StudieUnzufrieden mit digitaler Verwaltung

[07.08.2023] Die Unternehmensberatung BCG hat ihren Digital Government Citizen Survey 2022 vorgelegt, eine groß angelegte Studie zur Wahrnehmung digitaler Behördendienste in 41 Ländern. Aus den Erkenntnissen der Umfrage werden konkrete Handlungsempfehlungen für Deutschland abgeleitet.
Der BCG Digital Government Citizen Survey 2022 sieht Deutschland bei der Verwaltungsdigitalisierung auf den hinteren Rängen.

Der BCG Digital Government Citizen Survey 2022 sieht Deutschland bei der Verwaltungsdigitalisierung auf den hinteren Rängen.

(Bildquelle: BCG)

Deutschland ist aus Sicht der Bürgerinnen und Bürger in den vergangenen zwei Jahren bei digitalen Verwaltungsdiensten entgegen dem globalen Trend weiter zurückgefallen. Das in der Digitalstrategie der Bundesregierung ausgegebene Ziel, im Index für digitale Wirtschaft und Gesellschaft (kurz DESI) der EU-Kommission bis 2025 einen Platz unter den Top 10 zu belegen, wird nach Einschätzung der Unternehmensberatung Boston Consulting Group (BCG) auch mit massiven Investitionen in digitale Infrastruktur, technische Ausstattung und Personal kaum noch zu erreichen sein. Dabei stützt sich die BCG auf ihren Digital Government Citizen Survey 2022, eine umfassende Erhebung mit mehr als 28.200 Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus 41 Ländern – darunter auch 2.000 Befragte aus Deutschland. Damit ist die Survey nach Angaben von BCG eine der größten Befragungen dieser Art, die den D21-eGovernment Monitor (wir berichteten) und den DESI ergänzt.
Wie jede Ausgabe des BCG Digital Government Citizen Survey seit 2016 hat auch diese einen Themenschwerpunkt: Personalisierung, digitale Identität und Künstliche Intelligenz (KI). Betrachtet wurden Fragen zu den Präferenzen bezüglich der Ausgestaltung entsprechender Angebote sowie Perspektiven zur Datennutzung für Personalisierungsangebote, zu Anbietern digitaler Identitäten sowie zur Regulierung von Künstlicher Intelligenz. Die jetzt vorgelegte Studie zeigt die Kernergebnisse für Deutschland und gibt Handlungsempfehlungen für die „erforderlichen Aufholjagd“.

Pandemie legt Schwächen offen

International zeigt die Erhebung eine deutliche Dynamik im Bereich der digitalen Verwaltungsdienste in den vergangenen Jahren. Daran hat Deutschland bislang nicht ausreichend partizipiert, so BCG. Während der durch die Pandemie ausgelöste Digitalisierungsschub in vielen Ländern Online-Gesundheitsdiensten der Verwaltungen zum Durchbruch verholfen hat, hat in Deutschland die Pandemie massive Rückstände offengelegt. So belegt Deutschland bei der Nutzungshäufigkeit von Online-Angeboten der Verwaltung im internationalen Vergleich den drittletzten, bei digitalen Gesundheitsdiensten gar den letzten Platz.
Nur in zwei von insgesamt 41 Ländern ist die Unzufriedenheit mit digitalen Behördendiensten noch größer, mit der Nutzerfreundlichkeit der digitalen Verwaltungsangebote zeigte sich nur jeder Zweite zufrieden. Demgegenüber steht eine von kommerziellen digitalen Angeboten geprägte Erwartungshaltung hinsichtlich der Schnelligkeit und des Bedienkomforts digitaler Behördendienste. Gleichzeitig ist weniger als jeder fünfte Deutsche bereit, zusätzliche Daten für mehr Personalisierung zu teilen – damit ist die Zurückhaltung in Deutschland größer als im globalen Durchschnitt. Als Anbieter einer digitalen Identität kommen für die meisten Befragten in Deutschland in erster Linie Zahlungs- oder Finanzdienstleister in Betracht. In vielen anderen Ländern wird die Regierung als Anbieter bevorzugt. Hinsichtlich des verantwortungsbewussten Umgangs mit Künstlicher Intelligenz setzen die Deutschen vor allem auf die Durchsetzung des bestehenden Rechtsrahmens und die Selbstkontrolle der Unternehmen.

Usability und Effizienz

Aus den Erkenntnissen der Umfrage leitet BCG konkrete Handlungsempfehlungen ab, einige davon sind auch in der Änderung des Onlinezugangsgesetzes (OZG 2.0) vorgesehen (wir berichteten). So soll sich die „Ambitionssetzung“ an den Best Practices der Privatwirtschaft ausrichten und digital-native Anbieter und Nutzer mit steigender Erwartungshaltung in den Fokus nehmen. Um Aufwände bei der Entwicklung, Wartung und im Betrieb zu reduzieren, empfiehlt BCG die konsequente Verwendung zentraler, standardisierter Basislösungen, um den Aufwand bei Entwicklung und Betrieb zu reduzieren.
Die Nutzererfahrung sollte klar priorisiert werden, dabei sollte der Fokus auf maximaler Vereinfachung und Beschleunigung der Interaktionszeiten liegen. Eine offene Kommunikation und der bevorzugte Einsatz von Open-Source-Lösungen soll Transparenz schaffen und die Datensicherheit gewährleisten. Gleichzeitig soll es personalisierte Angebote aus Datenschutzgründen nur dort geben, wo damit eine bessere Servicequalität ermöglicht wird.
Beim Thema digitale Identität schlägt BCG eine Kooperation mit etablierten Akteuren wie etwa Finanzdienstleistern und Banken vor. Um die Effizienz zu steigern – insbesondere die Prozessgeschwindigkeit und -qualität – sollte verstärkt auf Automatisierung gesetzt werden. KI kann zur Verbesserung des Zugangs zu Informationen und zur beschleunigten Hilfestellung eingesetzt werden.





Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Panorama
Beispiel für ein Dashboard zu Gewaltvorfällen – dargestellt mit disy Cadenza unter Verwendung von Demodaten.

BMBF/disy Informationssysteme: Gewalt im öffentlichen Dienst erfassen

[20.11.2024] Das Forschungskonsortium InGe hat einen Prototyp einer digitalen Meldeplattform für Gewaltvorfälle im öffentlichen Dienst vorgestellt. Erfasst werden können auch nichtstrafbare Vorfälle, um eine fundierte Datenbasis für Prävention zu schaffen. Grundlage ist die Software disy Cadenza. mehr...

Mehrere Teilnehmende stehen vor einer Pinnwand mit Post-Ists und überlegen.

DIN-Prozess: Mehr Qualität für digitale Services

[19.11.2024] Auf Initiative des Bundesinnenministeriums trafen sich Beschäftigte aus Verwaltung und Wirtschaft zu einem Auftaktworkshop beim Deutschen Institut für Normung (DIN). Ziel des Treffens war es, den Grundstein für verbindliche, einheitliche Qualitätsstandards für digitale Verwaltungsleistungen zu legen. mehr...

Brustbild einer Frau in einem dunklen Raum, über deren Gesicht farbiger Programmcode projiziert wird.

Open Data Forum: Offen für die Zivilgesellschaft

[19.11.2024] Das Open Data Forum öffnet sich ab sofort für die Zivilgesellschaft. Bürgerinnen und Bürger können sich nun beteiligen und über die Nutzung und Bereitstellung offener Daten austauschen. Bisher war die Plattform nur für Behörden zugänglich. mehr...

Hamburg: Umfrage zur digitalen Teilhabe

[18.11.2024] Laut einer repräsentativen Umfrage der Behörde für Justiz und Verbraucherschutz sowie der Verbraucherzentrale Hamburg nutzen die meisten Hamburgerinnen und Hamburger regelmäßig digitale Dienstleistungen. mehr...

Mann sitzt auf einem Sofa und tippt auf seinem Laptop.

Hamburg/Schleswig-Holstein: Auszeichnung für das Projekt KERN

[12.11.2024] Im Kooperationsprojekt KERN entwickeln Hamburg und Schleswig-Holstein ein Open-Source-basiertes Baukastensystem für digitale Verwaltungslösungen, das allen Bundesländern zur Verfügung steht. Die Zusammenarbeit erhielt nun den Preis für gute Verwaltung 2024. mehr...

Breitenbrunn: Mobilfunkmast in Betrieb gegangen

[12.11.2024] In Breitenbrunn wurde jetzt ein neuer Mobilfunkmast offiziell in Betrieb genommen, der durch das bayerische Mobilfunk-Förderprogramm mit 327.000 Euro unterstützt wurde. mehr...

Symbolbild Schriftformerfordernis: Silberner Kugelschreiber liegt auf einem Notizbuch, vom Lesebändchen umwickelt.

Rheinland-Pfalz: Schriftform auf dem Prüfstand

[11.11.2024] Der Ministerrat von Rheinland-Pfalz hat einen Gesetzentwurf zur Förderung elektronischer Kommunikation in der Verwaltung verabschiedet. In über 200 Einzelnormen soll die Schriftform entfallen oder durch digitale Optionen ergänzt werden. mehr...

Datawin: Bund bestellt 60 Dokumentenscanner

[07.11.2024] Die Bundesrepublik Deutschland hat im Rahmen einer neuen Ausschreibung des Bundesministeriums des Innern und für Heimat 60 Dokumentenscanner des Typs InoTec SCAMAX 611 bestellt. mehr...

Grafik zur Nutzungsentwicklung bei Onlinediensten zum Aufenthalt.

Aufenthalt: Breitenwirkung in der Fläche

[06.11.2024] Vier Jahre nach der ersten Pilotierung sind die federführend von Brandenburg entwickelten OZG-Onlinedienste Aufenthalt in über 250 Ausländerbehörden in 14 Bundesländern im Einsatz. Die Entwicklung geht kontinuierlich weiter. mehr...

Symbolbild Open Source Software

Sovereign Tech Fund: Open-Source-Initiative fest etabliert

[06.11.2024] Bisher hatte der Sovereign Tech Fund, der das Open-Source-Ökosystem stärken soll, den Status eines Pilotprojekts. Nun wird die Initiative in eine selbstständige Tochtergesellschaft der Bundesagentur für Sprunginnovationen – SPRIND – eingegliedert. mehr...

Panoramablick über eine locker befahrene Autobahn bei sonnigem Wetter, Im Vordergrund eine Drohne.

Luftfahrt-Bundesamt: Drohnenregistrierung in Sekunden

[04.11.2024] Das Luftfahrt-Bundesamt (LBA) stellt für die Drohnenregistrierung eine vollautomatisierte Lösung zur Verfügung. Künftig können die jährlich rund 115.000 UAS-Betreiberregistrierungen sowie 56.000 Kompetenznachweise für Fernpiloten jeweils in wenigen Minuten bearbeitet werden. Bisher dauerte der Prozess rund zwei Wochen. mehr...

Portrait Frauke Greven ITZ Bund

ITZBund: Leitungsstab mit neuer Spitze

[31.10.2024] Frauke Greven ist die neue Leiterin des Leitungsstabs beim Informationstechnikzentrum Bund und wird künftig das Direktorium des zentralen IT-Dienstleisters der Bundesverwaltung bei seinen vielfältigen Aufgaben unterstützen. mehr...

Blick über einen See, in dem sich der leicht bewölkte Himmel spiegelt. Am Ufer im Hintergrund ist eine Stadt zu erkennen.

disy: Datengestütztes Wassermanagement

[24.10.2024] Klimawandelbedingte Trockenheit und Niedrigwasserphasen stellen eine zunehmende Herausforderung für zahlreiche Sektoren dar. Das BMDV-Forschungsprojekt NieTro² hat ein datengestütztes Entscheidungssystem entwickelt, das öffentliche Akteure mit aktuellen Informationen unterstützt, um nachhaltige Maßnahmen zu koordinieren. mehr...

Drei personen - zwei Männer und in der Mitte eine Frau - stehen in einem Raum vor einigen nicht genau erkennbaren Flaggen und halten gemeinsam ein Smartphone in die Kamera. Den Inhalt des Screens kann man nicht genau erkennen.

Nordrhein-Westfalen: Starkregenschutz aus der Hosentasche

[23.10.2024] Auch als Reaktion auf die Hochwasserkatastrophe 2021 hat der Wasserverband Lippeverband eine App entwickelt, die Bürgern helfen soll, den Überflutungsschutz ihrer Häuser zu überprüfen. Die Flood Check-App, bisher nur in ausgewählten Städten verfügbar, wird nun landesweit in Nordrhein-Westfalen ausgerollt. mehr...

Porträt von Bundes-CIO Markus Richter auf einem Diskussionspodium.

BMI: GovTalk 2024

[22.10.2024] Beim GovTalk 2024, organisiert vom BMI, diskutierten Expertinnen und Experten aus Bund, Ländern und Kommunen über zentrale Themen der Verwaltungsdigitalisierung. Anlass der Veranstaltung war die Vorstellung des eGovernment MONITOR 2024. Im Fokus standen digitale Identitäten und die Herausforderungen der föderalen Strukturen. mehr...