Schleswig-HolsteinErsetzendes Scannen erfolgreich eingeführt
Als erste Landesverwaltung ist es Schleswig-Holstein gelungen, auf Ministerialebene die BSI TR-RESISCAN mit der Schutzbedarfsfeststellung ‚hoch‘ für die rechtssicher ersetzende Digitalisierung der papierbasierten Eingänge mit einer Selbstzertifizierung umzusetzen. Seit dem 1. Juli 2020 kann in zwei Schriftgutstellen im produktiven Betrieb rechtssicher ersetzend gescannt werden. Das Pionierprojekt ‚Aufbau einer Schriftgutstelle (SGS) zum rechtssicheren ersetzenden Scannen (SGS-dDocuScan-SH)‘ in einer Landesverwaltung wurde somit erfolgreich beendet. Der Aufbau spezialisierter Schriftgutstellen (SGS), die sämtliche Prozesse der Verarbeitung papiergebundener Postobjekte unter Beachtung der BSI TR-RESISCAN durchführen, wurde im Innen- und Sozialministerium abgeschlossen. Am Projekt beteiligt waren das Digitalisierungsministerium mit dem Zentralen IT-Management der Landesregierung, das Innenministerium, das Sozialministerium sowie Dataport als zentraler IT-Dienstleister für die Landesverwaltung Schleswig-Holstein.
Projektziel war es, die Empfehlungen des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zum rechtssicheren Scannen (BSI Technische Richtlinie 03138 RESISCAN – TR-RESISCAN) in Schleswig-Holstein im Rahmen der verbindlichen E-Akte-Einführung in der Landesverwaltung im Rahmen einer Selbstzertifizierung umzusetzen. Von der Postvorbereitung sollte der zu etablierende Prozess in einer abgesicherten, weitgehend automatisierten Umgebung bis in die revisionssichere E-Akte-Infrastruktur führen. Dabei sollte der Beweiswerterhalt des Papieroriginals soweit wie möglich für die digitale Fassung erhalten bleiben.
Entwicklung und Pilotbetrieb
2015 hat die Projektentwicklung und der Pilotbetrieb einer Schriftgutstelle im Innenministerium unter der Leitung von Klaus Moseleit, Verfahrensverantwortlicher E-Akte im Innenministerium, und Eckhard Lübcke, Gesamtprojektleiter für die ressortübergreifende E-Akte-Einführung in der Landesverwaltung, begonnen. 2016 kam das Sozialministerium als weitere Pilot- und Referenztestumgebung hinzu.
Das Ergebnis der damaligen Risikoanalyse für das Scan-Gut eines Innenministeriums war die Schutzbedarfsfeststellung ‚hoch‘. Damit lagen die Anforderungen aus der TR-RESISCAN deutlich höher als bei dem beispielsweise für Kommunen angewendeten Schutzbedarf ‚normal‘. Auch wenn die Einstufung ‚hoch‘ nur für einen Teil der Eingänge zutraf, wurde aus organisatorischen und finanziellen Gründen entschieden, die Scan-Prozesse nicht in zwei Prozesse mit aufwendiger inhaltlicher Vorprüfung aufzuteilen. Kommunen können für ihren Schutzbedarf ‚normal‘ auf eine Blaupause zurückgreifen, welche die Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement (KGSt) mit dem BSI und kommunalen Vertretern erarbeitet hat. Für die dem Projekt in Schleswig-Holstein gestellten Anforderungen gab und gibt es bis heute nichts Vergleichbares. Erfahrungen aus Verwaltungs- und IT-Sicht zur Umsetzung der BSI TR-RESISCAN mit farbigem Scannen und der automatisierten Einbindung des E-Akte-Verfahrens mit dem Schutzbedarf ‚hoch‘ lagen bundesweit nicht vor, sodass hier Pionierarbeit geleistet werden musste.
Organisatorische und personelle Maßnahmen
Vielfältige organisatorische und personelle Maßnahmen begleiteten die technischen Umsetzungen, um die TR-RESISCAN-Anforderungen auf Ministerialebene erfüllen zu können. Als technische Basis der Verfahrensabläufe wurde der Dataport-Grundservice dDocuScan (für einfaches Scannen) auf die speziellen Belange der Landesverwaltung Schleswig-Holstein hinsichtlich der automatisierten Überführung gescannter Unterlagen in die elektronische Posteingangsakte (E-Akte-Verfahren VIS) aufgebaut und gemäß der Zielstellung angepasst. Auf Grundlage umfänglicher Konzeptionierungen und IT-seitiger Anpassungen des Dataport-Grundservices und der passenden Schnittstellenprogrammierung seitens der E-Akte wurde das spezifische Verfahren SGS-dDocuScan-SH für das rechtssichere ersetzende Scannen entwickelt.
Zahlreiche Herausforderungen
Um ein rechtssicheres und ersetzendes Scannen mit dem Schutzbedarf ‚hoch‘ zu ermöglichen und dabei den Beweiswerterhalt soweit wie möglich zu erhalten, galt es im Projekt zahlreiche Herausforderungen zu meistern.
Beispielsweise sollte farbtreu gescannt und in die E-Akte übertragen werden, sodass bei der Übertragung des Papieroriginals auf ein digitales Original der weitestgehend mögliche Beweiswertübergang erreicht wird. Dazu wurde das Konzept der Nutzung von ICC-Farbprofilen (International Color Consortium) aus dem Druckerei-Workflow für Farbkonsistenz über verschiedene Geräte und Software-Lösungen in das Verfahren implementiert.
Außerdem kommen für den Scan-Prozess gesonderte Trennblätter mit Barcodes zum Einsatz, die steuernde Informationen und Basisinformationen zum Papieroriginal enthalten. So kann auf das Aufbringen von Barcodes auf dem Papieroriginal verzichtet werden, das Papieroriginal wird vor dem Scannen nicht verändert. Eine weitere Komponente für die Beweiswerterhaltung ist das vollständige Scannen inklusive aller Leerseiten in einer schreibgeschützten, revisionssicher gespeicherten Bilddatei. So wird sichergestellt, dass auch nach der Vernichtung der Papieroriginale nachgewiesen werden kann, dass die entsprechenden Seiten tatsächlich leer waren. Gleichzeitig wurde durch eine parallele Erstellung einer weiteren OCR-texterkannten PDF-Datei ohne Leerseiten die nutzungsfreundliche Aktenbearbeitung und die Vorgaben des Gesetzes zum digitalen Rechtsverkehr erfüllt. Treiber verschiedenster Geräte mussten mit der zentralen Scan-IT-Infrastruktur harmonisiert und in die IT-Struktur eingepasst werden.
Prüfbar sichergestellt
Es musste darüber hinaus technisch und organisatorisch prüfbar sichergestellt werden, dass alle Digitalisate aus der Behörde vollständig ins E-Akte-Verfahren der Behörde überführt werden. Dazu mussten die Protokollmöglichkeiten aller Komponenten analysiert, angepasst und miteinander synchronisiert werden.
Die Prozesse – von der Scan-Vorbereitung über das Scannen selbst bis hin zur Validierung und die räumliche Ausgestaltung vom Sichtschutz bis zur Zugangskontrolle unter Einhaltung des Arbeitsschutzes – mussten für die Schriftgutstelle in der Landesbehörde entwickelt und umgesetzt werden.
Es galt außerdem rechtssicher festzulegen, welche Papieroriginale vom Scan-Prozess auszunehmen sind und wie mit dem Postgeheimnis und Datenschutzaspekten umgegangen werden soll.
Um sicher zu stellen, dass alle Inhalte eines Postobjekts, das in einer Landesbehörde eingeht, digitalisiert werden können, wurden wiederum entsprechende Geräte getestet und in den Prozess integriert, sodass jetzt von der Visitenkarte bis zur Planungskarte alle Posteingänge in die E-Akte gescannt werden können.
Aufbewahrungsfrist für Papieroriginale
Um alle in Gesetzen und Verordnungen noch enthaltenen Vorgaben zur Möglichkeit des Abgleichs von Papieroriginal mit dem Digitalisat erfüllen zu können und keine unterschiedlichen Fristen zu haben, wurde die Aufbewahrungsfrist für die Papieroriginale auf die längste in einer Rechtsvorschrift vorgegebene Frist auf sechs Monate festgelegt. Nach dieser Frist werden die Papierfassungen rechtssicher vernichtet.
Da es immer noch Rechtsvorschriften gibt, die bei einzelnen Dokumenten eine Papierfassung vorschreiben, werden diese zwar ebenfalls in der SGS gescannt, danach jedoch in einer Rest-Zentralregistratur entsprechend der gesetzlichen Vorgaben aufbewahrt.
Schließlich wurden in Schleswig-Holstein alle Konzepte, Kontrollverfahren und Handlungsanweisungen erstellt, die für die zentralen Verfahrenskomponenten gemäß TR-RESISCAN notwendig sind und es wurden für die beiden Ministerien die diesen Bereich betreffenden Dokumente inklusive der ressortspezifischen BSI-Anlage P aus TR-RESISCAN erstellt.
Selbstzertifizierung gemäß Empfehlungen
Auf Basis der umfangreichen Dokumentation, der ressortspezifischen BSI-Anlage P und den dortigen Verfahrensanweisungen erfolgte die Selbstzertifizierung, wie sie gemäß den Empfehlungen des BSI zum rechtssicheren Scannen (BSI Technische Richtlinie 03138 RESISCAN – TR-RESISCAN) vorgesehen ist: „Durch eine definierte Konformitätsprüfung können Anwender oder Anbieter von Scan-Dienstleistungen einen dokumentierten Nachweis darüber erbringen, dass ihre Prozesse und Systeme für das ersetzende Scannen die hier aufgestellten technischen und organisatorischen Anforderungen nach dem jeweils gewählten Modul erfüllen. Eine nachgewiesene Konformitätsbestätigung und ein darüber erteiltes Zertifikat des BSI kann für Vergabeverfahren vom Bedarfsträger als Leistungskriterium herangezogen werden. Neben einer Zertifizierung kommen je nach Anwendungsfall auch Eigenerklärungen von Scan-Dienstleistern oder auch Anwendern in Betracht. Die TR dient somit insgesamt als praxisorientierter Handlungsleitfaden für die Ordnungsmäßigkeit eines Scan-Prozesses ohne eine damit verbundene Verpflichtung zur Zertifizierung.“
Die Umsetzung zum rechtssicheren ersetzenden Scannen bettet sich als wichtiger Baustein in die verbindliche E-Akte-Einführung in der Landesverwaltung Schleswig-Holstein und die Digitalisierungsstrategie der Landesregierung ein.
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