Digital-RankingHamburg vor Berlin und Bayern
Wie digital sind Deutschlands Bundesländer? Darauf gibt der neue Bitkom Länderindex eine Antwort. An der Spitze steht nach Angaben des Hightech-Verbands Bitkom der Stadtstaat Hamburg, dahinter folgen Berlin und Bayern. Mit mehr als 1.200 Datenpunkten erfasst und qualifiziert das neue Digitalranking die Bundesländer in den Bereichen „digitale Wirtschaft“, „digitale Infrastruktur“, „Governance & digitale Verwaltung“ sowie „digitale Gesellschaft“. Hamburg erreiche 73,5 von 100 möglichen Punkten, das zweitplatzierte Berlin 71,5 Punkte. Bayern folge mit etwas Abstand und 66,9 Punkten, auf Platz 4 im Gesamt-Ranking stehe Baden-Württemberg (64,5 Punkten). Schlusslichter seien Mecklenburg-Vorpommern (53,2 Punkte), Sachsen-Anhalt (52,2 Punkte) und Thüringen (49,6 Punkte). „Mit dem Bitkom Länderindex werden die 16 Bundesländer in puncto Digitalisierung vergleichbar gemacht“, sagt Bitkom-Präsident Ralf Wintergerst. „Vor allem geht es darum, dass wir Fortschritte und Defizite in der Digitalpolitik der 16 Länder identifizieren und vergleichbar machen. Wo gibt es Best Practices? Was können die Länder voneinander lernen? Wo brauchen wir mehr Tempo bei der Digitalisierung? Diese und andere Fragen können wir jetzt beantworten.“
Index zeigt Stärken und Schwächen auf
Die vier Kategorien des Bitkom Länderindex machen laut dem Verband die sehr unterschiedlichen Stärken und Schwächen der Bundesländer deutlich. „Es zeigen sich enorme Unterschiede zwischen den digital führenden Ländern und den Nachzüglern“, so Ralf Wintergerst. „Aber die meisten Länder erzielen in einzelnen Bereichen Top-Werte.“ Hamburg beispielsweise sei in den Kategorien digitale Infrastruktur und digitale Verwaltung spitze, erreiche in der Kategorie „digitale Gesellschaft“ aber nur Platz elf. Berlin punkte vor allem in der Kategorie digitale Wirtschaft.
Auch jenseits der Stadtstaaten gehören Länder in einzelnen Kategorien zu den Vorreitern: So liegt laut Bitkom etwa Mecklenburg-Vorpommern in der Kategorie digitale Gesellschaft auf dem ersten Platz. Schleswig-Holstein belege beim Ausbau der digitalen Infrastruktur einen für ein Flächenland hervorragenden zweiten Platz. Sachsen – im Gesamtranking auf Platz acht – liege in der Kategorie „Governance & digitale Verwaltung“ auf Platz drei: Hier können die Bürgerinnen, Bürger und Unternehmen überdurchschnittlich viele Verwaltungsdienstleistungen online erledigen. Das Saarland als kleinstes deutsches Flächenland erreicht im Bereich „digitale Gesellschaft“ den zweiten Platz – unter anderem durch Maßnahmen im schulischen Bereich.
Stadtstaaten besser als Flächenländer
Wie der Bitkom Länderindex weiter zeigt, korrelieren bestimmte Aspekte mit einer guten oder negativen Platzierung im Ranking. So liegen Stadtstaaten oder Länder mit einer hohen Bevölkerungsdichte tendenziell vorn. Auch ein hohes Bruttoinlandsprodukt pro Kopf sowie eine hohe Anzahl von Unternehmen und Hochschulen im Land lassen sich insbesondere in Ländern mit einem hohen Digitalisierungsgrad feststellen. Die alten Bundesländer erreichen im Durchschnitt einen Indexwert von 63 Punkten, die neuen Länder einen Wert von 54 Punkten.
Die drei Stadtstaaten kommen im Durchschnitt auf 68 Punkte, die Flächenländer hingegen nur auf 58 Indexpunkte. „Dass in den dichtbesiedelten Stadtstaaten leichter Glasfasernetze ausgebaut oder mit Mobilfunkmasten schneller eine hohe 5G-Abdeckung erzielt werden kann, liegt auf der Hand. Gleichwohl zeigen Länder wie Schleswig-Holstein oder auch Niedersachsen, dass der Ausbau durch politische Maßnahmen auch in Flächenländern entscheidend vorangebracht werden kann“, betont Ralf Wintergerst. „Zwar gibt es bestimmte strukturelle Merkmale, die Fortschritte bei der Digitalisierung begünstigen – vor allem aber sind politischer Wille und Durchsetzungskraft entscheidend.“
So wirken sich ein Digitalministerium oder ein regelmäßig tagendes Digitalkabinett ebenso positiv auf den Digitalisierungsgrad aus wie ein Digitalcheck für neue Gesetze, über den aktuell acht Länder verfügen. Auch geht es überall dort schneller voran, wo eine politische Digitalstrategie durch eine zentrale Stelle im Land umgesetzt und mit einem öffentlich einsehbaren Monitoring überwacht wird. „Die Länder hängen nicht vom Bund oder der EU ab, sie haben die Digitalisierung selbst in der Hand“, bilanziert Wintergerst.
OZG-Vorgaben umsetzen
Um etwa im Bereich „digitale Wirtschaft“ voranzukommen, empfiehlt der Bitkom den Ländern unter anderem die Schaffung und Stärkung von Ökosystemen für Innovation und Gründung. Im Bereich „digitale Infrastruktur“ komme es vor allem darauf an, den Bund-Länder-Pakt zur Planungs- und Genehmigungsbeschleunigung zügig umzusetzen und Maßnahmen zum beschleunigten Mobilfunk- und Glasfaserausbau in den Landesbauordnungen zu verankern. Unverzichtbar ist nach Ansicht des Bitkom zudem, eine eigenständige Digitalzuständigkeit auf Landesebene zu schaffen. Der CDO oder CIO eines Landes sollte sich dabei ausschließlich um Digitalisierungsthemen kümmern und keine weiteren Zuständigkeiten übertragen bekommen. Zentral sei außerdem die Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes. „Die Länder müssen die Finanzierung der Verwaltungsdigitalisierung auch bei angespannter Haushaltslage sicherstellen“, so Bitkom-Präsident Wintergerst. Mit Blick auf das Scheitern des OZG-Änderungsgesetzes im Bundesrat Ende März 2024 sei die schnelle Schaffung eines mehrheitsfähigen Kompromisses mit Substanz dringend notwendig. „Bei der Digitalisierung der Verwaltungen müssen Bund, Länder und Kommunen viel stärker als bisher an einem Strang ziehen“, fordert Wintergerst. „Dabei können die Länder auch voneinander lernen. Das digitale Rad muss nicht immer wieder neu erfunden werden.“
Mit Blick auf die Ergebnisse des Länderindex begrüßt der Bitkom insbesondere die neu geschaffene Digitalministerkonferenz der Länder (DMK), die sich demnächst zur konstituierenden Sitzung zusammenfindet. „Die DMK muss die Kooperation und Koordination der digitalpolitischen Themen der Länder entscheidend voranbringen. Um diese wichtige Aufgabe zu erfüllen, sollte die DMK nach innen ambitioniert und nach außen selbstbewusst auftreten“, so Wintergerst. „Für einen starken und wettbewerbsfähigen Wirtschaftsstandort Deutschland brauchen wir gleichwertige Verhältnisse im ganzen Land, gerade auch in der Digitalisierung.“
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