BundKabinett verabschiedet Gigabitstrategie
Das Bundeskabinett hat die vom Bundesminister für Digitales und Verkehr, Volker Wissing, vorgelegte Gigabitstrategie verabschiedet. Im März hatte Wissing vor dem Bundestag die Eckpunkte der Gigabitstrategie vorgestellt (wir berichteten). Aus diesen Eckpunkten sowie Branchengesprächen und Gesprächen mit den Ländern wurde die Gigabitstrategie entwickelt.
Diese sieht vor, dass es bis zum Jahr 2030 flächendeckend Glasfaseranschlüsse bis ins Haus und den neuesten Mobilfunkstandard überall dort geben soll, wo Menschen leben, arbeiten oder unterwegs sind. In einem ersten Schritt sollen bis Ende 2025 die Glasfaseranschlüsse verdreifacht werden. Dann könnte mindestens jeder zweite Haushalt Glasfaser nutzen. Mit der Gigabitstrategie sollen die passenden Rahmenbedingungen geschaffen werden, um die wachsende Dynamik beim Glasfaser- und Mobilfunkausbau in Deutschland zu unterstützen, erklärte der Bundesminister unter Verweis darauf, dass die Telekommunikationsbranche in den kommenden Jahren allein in den privatwirtschaftlichen Glasfaserausbau 50 Milliarden Euro investieren wolle.
Schnelle, digitale Genehmigungsverfahren
In der Gigabitstrategie formuliert die Bundesregierung konkrete Maßnahmen, wie sie ihre Ziele erreichen will. So sind die Bundesländer aufgefordert, bis Ende 2022 Genehmigungsverfahren zu erleichtern und zu vereinheitlichen. Dazu gehören aus Sicht der Bundesregierung unter anderem die Errichtung temporärer Mobilfunkmasten ohne Baugenehmigung, die Vereinheitlichung landesgesetzlicher Vorgaben zur baurechtlichen Verfahrensfreiheit von Mobilfunkmasten sowie die Vereinheitlichung der landesgesetzlich vorgegebenen Grenzabstände von Mobilfunkmasten und -antennen und der Anbauverbotsabstände an Straßen.
Ein digitaler Antrag soll die Genehmigungsverfahren für den Gigabitausbau beschleunigen und vereinheitlichen. Derzeit sind nach Angaben des Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) bundesweit 12.000 verschiedene Behörden mit unterschiedlichen Anforderungen und Formularen mit der Bearbeitung solcher Anträge befasst, die bis zu vier Monate dauern kann. Mit dem digitalen Antrag gibt es einen standardisierten und einheitlichen Prozess. Über das digitale Antrags- und Genehmigungsportal der Länder Hessen und Rheinland-Pfalz, dessen Entwicklung das BMDV unterstützt, können Kommunen und Netzbetreiber schon jetzt Anträge zum Gigabitausbau stellen. Ab Ende 2022 soll es auch allen anderen Bundesländern zur Verfügung stehen.
Verlegepraxis vereinfachen
Die neue Gigabitstrategie des Bundes sieht auch vor, die praktischen Umsetzungsmöglichkeiten oberirdischer Verlegemethoden in Pilotprojekten zu erproben. Auch die Prozesse zur Normung und Standardisierung alternativer Verlegetechniken sollen unterstützt sowie der Einsatz so genannter mindertiefer Verlegeverfahren geprüft werden. Davon erhofft sich der Bund mehr Akzeptanz bei Kommunen und Unternehmen der Baubranche.
Die Bundesnetzagentur soll zudem ein so genanntes Gigabit-Grundbuch aufbauen, das die relevanten Informationen für einen beschleunigten Glasfaser- und Mobilfunkausbau gesichert bündeln, nutzerspezifisch verknüpfen und verfügbar machen soll (wir berichteten). Zu den dort zu hinterlegenden Informationen gehören etwa vorhandene digitale Infrastrukturen und Versorgungsgrade, Ausbauvorhaben sowie verfügbare Liegenschaften und Infrastrukturen. Es wird außerdem geprüft, wie etwa ein Portal für Markterkundungsverfahren sowie ein Ausbaumarktplatz mit Angebotsmöglichkeiten für private Liegenschaften integriert werden können.
Förderung nach Maß
Fragen einer wettbewerbs- und verbraucherfreundlichen Migration von Kupfer- auf Glasfasernetze werden nach Einschätzung des Bundes schnell an Bedeutung gewinnen. Mit dem im März 2021 eingerichteten Gigabitforum stellt die Bundesnetzagentur eine Plattform bereit, auf der alle relevanten Fragen des Übergangsprozesses erörtert werden können.
Eine vom Bund beauftragte Potenzialanalyse soll den Ländern bis Ende 2022 konkrete Ergebnisse liefern, wo in den kommenden Jahren privatwirtschaftlicher Ausbau möglich ist und wo unter Umständen Förderbedarf besteht. Das bewährte Förderverfahren soll beibehalten bleiben, um den Kommunen Planungssicherheit zu geben. Eine laufende Evaluierung der Fördermaßnahmen soll verhindern, dass die staatliche Förderung den privatwirtschaftlichen Ausbau verdrängt.
Das Saarland hatte mit seiner Gigabitstrategie vom April 2022 ebenfalls ein konkretes Konzept vorgelegt, mit dem eigenwirtschaftlicher Ausbau und Förderung verzahnt werden sollen (wir berichteten). Der Digitalisierungsminister des Saarlandes, Jürgen Barke, begrüßte die Zielrichtung des Bundes ausdrücklich. In der Landes- wie in der Bundesstrategie sollte eigenwirtschaftlicher Ausbau Vorrang haben. Der Eigenausbau solle nur dort mit einer Förderung ergänzt werden, wo die Anbieter eine Versorgung aus eigener Kraft nicht leisten können, so Barke. Gleichzeitig sei sehr zu begrüßen, dass es keine künstliche Beschränkung der Förderkulisse geben werde.
Kurskorrekturen bereits eingeplant
Nachhaltigkeit soll beim weiteren Aufbau der digitalen Infrastruktur berücksichtigt werden. Der Bund will dazu unter anderem ein Gütesiegel mit klaren Kriterien für nachhaltige Breitbandnetze einführen und Unternehmen Maßnahmen an die Hand geben, wie sie die Infrastruktur nachhaltig und resilient ausbauen können. Auch ein Ideenwettbewerb für klimaneutrale Mobilfunkmasten wird angekündigt.
Aber auch hinsichtlich künftiger Einsatzszenarien – insbesondere für den Mobilfunkstandard 5G – will der Bund innovative Lösungen fördern. So sollen Unternehmen, Kommunen und öffentliche Einrichtungen Blaupausen erhalten, die das Potenzial und die Einsatzmöglichkeiten von 5G verdeutlichen; Digitalmanager in den Landkreisen sollen vor Ort 5G-Projekte anstoßen und umsetzen.
Um die Umsetzung der Gigabitstrategie nachzuhalten, soll ein neuer Bund-Länder-Staatssekretärsausschuss geschaffen werden. Dieser soll sich mindestens vier Mal im Jahr treffen, um die Umsetzung der Gigabitstrategie zu überprüfen und Anpassungen vorzunehmen. Ein institutionalisierter Branchendialog soll die Kooperation zwischen Staat und Markt bei der Beschleunigung des Ausbaus verbessern.
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