PortalverbundDigitale Zugangstore
Die zentrale Rechtsvorschrift für den Portalverbund bildet das Onlinezugangsgesetz des Bundes (OZG) aus dem Jahr 2017. Dieses wurde auf Grundlage der Grundgesetzänderung (Art. 91c Abs. 5 GG) im gleichen Jahr erlassen. Zur Umsetzung des OZG hat der IT-Planungsrat im Juni 2018 einen OZG-Umsetzungskatalog beschlossen, der 575 Verwaltungsleistungen enthält und stetig fortentwickelt werden soll. Im Oktober 2018 hat auch der europäische Gesetzgeber den Verbundgedanken im Bereich der Digitalisierung aufgegriffen und die Verordnung (EU) 2018/1724 über die Einrichtung eines einheitlichen digitalen Zugangstors erlassen (Single Digital Gateway, SDG-VO).
Mit dem Portalverbund werden die Entwicklungslinien der Digitalisierung und der Stärkung des Verbundgedankens zusammengeführt. Nach § 2 Abs. 1 OZG handelt es sich beim Portalverbund um eine technische Zusammenführung der Verwaltungsportale von Bund und Ländern, über den der Zugang zu Verwaltungsleistungen auf unterschiedlichen Portalen angeboten wird. Ziel des Portalverbunds ist es nach § 3 Abs. 1 OZG, dass die Nutzer über alle Verwaltungsportale von Bund und Ländern einen barriere- und medienbruchfreien Zugang zu den elektronischen Verwaltungsleistungen dieser Verwaltungsträger erhalten. Allerdings sind die Verwaltungsleistungen lediglich „auch“ elektronisch über Verwaltungsportale anzubieten. Daraus folgt, dass die herkömmlichen Zugangswege (etwa postalisch oder über ein Bürgerbüro) auch weiterhin offenstehen müssen.
Europäisches Pendant zum Portalverbund
Einen mit dem Portalverbund nach dem OZG vergleichbaren Ansatz verfolgt die Europäische Union mit der Einrichtung des einheitlichen digitalen Zugangstors. Dieses besteht aus einer von der Kommission verwalteten gemeinsamen Nutzerschnittstelle, welche in das bereits vorhandene Portal „Ihr Europa“ integriert wird und Zugang zu den einschlägigen Websites der Union und der Mitgliedstaaten verschafft.
Das OZG verfolgt das Konzept einer möglichst umfassenden Reichweite des Portalverbunds. Erfasst werden gemäß § 1 Abs. 1 OZG zunächst alle Verwaltungsebenen. Die kommunale Ebene wird zwar neben dem Bund und den Ländern nicht explizit benannt. Die Kommunen sind staatsorganisationsrechtlich jedoch den Ländern zuzurechnen. Die Einbeziehung der kommunalen Ebene ist aus verwaltungswissenschaftlicher Sicht zu begrüßen, weil die Kommunen oftmals die erste Anlaufstelle für Bürger und Unternehmen sind. Teilweise wird zwar in der Einbeziehung der kommunalen Ebene ein Verstoß gegen das Aufgabenübertragungsverbot (Art. 84 Abs. 1 S. 7 GG) gesehen. Allerdings ist diese Bestimmung hier nicht einschlägig. Soweit man dies nicht bereits aus einer verdrängenden Spezialitätswirkung des Art. 91c Abs. 5 GG ableitet, sind jedenfalls die Voraussetzungen des Art. 84 Abs. 1 S. 7 GG in der Sache nicht erfüllt. Denn danach müssten den Kommunen materielle Verwaltungsaufgaben mit Außenwirkung übertragen werden. Gewisse Grenzen setzt jedoch die Garantie kommunaler Selbstverwaltung nach Art. 28 Abs. 2 GG.
SDG-VO erfasst auch die kommunale Ebene
Während dies beim innerstaatlichen Portalverbund zumindest nicht unumstritten ist, wird die kommunale Ebene vom einheitlichen digitalen Zugangstor nach der SDG-VO unzweifelhaft erfasst. So nimmt bereits Erwägungsgrund Nr. 16 der Verordnung neben der regionalen Ebene explizit Bezug auf die lokale Ebene. Zudem definiert Art. 3 Nr. 4 der Verordnung als „zuständige Behörde“ neben den mitgliedstaatlichen Behörden auf nationaler und regionaler Ebene auch solche auf lokaler Ebene.
Auch in sachlicher Hinsicht zielt das OZG auf eine umfassende Lösung ab. So beschränkt sich das Gesetz nicht auf die Zusammenführung vorhandener Online-Angebote, sondern erstreckt sich auch auf die Schaffung künftiger Online-Angebote. Lediglich die für einen Online-Zugang ungeeigneten Verwaltungsleistungen sollen nach der Entstehungsgeschichte ausgenommen werden. Aufgriffen werden die erfassten Verwaltungsleistungen im OZG-Umsetzungskatalog: In diesem werden die OZG-Leistungen für Bürger und Unternehmen aufgelistet, die jeweils nach Themenbereichen untergliedert sind.
Demgegenüber verfolgt die SDG-VO einen anderen Regelungsansatz. Im Unterschied zur generalklauselartigen Formulierung des OZG (Verwaltungsleistungen) werden die von der Verordnung erfassten Leistungen und Bereiche in den drei Anhängen aufgelistet. Von besonderer praktischer Bedeutung sind hier die von Art. 6 der Verordnung erfassten Verfahren, welche in Anhang II zur VO genannt werden.
Verwirklichung von Binnenmarktrechten
Der Portalverbund nach dem OZG ist bis spätestens zum Ablauf des fünften auf die Verkündung des OZG folgenden Kalenderjahres umzusetzen, und damit bis zum 31. Dezember 2022. Im Gegensatz dazu sieht Art. 39 der SDG-VO abweichende Fristen vor: Viele Bestimmungen der Verordnung treten bereits zum 12. Dezember 2020 in Kraft, darunter die Einrichtung des Zugangstors, der Zugang von Informationen sowie der Zugang zu Hilfs- und Problemlösungsdiensten. Allerdings tritt Art. 6 der Verordnung, welcher den Zugang zu Verfahren nach Anhang II regelt und letztlich das Kernstück des Europäischen Portalverbunds bildet, erst am 12. Dezember 2023 und damit nach der Umsetzungsfrist für den Portalverbund nach dem OZG in Kraft.
Die zuvor aufgezeigten Pflichten sind grundsätzlich strikt ausgestaltet. Es besteht also kein Ermessen. Der Entstehungsgeschichte des OZG lässt sich jedoch entnehmen, dass mit den dort genannten Pflichten kein subjektives Recht der Bürger und Unternehmen korrespondiert, welches vor den Verwaltungsgerichten eingeklagt werden könnte. Die Wahrung der (objektiven) Rechtmäßigkeit verbleibt daher Aufgabe der jeweiligen Aufsichtsbehörden.
Anders verhält es sich mit dem einheitlichen digitalen Zugangstor nach der SDG-VO. Diese ist nicht nur insgesamt ausgerichtet auf Bürger und Unternehmen, sondern betont mehrfach die Verwirklichung von Binnenmarktrechten. Daher sprechen gute Gründe dafür, dass mit dieser Verordnung auch subjektive Rechte der Bürger und Unternehmen auf einen Online-Zugang zu den erfassten Verwaltungsleistungen eingeräumt werden sollen.
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