Nationaler NormenkontrollratJahresbericht 2020

[26.10.2020] Der Nationale Normenkontrollrat hat seinen Jahresbericht 2020 vorgelegt. Unter dem Titel „Krise als Weckruf“ deckt er unter anderem Missstände bei der Modernisierung und Digitalisierung der Verwaltung auf.
Der Nationale Normenkontrollrat übergibt den Jahresbericht 2020 an Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Der Nationale Normenkontrollrat übergibt den Jahresbericht 2020 an Bundeskanzlerin Angela Merkel.

(Bildquelle: Bundesregierung / Sandra Steins)

Krise als Weckruf: Verwaltung modernisieren, Digitalisierungsschub nutzen, Gesetze praxistauglich machen – unter dieser Überschrift steht der Jahresbericht 2020, den jetzt der Nationale Normenkontrollrat (NKR) an Bundeskanzlerin Angela Merkel überreicht hat. Als unabhängiges Kontrollgremium ziehe der NKR darin Bilanz zu den geprüften Gesetzentwürfen der Bundesregierung sowie zum Bürokratieabbau und zur Digitalisierung der Verwaltung. Außerdem enthält der Bericht Vorschläge des NKR für weniger Bürokratie, darunter Vereinfachungen im Steuerrecht und Maßnahmen zur Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren. Denn: „Bürokratieabbau wirkt wie ein Konjunkturpaket zum tarif“, erklärt der NKR-Vorsitzende Johannes Ludewig. Im letzten Jahr habe die Bundesregierung mit dem Dritten Bürokratieentlastungsgesetz richtige Maßnahmen auf den Weg gebracht. Die Entwicklung der Kostenbelastung aus laufendem Erfüllungsaufwand war laut NKR mit minus 13 Prozent rückläufig. Zugleich seien aber viele Gesetze beschlossen worden, die hohe einmalige Kosten verursachen und die Unternehmen damit vor erhebliche Herausforderungen stellen. „Hohe Umstellungsaufwände und einmalige Belastungen trüben das Bild“, erläutert Ludewig. „Weitere Vorschläge für weniger Bürokratie liegen seit Monaten auf dem Tisch.“ Unnötige Bürokratie und immer noch zu langsame Verfahren hindern Unternehmen zu oft daran, geplante Investitionen schnell umzusetzen. „Das kann sich Deutschland nicht leisten, schon gar nicht in der aktuellen Krise. Deshalb brauchen wir weitere Verbesserungen für Planungs- und Genehmigungsverfahren und bei sich anschließenden Gerichtsverfahren. Andere Länder zeigen, dass es geht“, sagt Ludewig.

Krise deckt Rückstände auf

Ein weiteres Thema im Bericht: Die Digitalisierung der Verwaltung. Seit Jahren mahne der NKR, dass die Verwaltung konsequent modernisiert und digitalisiert werden muss. Nun habe die Corona-Pandemie den erheblichen Rückstand bei Digitalisierung und Verwaltungsmodernisierung auf allen staatlichen Ebenen offengelegt. „Viele Probleme bei der Bewältigung der Pandemie wären vermeidbar gewesen“, konstatiert Ludewig. „Ich denke zum Beispiel an viel zu langsame Meldewege bei Gesundheitsbehörden. Faxgeräte und Papierverfahren waren und sind teilweise noch Bremsen bei der Krisenbewältigung.“ Zugleich verdeutliche die Pandemie die Schlüsselrolle der Verwaltung. Eine Lehre aus der Krise müsse deshalb sein, die Verwaltungsmodernisierung stärker in den Vordergrund zu rücken. „Bürger und Unternehmen erwarten eine leistungsfähige Verwaltung. Sie muss Stresssituationen bewältigen können und auch in Krisenzeiten auf allen Ebenen, aber auch zwischen Bund, Ländern und Kommunen funktionieren. Das Thema Verwaltungsmodernisierung gehört dauerhaft auf die Agenda der Bundesregierung. Zu einer solchen nachhaltigen ‚Initiative Moderne Verwaltung’ hat der NKR konkrete Vorschläge vorgelegt und in seinem Jahresbericht erläutert “, sagt Johannes Ludewig. Bislang sieht der NKR nur unüberschaubare Fortschritte bei der Verwaltungsdigitalisierung. „Wir reden seit Jahren über digitale Verwaltungsdienstleistungen, intelligent vernetzte Behördenregister und digitaltaugliche Gesetze. Dass Bund und Länder diese Hausaufgaben nicht gemacht haben, zeigt sich bei der wirtschaftlichen Krisenbewältigung: Die Soforthilfen hätten die Unternehmen schneller erreichen können, ihr Missbrauch wäre weitgehend vermeidbar gewesen – mit konsequenter Digitalisierung und modernen, vernetzten Registern. Wir brauchen ein digitales Unternehmenskonto.“ Zugleich sieht der NKR relevante Bereiche, in denen die Bundesregierung in der Krise zügig flexible Lösungen ermöglicht hat – so etwa beim digitalen Antrag auf Kurzarbeitergeld. „Diesen Digitalisierungsschub müssen wir nutzen“, ermuntert Ludewig.

Regelbrüche in der Rechtsetzung

Der NKR rügt darüber hinaus den den häufigen Regelbruch der Bundesregierung, wenn es um die bessere Rechtsetzung geht. „Mangelnde Transparenz, zu kurze Beteiligungsfristen, fehlender Praxistest – schon vor der Corona-Krise hat die Bundesregierung ihre eigenen Verfahrensregeln zu oft missachtet“, sagt der NKR-Vorsitzende. Der NKR fordere die Rückkehr zu regulären Verfahren und Konsultationen. Ignoriert die Bundesregierung die Erfahrungen aus der Praxis, führt das laut NKR zu oft zu bürokratischen Regeln. Im schlimmsten Fall seien sie wirkungslos oder sogar schädlich. Die Liste entsprechend kritischer NKR-Stellungnahmen sei im letzten Jahr besonders lang gewesen. „Beispiel Grundrente: Unter Missachtung nahezu aller Grundsätze für eine bessere Rechtsetzung hat die Bundesregierung ein außerordentlich bürokratisches Verfahren mit hohen Folgekosten geschaffen, ohne relevante Alternativen ausreichend geprüft zu haben. Das darf sich nicht wiederholen“, so Ludewig. Der NKR-Jahresbericht enthält weitreichende Vorschläge zur nachhaltigen Verbesserung bei der Vorbereitung gesetzlicher Regelungen. Das Leitmotiv lautet hier: „Erst der Inhalt, dann die Paragrafen.“





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