Serie OZGIm Verbund vernetzt

[10.10.2019] Der Portalverbund soll den Online-Zugriff auf Verwaltungsdienste unabhängig vom Standort der Nutzer und der föderalen Ebene ermöglichen. Seine Realisierung stellt jedoch aufgrund der Vielfalt von Lösungen und Technologien eine große Herausforderung dar.
Der Weg zum Portalverbund

Der Weg zum Portalverbund, der den Bürgerservice verbessert, ist kein leichter.

(Bildquelle: Julien Eichinger/stock.adobe.com)

Online-Portale sind der virtuelle Eingang ins Rathaus. Eltern, die Elterngeld beantragen, oder Unternehmen, die ein Gewerbe anmelden möchten, soll künftig ein leichter Einstieg in die Behördenwelt via Internet ermöglicht werden. Mit wenigen Klicks können sie ihre Anliegen und Ansprüche digital geltend machen. Das Onlinezugangsgesetz (OZG) sieht hierzu neben der Digitalisierung von rund 575 Verwaltungsdienstleistungen im Rahmen des Digitalisierungsprogramms bis Ende 2022 auch den Zusammenschluss aller Verwaltungsportale zu einem Portalverbund vor. Dazu werden die Portale von Bund, Ländern und Kommunen interoperabel vernetzt, sodass sie unabhängig vom Standort des Nutzers und von der föderalen Ebene, die er betritt, erreichbar sind. Jeder Online-Dienst soll von jedem Verwaltungsportal des Verbunds aufgerufen werden können.
„Ziel ist es, alle kommunalen und Länderverwaltungsportale so intelligent zu vernetzen, dass Nutzer unterbrechungsfrei zwischen ihnen navigieren und Leistungen über wenige Klicks abrufen können“, erklärte unlängst der IT-Beauftragte der Bundesregierung, Klaus Vitt. Der Bund hatte im Herbst vergangenen Jahres unter https://beta.bund.de/ eine Betaversion seines Portals gestartet, das bereits mit den Landesportalen von Hamburg, Berlin, Bayern und Hessen verknüpft ist und auf dortige Informationen zugreifen kann. Die übrigen Bundesländer sollen folgen. Gibt man im Bundesportal etwa Elterngeld und als Ort Berlin ein, erhält man detaillierte Angaben zum Verfahren, den notwendigen Unterlagen, Ansprechpartnern vor Ort und den Gebühren. Wählt man den direkten Weg über das Berliner Landesportal (https://service.berlin.de) werden ganz ähnliche Angaben und Hinweise zum Elterngeldrechner und der digitalen Beantragung beim Bundesfamilienministerium angezeigt.

Grundgesetzänderung für Portalverbund

Dem Bund war der Portalverbund so wichtig, dass dafür sogar der Grundgesetz-Artikel 91c, Absatz 5 geändert wurde. Im Juni 2017 hat der Bund die Gesetzgebungskompetenz für den übergreifenden IT-Zugang zu den Verwaltungsleistungen von Bund, Ländern und Kommunen erhalten. Im Gegenzug hat er die Bundesländer mit finanziellen Mitteln zur Umsetzung des Portalverbunds und des Digitalisierungsprogramms ausgestattet.
Voraussetzung für einen funktionierenden Portalverbund ist eine stabile IT-Infrastruktur, die eine reibungslose Nutzung gestattet. Die vorhandenen oder im Aufbau befindlichen Portale werden derzeit entsprechend auf- und ausgerüstet. Portale haben eine Türfunktion, indem sie den Zugang von außen ermöglichen. Die Bearbeitung der Bürgeranliegen erfolgt weiterhin innerhalb der Verwaltung mit speziellen Fachverfahren. Diese müssen miteinander kommunizieren und Daten austauschen können, wenn etwa, wie beim Elterngeld, Daten von verschiedenen Behördenstellen abgefragt werden. Die IT-Architektur sieht vor, dass sämtliche Portale im Verbund durch ein Online-Gateway verknüpft sind und über Nutzerkonten und Postfächer verfügen. Doch damit nicht genug: Auch die Anforderungen der EU sind zu erfüllen – beispielsweise die Umsetzung der Verordnung zum Single Digital Gateway (SDG), die Bürgern und Unternehmen einen einfachen und schnellen Zugang zu wichtigen Verwaltungsleistungen innerhalb Europas garantiert. So soll es etwa möglich werden, von Deutschland aus ein Gewerbe in Spanien anzumelden.

Herausforderung Heterogenität

In den Bundesländern und Kommunen sind bereits unterschiedliche Portaltechnologien im Einsatz oder werden derzeit entwickelt. Bayern beispielsweise ist mit dem Bürgerservice-Portal der Anstalt für Kommunale Datenverarbeitung in Bayern (AKDB) aktuell in 1.300 Kommunen vertreten – auch weil die Lösung den Kommunen kostenfrei angeboten wird. Bremen, Hamburg, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein werden derzeit für die Online-Service-Infrastruktur (OSI) fit gemacht, eine von IT-Dienstleister Dataport entwickelte Digitalisierungsplattform, auf der Länder und Kommunen ihre Dienstleistungen online bereitstellen. Nordrhein-Westfalen hat mit dem selbstkonzipierten Servicekonto.NRW eine Technologie im Einsatz, die sich als Authentifizierungsdienst in vorhandene Portale oder Online-Dienste einbinden lässt, aber bewusst keine übergreifende Portallösung darstellt. Eine Lösung des Konstanzer Software-Anbieters Seitenbau wiederum kommt als Amt24 in Sachsen und als service-bw in Baden-Württemberg zum Tragen.
Bei dieser Vielfalt an Lösungen und Technologien in Bundesländern und Kommunen stellt die Vernetzung zu einem Portalverbund eine große technologische und organisatorische Herausforderung dar. Die Auffindbarkeit von Informationen und Diensten über Portal- und Technologiehürden hinweg soll das Online-Gateway ermöglichen. Hierfür soll jedes Portal alle Informationen zu Leistungen sowie Links zu Online-Services aus dem eigenen Zuständigkeitsbereich einem übergeordneten Verzeichnisdienst zur Verfügung stellen. Ein Prototyp des Online-Gateways mit der Komponente „Suchen und Finden“ war für Herbst 2018 vom IT-Planungsrat angekündigt, lässt aber bis heute auf sich warten.

Große Aufbruchstimmung

Um Online-Dienste über ein Portal nutzen zu können, ist ein Service- oder Nutzerkonto notwendig, für das sich Bürger und seit Kurzem auch Unternehmen, also juristische Personen, registrieren können. Ein Nutzerkonto gehört zu einer Person, beziehungsweise zu den Vertretungsberechtigten eines Unternehmens, und enthält zunächst dessen Stammdaten. Online-Dienste können sich selbsttätig die nötigen persönlichen Daten aus dem Servicekonto holen, damit der Nutzer sie nicht ständig neu eingeben muss. Anmeldung und Identifizierung erfolgen – je nach Anliegen und Sicherheitsstufe – per Benutzer-Passwort-Kombination, per Online-Ausweisfunktion oder per Software-Zertifikat. Hier ist das Steuerzertifikat von ELSTER im Gespräch. Ein Postfach, das ebenfalls zu den Basisdiensten eines Portals gehört, erlaubt es, mit der zuständigen Verwaltungsstelle zu kommunizieren und von dieser gesichert und geschützt Dokumente zu erhalten. Auch Bezahldienste wie die von Bund und Ländern entwickelte ePayBL gehören zu den Portalen, um einen medienbruchfreien Workflow zu ermöglichen.
Wie beim Digitalisierungsprogramm sind auch beim Portalverbund die Arbeiten momentan in vollem Gange. Bundes-CIO Klaus Vitt schätzt: „Bis Deutschland Ende 2022 eine rundum nutzerfreundliche und effiziente Verwaltung hat, sind noch einige Herausforderungen zu bewältigen.“ Unter den Entwicklern von Portallösungen herrscht, wie in den Digitalisierungslaboren, eine große Aufbruchstimmung – und ein bisschen Wettbewerb. Kommunen haben die Wahl zwischen den Anbietern und können sich Bürgerportale für ihre Anforderungen und Belange quasi maßschneidern lassen.

Helmut Merschmann




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