ReqPOOLDas „digitale Amt“ reicht nicht
Das Management-Beratungsunternehmen ReqPOOL, das sich unter anderem mit Themen der Software-Strategie, -Beschaffung und -Innovation sowie mit der technologischen Transformation befasst, hat sich mit einem ausführlichen kritischen Statement zum Stand der Digitalisierung in Deutschland zu Wort gemeldet.
Viele politische Entscheidungen während der aktuellen Krisen machten einen eher willkürlichen Eindruck, so ReqPOOL. Eine Datenbasis fehle. Als Beispiele angeführt werden die Zahlen im Impf-Dashboard des Robert Koch-Instituts, deren Genauigkeit in Frage steht und der Zustand der Bundeswehr, der zunächst „analysiert“ werden müsse. Gleichzeitig seien Kontakte mit der Verwaltung für Bürger und Unternehmen in vielen Fällen – ob Antrag auf Staatshilfe, Sozialleistungen oder einen Personalausweis – aufwendig und langwierig. Als Grund nennt ReqPOOL eine mangelnde Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung. Deutschland hänge hinterher und sei für die Zukunft nicht gewappnet.
Bei der bisherigen Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes (OZG) seien die eigentlichen Chancen der Digitalisierung nicht hinreichend genutzt worden. Zwar arbeiteten Kommunen und staatliche Verwaltungen daran, viele Prozesse digital zu ermöglichen. Doch bliebe dies Stückwerk, so die Einschätzung von Sven Jung, Manager Public Sector Deutschland bei ReqPOOL. Es müsse „ganzheitlich gedacht werden“, statt bisherige Prozesse digital nachzubilden und somit lediglich ein „digitales Amt“ – statt des papierbasierten – zu schaffen. Gefragt sei eine Kultur der Dienstleistung und der strategischen Vernetzung von Daten, Informationen und Zielvorgaben.
Zukunftsfeste technologische Lösungen dringend benötigt
Die aktuellen Krisen hätten gezeigt, dass Entscheidungen künftig schneller getroffen werden müssten. Auch die Wirtschaft werde durch langwierige Ausschreibungsverfahren, monatelange Prüfungen und ausbleibende Genehmigungen ausgebremst. Es nütze nichts, wenn ein Antrag digital eingereicht wird. Es müsse auch unmittelbar digital entschieden werden – in Kenntnis aller Faktoren und Rahmenbedingungen, erläutert Jung. Notwendig sei dazu „die selbstfahrende Organisation“, so der Software-Experte. Das Nutzen moderner, KI-basierter Software und intelligenter Algorithmen, die autonom und unmittelbar entscheiden, müsse das eigentliche Ziel sein.
Spätestens in den 2030er-Jahren werden KI-basierte, selbstlernende und weitgehend selbstentscheidende Systeme Alltag und gelebte Praxis sein, prognostiziert ReqPOOL. Die Diskrepanz zwischen der Wirtschaft und dem Staat werde nicht mehr einzuholen sein, wenn sich öffentliche Verwaltungen weiterhin so langsam entwickelten wie bisher. Deutschland werde gegenüber anderen Staaten weiter an Substanz verlieren und nicht mehr aufholen können. Daher müssten Verwaltungen und öffentliche Unternehmen jetzt anfangen, sich zu modernisieren und dürften nicht beim „digitalen Amt“ stehen bleiben. Ganzheitlich gedachte, intelligente Software-Systeme und -Architekturen böten die einmalige Chance, die Verwaltung bürgernäher, effizienter, transparenter und entscheidungsvalider werden zu lassen. Die „selbstfahrende Organisation“ brauche eine strategische Perspektive und einen raschen Modernisierungsprozess der IT-Landschaft, der sofort beginnen müsse.
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