WBGUDigitalisierung und Nachhaltigkeit

[22.10.2019] Eine Charta zu Nachhaltigkeitszielen in der Digitalisierung hat der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU) vorgelegt.

Der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU) hat sich für eine Nachhaltigkeitsstrategie bei der Gestaltung des digitalen Wandels ausgesprochen und entsprechende Forderungen an die Politik gerichtet. Mit einem Politikpapier „Ein europäischer Weg in unsere gemeinsame digitale Zukunft“ anlässlich der EU-Ratspräsidentschaft Deutschlands im zweiten Halbjahr 2020 drängt er auf eine enge Verzahnung von digitalem Wandel und Nachhaltigkeitszielen.
Die Wissenschaftler des WBGU fordern eine strategische Verankerung digitaler Themen in der EU-Nachhaltigkeitspolitik. Derzeit sehen sie in der Digitalpolitik einen falschen Fokus auf kurzfristig orientierte wirtschaftliche Aspekte, die bei der Förderung und Nutzung digitaler Technologien vorherrschen, gerade auch im Wettbewerb mit den USA und China. Die Experten fordern dagegen, ökologische und soziale Ziele gleichrangig zu wirtschaftlichen zu behandeln. Die europäische Digitale Agenda, die Strategie für Künstliche Intelligenz (KI) der EU-Kommission oder das Programm Digitales Europa böten sich hierfür an. So könnten etwa sozial und ökologisch ausgerichtete Digitalunternehmen und Start-ups bei einer Förderung besser berücksichtigt werden.
Der Beirat spricht sich ebenso für eine Weiterverwendung privatwirtschaftlich erhobener Daten aus, um diese für gesellschaftliche Ziele nutzbar zu machen. So könnten Zugang und Weiterverwendung nicht-personenbezogener Daten aus der Wirtschaft „digitalisierte (Wissens-)Güter“ schaffen. Deutschland könne hierbei eine Vorreiterrolle einnehmen. Gedacht wird etwa an Satellitenaufnahmen und Bodendaten, die für landwirtschaftliche Anwendungen allgemein verfügbar sein sollen.

Nachhaltigkeitsgipfel gefordert

Darüber hinaus empfiehlt der Beirat der EU und den Mitgliedstaaten, ihre digitale Infrastruktur öffentlich-rechtlich zu organisieren und zu gewährleisten. Die Grundvorsorge der Bevölkerung (Wasser, Strom, Telekommunikation) solle auf digitale Gemeingüter erweitert werden. In Betracht kämen beispielsweise eine europäische öffentlich-rechtliche Suchmaschine als Alternative zu Google und Bing oder eine EU-weite Mobilitätsplattform für Sammeltaxis oder Elektro-Leihräder. Der Beirat hat sich auch zur Forschungsförderung und zur Infrastruktur für ländliche Räume geäußert und spricht sich für einen Nachhaltigkeitsgipfel aus: „Auch international sollte die EU die Verzahnung von Nachhaltigkeit und Digitalisierung vorantreiben. Sie sollte einen Gipfel zu „Nachhaltigkeit im Digitalen Zeitalter“, zum Beispiel symbolisch 30 Jahre nach dem Erdgipfel in Rio für das Jahr 2022, initiieren, der Weichen zur notwendigen Fortschreibung der Nachhaltigkeitsagenda bis 2030 und darüber hinaus stellt. Ein Ergebnis dieses Gipfels könnte die Verabschiedung einer Charta für ein nachhaltiges digitales Zeitalter sein.“ Ein Entwurf der Charta liegt bereits vor.

Helmut Merschmann




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