OZG 2.0Zentralisierung als Hemmnis oder Chance?

[26.03.2024] Wie wird das Scheitern des OZG-Änderungsgesetzes im Bundesrat eingeordnet? Während Schleswig-Holstein die Novelle aufgrund der entstandenen Belastungen für Länder und Kommunen klar ablehnt, sprachen Thüringen und der Bitkom von der Bedeutung der dort verankerten zentralen Lösungen und Standards für die Verwaltungsdigitalisierung.
Symbolbild: ein unsortierter Haufen weißer Paragrafenzeichen, dazwischen ein hellblaues.

Wie geht es jetzt weiter mit OZG 2.0 und der Digitalisierung der Verwaltung?

(Bildquelle: sdecoret/123rf.com)

In der vergangenen Woche hat sich der Bundesrat mit der Novelle des 2017 erlassenen Onlinezugangsgesetzes befasst. Dabei hat das OZG-Änderungsgesetz (OZGÄndG) in der Länderkammer keine Mehrheit gefunden und wurde auch nicht an den Vermittlungsausschuss übergeben. Die Reaktionen darauf fallen unterschiedlich aus.

Schleswig-Holsteins Digitalisierungsminister Dirk Schrödter weist darauf hin, dass sein Land bei Umsetzung des Änderungsgesetzes gezwungen wäre, seine „existierenden und funktionell besseren Infrastrukturen zugunsten einer zentralen Bundeslösung abzuschalten“ – und das, obwohl es Möglichkeiten gäbe, solche Infrastrukturen interoperabel aufzubauen. Dies sei auch bereits vor Jahren zwischen Bund und Ländern gemeinsam beschlossen worden. Für das Land und die schleswig-holsteinischen Kommunen wäre die Umsetzung des OZG 2.0 in seiner jetzigen Form ein enormer Rückschritt bei der Modernisierung und digitalen Transformation der öffentlichen Verwaltung, heißt es in einer Meldung aus Schleswig-Holstein. Auch die finanziellen Auswirkungen des OZG-Änderungsgesetzes seien weiterhin völlig unklar und belasten Länder und Kommunen einseitig – ohne deren Beteiligungsrechte zu wahren.

Der Bund habe es seit Sommer vergangenen Jahres leider versäumt, mit den Ländern auf Augenhöhe über die geänderten Inhalte des OZG 2.0 zu kommunizieren. „Wir erwarten vom Bund substanzielle Änderungen am vorgelegten Entwurf“, betonte Schrödter. Es sei niemandem vermittelbar, wenn von den dereinst zwischen Bund und Ländern im IT-Planungsrat einvernehmlich vereinbarten Interoperabilitätsstandards abgewichen und die Abschaltung bestehender IT-Landesinfrastrukturen wie etwa des OZG-Nutzerkontos verlangt würde.

Standards als Beschleuniger der Verwaltungsdigitalisierung

Thüringen hingegen sieht in der im OZG-Änderungsgesetz vorgesehenen konsequenteren Standardisierung und Zentralisierung von elektronischen Anwendungen Hebel, welche die notwendige Verwaltungsdigitalisierung hätten beschleunigen können, wie aus einer Meldung des Finanzministeriums hervorgeht. Das Gesetz hätte nach Ansicht des Thüringer CIO Hartmut Schubert einen wichtigen Beitrag zu effizienten Verwaltungsstrukturen leisten können. „Da hätte man weiter anpacken und die neuen Möglichkeiten konsequent nutzen können: mehr Zentralisierung und mehr gemeinsame Standards im Sinne von Bürgerinnen und Bürgern und Unternehmen“, so Schubert. Insbesondere in Abstimmung mit dem IT-Planungsrat könnten solche zentralen Standards große Wirkung entfalten. So habe das Gremium erst kürzlich wichtige Weichen für eine gelingende Standardisierung gestellt, indem eine engere Abstimmung mit wichtigen Partnern wie dem DIN vereinbart worden war. Auch die vorgesehene BundID als zentrale Lösung stehe beispielhaft für eine wegweisende Strategie zu mehr Einheitlichkeit und Einfachheit für die Nutzer. „Wir wären mit dem OZG 2.0 aus der Komplexitätsfalle gekommen“, sagte der Thüringer CIO.

Erneut betonte der Thüringen-CIO auch die Bedeutung von Open Source für eine zukunftsfähige Verwaltungsdigitalisierung. Die entsprechend vorgesehenen Regelungen im Gesetz wären ein großer Wurf gewesen. Er fordert jedoch auch Konsequenzen für das Vergaberecht: „Wir müssen in Deutschland endlich den Open-Source-Vorrang im Vergaberecht verankern.“ Thüringen hat einen Open-Source-Vorrang bereits in das E-Government-Gesetz und in das Thüringer Vergabegesetz geschrieben. Nun hoffe man auf die Unterstützung der Bundesregierung, da das Gesetz ansonsten nicht wie dringend notwendig und erhofft in Kraft treten könne, schloss der CIO.

Bitkom für zentrale Lösungen

Auch der Digitalverband Bitkom hat sich zum Scheitern des OZG-Änderungsgesetzes geäußert. Bei der Digitalisierung der Verwaltung gehe es gerade darum, dass Bund, Länder und Kommunen stärker als bisher an einem Strang ziehen, so der Verband. Daher sei die Ablehnung der Länder im Bundesrat – trotz einiger Schwachpunkte, die das Gesetz gehabt habe – eine schlechte Nachricht.

Der Verband befürwortet die im OZG 2.0 vorgesehenen zentral bereitgestellten und gemeinsam genutzten Basiskomponenten als Möglichkeit zu einer „wichtigen Weichenstellung für eine echte digitale Verwaltung“. Mit der verpflichtenden Durchsetzung von Standards und offenen Schnittstellen sowie einem Rechtsanspruch auf digitale Bundesleistungen „hätte der Bund dafür sorgen können, dass das digitale Rad auf kommunaler Ebene nicht immer wieder neu erfunden wird“, so der Bitkom.

„Jetzt kommt es darauf an, dass die Bundesregierung rasch den Vermittlungsausschuss einberuft und Bund und Länder einen mehrheitsfähigen Kompromiss finden. Was wir uns nicht leisten können ist, die Digitalisierung der Verwaltung im föderalen und parteipolitischen Zank auf die lange Bank zu schieben“, sagt Susanne Dehmel, die Mitglied der Bitkom-Geschäftsleitung ist.





Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Politik

Berlin: Eckpunkte für Digitalcheck

[21.11.2024] Die Eckpunkte für die Einführung eines Digitalchecks hat der Berliner Senat beschlossen. Der Geschäftsbereich der Chief Digital Officer soll jetzt ein Konzept inklusive eines vorgeschalteten Pilotvorhabens erarbeiten. mehr...

Diagramm zur OZG-Rahmenarchitektur

IT-Planungsrat: Der OZG-Rahmenarchitektur einen Schritt näher

[20.11.2024] In seiner Herbstsitzung hat der IT-Planungsrat das in einem breit angelegten und von einem Konsultationsprozess begleitete Vorhaben iterativ erarbeitete Zielbild der OZG-Rahmenarchitektur beschlossen. mehr...

Gröere Gruppe von Personen in formaler Kleidung auf einer Treppe, alle blicken Richtung Kamera.

IT-Planungsrat: Erster Teil der föderalen Digitalstrategie beschlossen

[18.11.2024] Der IT-Planungsrat hat auf seiner 45. Sitzung unter Leitung von Bundes-CIO Markus Richter die Dachstrategie der Föderalen Digitalstrategie für die Verwaltung verabschiedet. Zudem wurde ein Vertragsentwurf für das Nationale Once-Only-Technical-System (NOOTS) beschlossen. mehr...

Bitkom: Forderung nach Umsetzung von Digitalprojekten

[15.11.2024] Der Digitalverband Bitkom hat jetzt die Bundesregierung aufgefordert, vor den Neuwahlen im Februar möglichst viele digitalpolitische Projekte abzuschließen. Bisher sind lediglich 32 Prozent der geplanten Vorhaben realisiert. mehr...

Baden-Württemberg: Änderung der Gemeindeordnung verabschiedet

[08.11.2024] Der Landtag von Baden-Württemberg hat jetzt eine Änderung der Gemeindeordnung verabschiedet, die Kommunen in administrativen Abläufen entlasten und die finanzielle Berichterstattung vereinfachen soll. mehr...

Weißes Paragrafenzeichen (dreidimensional) lehnt an einer blau-grauen Wand

Cybersicherheit: Stellungnahmen zum NIS2-Umsetzungsgesetz

[07.11.2024] Der Bundestagsausschuss für Inneres und Heimat hat sich mit dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Umsetzung der NIS2-Richtlinie befasst. Vielen Experten geht der Entwurf nicht weit genug. mehr...

Mann (Jürgen Barke) in einem sehr förmlichen dunkelblauen Anzug mit blauem Schlips und weißem Einstecktuch steht vor einer hellen Wand.

Saarland: Mehr Input zur Digitalpolitik

[05.11.2024] Das Saarland tritt dem GovTech Campus Deutschland bei, um die Digitalisierung der Verwaltung voranzutreiben. Durch die Mitgliedschaft will das Land von dem Innovationsnetzwerk profitieren und aktiv an Digitalpolitik und gemeinsamen Projekten mitwirken. mehr...

Personengruppe in förmlicher Kleidung steht auf einer Wiese vor einer historischen Sandsteinfassade.

Normenkontrollräte: Ambitioniert zum Bürokratieabbau

[05.11.2024] Im Rahmen eines Treffens in Stuttgart haben Normenkontrollräte und Clearingstellen eine Erklärung verabschiedet, die eine Reduzierung der Bürokratiekosten um 25 Prozent innerhalb von vier Jahren anstrebt. mehr...

Montage: ein aufgeklappter Laptop, er Monitor enthält Karteischubladen, eine davon ist ausgezogen und ragt aus dem Bildschirm heraus.

Databund: Datenschutzrisiken im MDWG

[05.11.2024] Der Databund hat zu zwei Gesetzesentwürfen des Bundes Stellung genommen, welche die kommunale Verwaltung betreffen. Im MDWG-Entwurf sieht er Verbesserungen für die Migrationsverwaltung, mahnt jedoch Datenschutzrisiken an. Beim eIDAS-Gesetz begrüßt der Verband die Stärkung der Bundesnetzagentur. mehr...

Symbolbild: Blauer Hintergrund, davor Binärcode-Zahlenreihen und ein Ring aus gelben Sternen (EU-Flagge)

Niedersachsen: NIS2-Richtlinie umgesetzt

[04.11.2024] Niedersachsen setzt als eines der ersten Bundesländer die NIS2-Richtlinie der EU zur Cybersicherheit in der Verwaltung um. Die neue Verwaltungsvorschrift, die Benennung einer zuständigen Behörde für Cybersicherheit und die Einrichtung eines Notfallteams sollen die IT-Sicherheit in besonders kritischen Bereichen stärken. mehr...

Niedersachsenross (steigendes weißes Pferd) aus sich überlappenden Glasplatten als Wanddekoration im Niedersächsischen Landtag.

Niedersachsen: Beteiligung am ZenDiS

[04.11.2024] Niedersachsen will sich am Zentrum für Digitale Souveränität (ZenDiS) beteiligen, um die Abhängigkeit der Landesverwaltung von marktbestimmenden Softwareherstellern zu reduzieren. Das Land könnte so auch von überregionalen Erfahrungen und Projekten profitieren. Dies steht im Einklang mit der Digitalstrategie des Landes. mehr...

Reduzierte Strichzeichnung mit schwarzen Linien auf weiß, die verschiedene Symbole für Bereiche der Digitalisierung zeigt.

BMDV/BREKO: Digital only braucht Glasfaser

[24.10.2024] Die Bundesregierung berichtet über Fortschritte ihrer Digitalstrategie. Der Glasfaserverband BREKO warnt trotz erreichter Erfolge bei 5G und Glasfaser vor Verzögerungen beim Ausbau. Ohne klare politische Weichenstellungen, insbesondere zur Abschaltung des Kupfernetzes, könnte das Ziel einer flächendeckenden Glasfaserversorgung bis 2030 verfehlt werden. mehr...

Im Vordergrund einige leicht unscharf fotografierte Kongressbesucherinnen, hinter ihnen hängt an einem bodentiefen Fenster ein Flatscreen mit pink-violetten Mustern und dem Wort "Digitalgipfel"

Digital-Gipfel 2024: Fokus auf KI und digitaler Souveränität

[23.10.2024] Im Fokus des Digital-Gipfels der Bundesregierung standen die Stärkung der digitalen Souveränität und der Einsatz von Künstlicher Intelligenz. Die Bundesregierung betonte die Bedeutung einer intensiven Datennutzung und der KI-Förderung, um Deutschland im internationalen Wettbewerb zu stärken. mehr...

Digitalisierung: Dresdner Forderungen 2.0

[22.10.2024] Die Fachgruppe Verwaltungsinformatik der Gesellschaft für Informatik hat 20 Thesen zum digitalen Wandel formuliert. Die Forderungen zielen darauf ab, die Verwaltung effizienter, zukunftssicherer und bürgerfreundlicher zu machen. mehr...

Gruppenfoto der Digitalverantwortlichen der Länder vor einer Projektion mit DMK-Logo.

Digitalministerkonferenz: Erfolgreiches zweites Treffen

[21.10.2024] Die Digitalisierung in Deutschland zügiger vorantreiben und digitale Transformation zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger gestalten: Mit dieser Zielstellung haben sich die Digitalverantwortlichen der Länder zur zweiten Digitalministerkonferenz in Berlin getroffen. Wichtige Themen waren Datenschutz und Datennutzung, die Verwaltungscloud-Strategie und die Nutzung von KI. mehr...