VideokonferenzenHorch und Guck

[16.07.2020] Die Berliner Datenschutzbeauftragte hat eine Kurzprüfung von Videokonferenzdiensten vorgenommen und dabei datenschutzrechtliche Mängel aufgedeckt, die eine rechtskonforme Nutzung der Dienste unmöglich machen.

In Zeiten der Corona-Pandemie haben sich auf beruflicher Ebene Videokonferenzen durchgesetzt, mit deren Hilfe das Gebot der sozialen Distanz einzuhalten war. Zoom, Cisco Webex, Google Meet, GoToMeeting oder die Microsoft-Produkte Teams und Skype hielten Einzug in Unternehmen und Behörden. Von Anfang an war ihr Einsatz von datenschutzrechtlichen Bedenken geprägt. Jetzt hat die Berliner Datenschutzbeauftragte Maja Smoltczyk eine Kurzprüfung veranlasst, die zu dem Ergebnis kommt, dass eine rechtskonforme Nutzung der Dienste nicht möglich ist. Die Datenschutzbeauftragte hat die Verantwortlichen in Berlin aufgefordert, Videokonferenzdienste nur zu nutzen, wenn mit den Anbietern von den Standardbedingungen abweichende Vereinbarungen getroffen werden können.
Insbesondere personenbezogene Daten spielen bei der Durchführung von Videokonferenzen eine Rolle, da das gesprochene Wort Informationen über einzelne Personen enthalten kann. Darüber hinaus fallen bei der Durchführung von Videokonferenzen auch Daten über die Teilnehmer, die Zeit und den Ort an. Ein wesentliches Risiko bestehe darin, dass bei einer Videokonferenz unbefugt mitgehört oder die Inhalte aufgezeichnet und weiterverwendet werden könnten. Dieser Vorwurf ging insbesondere an die Adresse von Zoom, wo es anfangs tatsächlich möglich war, sich in fremde Videokonferenzen einzuwählen. Der Fehler wurde mit einem Zugangscode zunächst behoben.

Umfängliche Übersicht

Die Berliner Datenschützerin hatte bereits Anfang April 2020, als zahlreiche Arbeitgeber ihre Angestellten ins Homeoffice geschickt hatten, einen Leitfaden zu sicheren Videokonferenzen veröffentlicht und darin unter anderem vor Zoom und den Microsoft-Produkten gewarnt. Nach Protesten von Microsoft wurde der Leitfaden zunächst von der Website entfernt, um nach einer Überprüfung des inhaltlichen Änderungsbedarfs unverändert wieder zu erscheinen.
Anfang Juli ist nun im Rahmen einer Kurzprüfung eine umfängliche Übersicht über die Videokonferenzdienste erschienen, inklusive Zuweisung von farbigen Ampeln, ob sie den rechtlichen und technischen Vorgaben entsprechen. Keiner der 17 überprüften Videodienste hat eine grüne Unbedenklichkeitsampel erhalten. Stattdessen hat die Berliner Datenschutzbeauftragte eine Überprüfung von Auftragsverarbeitungsverträgen empfohlen und hierzu auch Empfehlungen abgegeben. Die Anbieter müssten nach der europäischen Datenschutz-Grundverordnung vollständig weisungsgebunden arbeiten und dürften personenbezogene Daten nicht zu eigenen Zwecken oder Zwecken Dritter weiterverarbeiten. Dies ist vor allem bei US-Videokonferenzanbietern wohl weitgehend ausgeschlossen.
Für die Durchführung von datenschutzkonformen Videokonferenzen ist auch eine Checkliste erschienen, anhand derer Unternehmen und Behörden prüfen können, ob eine Telefonkonferenz nicht ausreicht, ob ein eigener Dienst mit Open Source Software mit „verhältnismäßigem Aufwand“ bereitgestellt werden kann oder ob eine Lösung eines EU-Anbieters mit Server-Standort im europäischen Wirtschaftraum verfügbar ist. Datenschutzbeauftragte Smoltczyk appelliert an Berliner Verantwortliche: „Auch in dieser Zeit einer extrem beschleunigten und teilweise auch überstürzten Digitalisierung der Arbeitswelt muss der Schutz personenbezogener Daten immer mitgedacht werden.“

Helmut Merschmann




Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: IT-Sicherheit
Zwei Print-Ausgaben des sächsischen Datenschutzberichts für 2024 liegen nebeneinander auf einem Tisch.

Sachsen: SDTB-Tätigkeitsbericht 2024

[17.04.2025] Die Datenschutzbeauftragte des Freistaats Sachsen hat ihren Tätigkeitsbericht für 2024 vorgelegt. Häufige Probleme betrafen fehlerhafte Webseiten, unzulässige Datenverarbeitung in Behörden und Defizite beim Umgang mit Auskunftsersuchen. mehr...

BfDI: 33. Tätigkeitsbericht vorgestellt

[15.04.2025] Die BfDI Louisa Specht-Riemenschneider hat ihren ersten Tätigkeitsbericht vorgelegt. Sie fordert mehr Beratung für KI-Projekte sowie einen anwendbaren Datenschutz und kündigt an, Missstände bei der Umsetzung der Informationsfreiheit stärker zu adressieren. mehr...

BSI/ZenDiS: Sichere Softwarelieferketten

[11.04.2025] Software besteht mitunter aus tausenden Einzelkomponenten – eine komplexe Softwarelieferkette. Deren Sicherheit ist ein wichtiges Element von IT-Sicherheit und digitaler Souveränität. ZenDiS und BSI zeigen nun in einem Strategiepapier samt Umsetzungsplan, wie die Überprüfung automatisiert werden kann. mehr...

Michael Waidner, CEO von ATHENE; Antonio Krüger, CEO des DFKI und Mira Mezini, Direktoriumsmitglied von ATHENE nebeneinander an einem Tisch.

ATHENE/DFKI: Gemeinsam forschen für Cybersicherheit und KI

[07.04.2025] Das Nationale Forschungszentrum für angewandte Cybersicherheit ATHENE und das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) vereinbaren eine enge Zusammenarbeit in der Forschung zur Cybersicherheit von und durch Methoden der Künstlichen Intelligenz. mehr...

BSI/AWS: Kooperation für souveräne Cloud

[27.03.2025] Gemeinsam mit Amazon Web Services (AWS) will das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) Cloudstandards entwickeln, um die Sicherheit digitaler Infrastrukturen zu erhöhen. mehr...

Tobias Keber übergibt den Datenschutzbericht 2024 an Landtagspräsidentin Muhterem Aras.

Baden-Württemberg: Tätigkeitsbericht zum Datenschutz 2024 vorgelegt

[26.03.2025] Der Landesdatenschutzbeauftragte Baden-Württemberg, Tobias Keber, hat seinen Tätigkeitsbericht 2024 vorgelegt. Schwerpunkte waren die Beratung zu KI und Datenschutz – insbesondere auch für die Verwaltung –, die Umsetzung europäischer Vorgaben sowie die Beteiligung an Gesetzesvorhaben. mehr...

Symbol Cloud Computing, Hand tippt auf digitale Wolke

Cloud Computing: BSI und Schwarz Digits kooperieren

[21.03.2025] Mit einer Analyse der Angebote verschiedener Cloud-Provider trägt das BSI den mit Cloud Computing verbundenen Risiken sowie geopolitischen Entwicklungen Rechnung. Kooperationsverträge bilden den Rechtsrahmen, um eingehende technische Prüfungen durchzuführen. Nun wurde eine solche Vereinbarung mit Schwarz Digits geschlossen. mehr...

v.l.: Thomas Caspers, designierter BSI-Vizepräsident; Friederike Dahns, BMI-Abteilungsleiterin Cyber- und Informationssicherheit; Claudia Plattner, BSI-Präsidentin; Gerhard Schabhüser, scheidender BSI-Vizepräsident.

BSI: Schabhüser geht, Caspers kommt

[25.02.2025] Gerhard Schabhüser scheidet nach sieben Jahren als BSI-Vizepräsident aus, Nachfolger wird Thomas Caspers. In seiner Abschiedsrede forderte Schabhüser eine stärkere Rolle des BSI, etwa als Zentralstelle für Cybersicherheit in Bund und Ländern sowie als Marktaufsicht für den Cyber Resilience Act. mehr...

Bundesverwaltung: Wie steht es um die digitale Souveränität?

[17.02.2025] Die Bundesregierung berichtet über IT-Beschaffung und digitale Souveränität bei der Bundesverwaltung. Die genauen Details unterliegen Geheimhaltungsinteressen – die Regierung verweist jedoch unter anderem auf das OZG 2.0, Forschungs- und Förderprogramme und die geplante Vergabereform. mehr...

Hamburg: Kooperation mit dem BSI

[11.02.2025] Neue Technologien und eine zunehmende Digitalisierung der Verwaltung erhöhen die Anforderungen an die Abwehr von Cybergefahren. Die Freie und Hansestadt Hamburg und das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik haben nun eine Kooperationsvereinbarung unterzeichnet. mehr...

Eine Reihe von Flaggenmasten mit EU-Flaggen vor einer modernen Fassade.

Cyber Resilience Act: Stackable in Expertengruppe berufen

[15.01.2025] Das schleswig-holsteinische Unternehmen Stackable wurde von der Europäischen Kommission in die Expertengruppe zum Cyber Resilience Act aufgenommen. Die Gruppe soll die Umsetzung der Verordnung zur Cybersicherheit in der EU unterstützen. mehr...

Eine Reihe von Flaggenmasten mit EU-Flaggen vor einer modernen Fassade.

IT-Sicherheitsdienstleister: Schneller zum BSI-Zertifikat

[06.01.2025] Das BSI hat einige Zertifizierungsverfahren für IT-Sicherheitsdienstleister modernisiert, um sie zu beschleunigen. Solche Zertifikate sind für den Einsatz im öffentlichen Sektor verpflichtend, bieten aber auch Unternehmen im freien Markt Vorteile. mehr...

Schloss mit Schlüsselloch als Symbol für IT-Sicherheit

Baden-Württemberg/Bayern/Hessen: Kooperation für starke IT-Sicherheit

[11.12.2024] Die Cybersicherheitsagentur Baden-Württemberg, das bayerische Landesamt für Sicherheit in der Informationstechnik und Hessens CyberCompetenceCenter bündeln ihre Kräfte. Gemeinsam wollen sie eine schlagkräftige Allianz für mehr IT-Sicherheit bilden. mehr...

In Blautönen gehaltenes 3D-Rendering eines Vorhängeschlosses mit Schlüsselloch, überlagert von einer Schaltplan-Struktur.

Sachsen: Tausende Cyberattacken auf Landesbehörden

[02.12.2024] Der Jahresbericht Informationssicherheit bilanziert den Stand der Cybersicherheit in der sächsischen Verwaltung. Angriffe auf Behörden nehmen demnach zu – so wurde rund die Hälfte der eingehenden Mails blockiert. Maßnahmen wie die NIS2-Umsetzung und eine 24/7-Bereitschaft beim SAX.CERT stärken den Schutz. mehr...

Claudia Plattner (l.), Präsidentin des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), und Bundesinnenministerin Nancy Faeser präsentieren den Bericht zur Lage der IT-Sicherheit in Deutschland.

BSI: Bericht zur Lage der IT-Sicherheit

[12.11.2024] Die Bedrohungslage bliebt angespannt, die Resilienz gegen Cyberangriffe aber ist gestiegen. Das geht aus dem aktuellen Bericht zur Lage der IT-Sicherheit in Deutschland hervor, den das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) nun vorgestellt hat. mehr...