DigitalisierungÄmter sinnvoll entlasten
Das im Jahr 2017 in Kraft getretene Onlinezugangsgesetz (OZG) verpflichtete Bund und Länder, ihre Verwaltungsleistungen bis Ende 2022 auch elektronisch über Verwaltungsportale anzubieten und sollte die Verwaltungen gleichzeitig entlasten. In der Praxis ist beides bis heute jedoch kaum eingetreten. Gleichzeitig steigen die Fallzahlen kontinuierlich, ihre Bearbeitung wird zunehmend komplexer, viele Behörden sind mit dem Tagesgeschäft überlastet, und die Umsetzung des OZG sorgt für zusätzliche Belastung bei sinkendem Personalbestand. Darüber hinaus will die Bundesregierung im kommenden Jahr deutlich weniger für die Digitalisierung der Verwaltung ausgeben. Wie können sich öffentliche Verwaltungen aufstellen, um diesen Herausforderungen zu begegnen?
Die gute Nachricht ist, dass die Verwaltung nicht bei Null startet und bereits zahlreiche digitale Tools in ihren Arbeitsalltag integriert hat. Doch genau da liegt auch die Herausforderung: Eine alle Arbeitsbereiche sinnvoll erfassende Digitalisierung darf bereits etablierte Tools und Prozesse nicht abschaffen, sondern muss sie integrieren. Bewährte und neue Lösungen müssen im Zusammenspiel ein stimmiges Ganzes ergeben. Dazu gehört, Komplexität handhabbar zu machen, also den Sachbearbeitenden die Sicherheit zu geben, dass mehr Digitalität ihre Arbeit nicht schwieriger macht. Die Botschaft muss lauten: Was sich bewährt hat, bleibt, und alles, was neu dazukommt, bringt spürbare Entlastung – und das gut vernetzt und bruchlos ineinandergreifend.
Schnittstellen statt Insellösungen
Die Digitalisierung in Richtung der Bürgerinnen und Bürger ist schon aufgrund des OZG unabdingbar. Doch diese äußere Digitalisierung bringt den Verwaltungen nur dann Entlastung, wenn sie auch ihre internen Prozesse entsprechend anpassen, das heißt: weiter digitalisieren. Doch gerade das ist ein komplexes Unterfangen, schließlich gibt es langjährig gewachsene Strukturen und eigentlich bewährte Prozesse, längst eingeführte Lösungen von Fachverfahren bis hin zu Dokumenten-Management-Systemen und individuell gewachsene Strukturen. All das und mehr muss eine neu einzuführende Lösung berücksichtigen.
Digitalisierung funktioniert nur, wenn alle relevanten Prozesse und Schnittstellen mitgedacht werden. Die maßgeblichen Fragen lauten also: Wer braucht zu welcher Zeit welche Information und wo geht sie aus welchem System und über welchen Kanal hin? Da setzen Informationslösungen, wie beispielsweise die von Wolters Kluwer, an. Sachbearbeitende sollten in der kompletten Prozesskette optimal begleitet und überall, wo Inhalte oder Rechtsfragen geklärt werden müssen, abgeholt werden. Nur wenn im Maschinenraum der Verwaltung alles bruchlos ineinandergreift, profitieren auch die Bürgerinnen und Bürger von der Digitalisierung: unkomplizierte Beantragungen, kurze Bearbeitungszeiten und rechtssichere Bescheide sind die Benefits. Es sollten also keine Insellösungen geschaffen werden, sondern gleich eine Architektur, die nicht nur die behördeneigenen Informationen beinhaltet, sondern diese auch sinnvoll mit den für die Arbeit relevanten allgemeinen Rechtsinformationen in Beziehung setzt. Darüber hinaus sollte sie allen an einem Prozess Beteiligten passgenaue Zugriffsmöglichkeiten einräumen.
Medienbruchfreie Umsetzung
Aktuell ist die Situation in den Ämtern jedoch häufig so, dass das Thema Digitalisierung nicht konsequent zu Ende gedacht wurde: Was nützt es, wenn sich ein Antrag zwar digital ausfüllen lässt, er aber dann ausgedruckt im Posteingangskorb der Sachbearbeitung landet? Damit geht der eigentlich angestrebte Effizienzgewinn verloren. Wenn ein Antrag gestellt wird, sollte dieser medienbruchfrei und automatisiert in Fachverfahren oder die Prozesse der Verwaltung einfließen, ohne dass zum Beispiel die erneute Erfassung der Daten erforderlich ist.
Und natürlich müssen die Beschäftigten der Verwaltung sicher sein, dass jeder ihrer Arbeits- und Prozessschritte auch tatsächlich den rechtlichen Standards entspricht. Denn sowohl die Verwaltungsmitarbeitenden als auch die Bürger brauchen Rechtssicherheit und Verlässlichkeit. Dadurch reduzieren sich Einsprüche, was letztendlich zur Entlastung der Sachbearbeitenden beiträgt.
Zeit fürs Wesentliche
Das Thema Digitalisierung wird oftmals sehr technisch betrachtet, hat jedoch einen zutiefst menschlichen Aspekt, der häufig unter dem Begriff des Kulturwandels gefasst wird. Verwaltungen sind weit davon entfernt, in einem Schritt alle Prozesse umzuwerfen, denn ein Kulturwandel ist langfristig. Ein Thema, dass immer mitgedacht werden sollte, ist, dass die Verwaltung trotz aller Effizienzsteigerungs- und Automatisierungstendenzen und -notwendigkeiten menschlich bleiben sollte – für die Bürger ebenso wie für die Mitarbeitenden. Dabei geht es auch immer um Bedürfnisse. Beide Seiten sollen im direkten Austausch bleiben; durchdacht angegangen kann der großflächige Einsatz digitaler Lösungen letztendlich sogar dazu führen, den zwischenmenschlichen Dialog zwischen Bürgern und Verwaltungsangehörigen zu fördern.
Denn, wer dank Digitalisierung bei Standardtätigkeiten entlastet wird, verfügt über Freiräume, sich um komplexere Fragestellungen zu kümmern und sich bürgernah und persönlich um individuelle Lösungen zu bemühen. Deswegen darf der Aspekt, dass Digitalisierung in den Verwaltungen zeitliche Freiräume eröffnet, die den Bürgerinnen und Bürgern zugutekommen, in der Diskussion um das Thema Digitalisierung nicht zu kurz kommen.
Wenn Ämter bei der Integration und Nutzung digitaler Tools diese Aspekte beachten, können sie die gewünschte Entlastung erfahren und gleichzeitig passgenaue Verwaltungsleistungen im Sinne des OZG elektronisch anbieten.
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