT-Anwendungen von Bund und Ländern. mehr...

Bundesministerium der Justiz: Digitale Rechtsantragstelle erhält Preis für gute Verwaltung

[13.11.2024] Das Projekt Digitale Rechtsantragstelle des Bundesministeriums der Justiz wurde jetzt mit dem Preis für gute Verwaltung ausgezeichnet. Diese Initiative erleichtert den Zugang zum Recht, indem sie digitale Unterstützung für Bürgerinnen und Bürger bei der Antragstellung bietet. mehr...

Illustration, die Gericht, Justiz, Rechtssprechung symbolisiert. Gezeigt werden unter anderem eine Waage und mehrere Buchbände.

Brandenburg: Digitale Transformation der Justiz kommt voran

[12.11.2024] Brandenburg hat seit 2019 bedeutende Fortschritte in der Digitalisierung der Justiz erzielt. Die E-Akte ist nahezu flächendeckend eingeführt, Sitzungssäle werden mit moderner Technik ausgestattet und zukunftsweisende Projekte wie KI-Anwendungen und digitale Normverkündung vorangetrieben. mehr...

Illustration: Computerbildschirm, zwei Personen in einer Videokonferenz.

Videokonferencing: Verpflichtungsgesetz wird modernisiert

[11.11.2024] Einen Entwurf zur Modernisierung des Verpflichtungsgesetzes hat das Bundeskabinett beschlossen. Ziel ist, förmliche Verpflichtungen für Verwaltungsbeschäftigte, die keine Amtsträger sind, digital und ohne Präsenztermin zu ermöglichen – zur Straffung und Vereinheitlichung des Verfahrens. mehr...

Die Ministerin der Justiz und für Migration Marion Gentges (links) beim Test der Hard- und Software auf der Landesmesse in Stuttgart.

Baden-Württemberg: Zweite juristische Staatsprüfung wird digital

[08.11.2024] In Baden-Württemberg kann die Zweite juristische Staatsprüfung ab Dezember 2024 auch digital geschrieben werden. Auf der Landesmesse in Stuttgart konnten Interessierte die Hard- und Software der neuen E-Prüfung bereits vorab testen. mehr...