GesetzentwurfDigitalisierung der Justiz voranbringen

[11.03.2024] Per Gesetz will die Bundesregierung die Digitalisierung der Justiz voranbringen. Der entsprechende Entwurf soll die elektronische Kommunikation und somit auch die Verwaltungsabläufe in diesem Bereich erleichtern. Ebenso werden der Umstieg auf die E-Akte und Videokonferenzen thematisiert.
Blau hinterlegte, stilisierte Darstellung einer Waage, verschwommen dahinter die Umrisse einer Hand, die mit dem Zeigefinger in Richtung des Waagesymbols tippt.

Ein Gesetzentwurf zur weiteren Digitalisierung der Justiz liegt vor.

(Bildquelle: alexandersikov/123rf.com)

Einen Gesetzentwurf zur weiteren Digitalisierung der Justiz hat jetzt die Bundesregierung beschlossen. Das Bundesministerium der Justiz (BMJ) macht hier insbesondere auf die Vereinfachung digitaler Strafanträge und der elektronischen Kommunikation, auf den erleichterten Umstieg auf die E-Akte sowie die Teilnahme an Revisionshauptverhandlungen per Videokonferenz aufmerksam. 

Strafanträge können bislang nur schriftlich oder elektronisch über einen sicheren Übermittlungsweg gestellt werden. Künftig soll ein Strafantrag auch per E-Mail oder Online-Formular möglich sein, wenn die Identität der antragstellenden Person und ihre Bitte um Verfolgung der Straftat eindeutig erkennbar werden. Auch bei anderen Erklärungen im Strafverfahren, etwa zur Einwilligung in eine DNA-Identitätsfeststellung, soll künftig eine Unterschrift entbehrlich sein. Laut BMJ werde dadurch ein Ausdrucken und Wiedereinscannen vermieden.

An gleich mehreren Stellen soll die elektronische Kommunikation für Erleichterung sorgen. Beispielsweise könne die Anwaltschaft Anträge oder Erklärungen ihrer Mandantinnen und Mandanten künftig als Scan an die Gerichte übermitteln. Zwar ist sie seit dem Jahr 2022 zum elektronischen Einreichen von Schriftsätzen an das Gericht verpflichtet. Sofern allerdings für eine Erklärung ihrer Mandantinnen und Mandanten verfahrensrechtlich die Schriftform angeordnet ist, reicht sie diese in der Regel in Papierform ein. Künftig soll es laut BMJ ausreichen, dass ein Anwalt oder eine Anwältin beispielsweise den unterschriebenen Insolvenzantrag ihres Mandanten als eingescanntes Dokument an das Gericht übermittelt.

Veränderte Rahmenbedingungen

Mit dem Gesetz soll des Weiteren die Kündigung durch einen elektronischen Schriftsatz – die so genannte Schriftsatzkündigung – ermöglicht werden. Bislang erfüllen empfangsbedürftige Willenserklärungen, die in elektronisch an das Gericht übermittelten Schriftsätzen enthalten sind, häufig nicht die Anforderungen an materielle Schriftformerfordernisse, erklärt das BMJ. Künftig soll die Schriftform als gewahrt gelten, wenn sie in einem Schriftsatz als elektronisches Dokument bei Gericht eingereicht und dem Empfänger übermittelt wird.

Ferner soll die digitale Rechnungsstellung von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten erleichtert werden: Indem auf eine Unterzeichnung der Berechnung verzichtet werde, können Rechnungen ohne Medienbrüche elektronisch erstellt und übermittelt werden.

Ebenfalls soll die Kommunikation von Unternehmen mit der Justiz erleichtert werden. Dazu soll das Organisationskonto des Unternehmens nach dem Onlinezugangsgesetz (OZG) an das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach angebunden werden können. Hierfür soll auch das Identifizierungsverfahren ELSTER zugelassen werden, heißt es in dem Gesetzentwurf.

Und auch im Insolvenz- und Restrukturierungsrecht sollen die Möglichkeiten der elektronischen Kommunikation erweitert werden. Zudem soll die Unterhaltung eines elektronischen Gläubigerinformationssystems zur Pflicht in allen Insolvenzverfahren werden.

Hybridaktenführung und Videokonferenzen

Ab dem 1. Januar 2026 müssen alle neu angelegten Akten in der Justiz elektronisch geführt werden. Hybridakten sind bislang nicht erlaubt. Künftig sollen jedoch verschiedene Formen der Hybridaktenführung ermöglicht werden, damit bereits angelegte Papierakten elektronisch weitergeführt werden dürfen. Das soll ressourcenintensive Scan-Arbeiten zur Digitalisierung der Aktenbestände vermeiden und einen Umstieg auf die elektronische Akte erleichtern, erklärt das BMJ.

Ressourcenschonend soll sich auch die Teilnahme per Videokonferenz an der strafgerichtlichen Hauptverhandlung im Revisionsverfahren auswirken. Allen Verfahrensbeteiligten soll diese Möglichkeit offen stehen, sofern sie dies beantragen. Dadurch würden nicht nur zeitintensive Anreisen vermieden. Die Hauptverhandlung könne auch flexibler terminiert und durchgeführt werden.

„Im Bereich der Digitalisierung der Justiz sind wir bereits viele Schritte gegangen“, lautet das Resümee vom Bundesjustizminister Marco Buschmann. „Dies ist ein weiterer Schritt hin zur Erleichterung der Kommunikations- und Verwaltungsabläufe. Wer zum Beispiel über eine Internetwache eine Strafanzeige stellt, kann den Strafantrag gleich digital miterledigen. Und auch die digitale Kommunikation zwischen Mandanten, Anwaltschaft und Gerichten wird künftig weiter erleichtert. Hiervon werden die Bürgerinnen und Bürger ebenso wie die Justiz profitieren.“





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