ZukunftskongressVerwalten und gestalten

[15.12.2021] Bei der digitalen Mini-Ausgabe des Zukunftskongresses Staat & Verwaltung 2021 stellte die neue Bundesinnenministerin Nancy Faeser am Dienstag ihr Arbeitsprogramm vor. Es beginnt mit einer Bestandsaufnahme.

Auch in einem so agilen Feld wie der Digitalisierung darf eine gewisse Kontinuität und Beständigkeit vorherrschen, und Nancy Faeser, die neue Bundesinnenministerin, ist sicherlich gut beraten, wenn sie Markus Richter auf seinem Staatssekretärsposten belässt. Der bisherige Beauftragte der Bundesregierung für Informationstechnik bleibt Chief Information Officer (CIO) des Bundes, kündigte sie bei der „Homeoffice-Edition“ des Zukunftskongresses an, der in digitaler Form am Dienstag und Mittwoch dieser Woche stattfand. Mitten im Umsetzungsprozess des Onlinezugangsgesetzes (OZG) und angesichts der vielen offenen Herausforderungen bei der Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung wäre ein Wechsel in dieser Position sicherlich mit großen Reibungsverlusten verbunden gewesen. Gleichwohl will sich Nancy Faeser 100 Tage Zeit lassen für eine fundierte Bestandsaufnahme, „die ehrlich ist und transparent macht, wo wir bei der Digitalisierung von Staat und Verwaltung gerade tatsächlich stehen. Ohne dies könnten wir nicht sagen, wie schnell wir das, was wir im Koalitionsvertrag vorgesehen haben, umsetzen können“, erklärte die Chefin des Bundesministeriums des Innern und für Heimat (BMI). Offen für Kritik Auch Markus Richter begrüßte es, zunächst eine Bestandsaufnahme und Entwicklung einer Governance mit klaren Prioritäten durchzuführen. Mit Verweis auf den Organisationserlass der Bundesregierung, der eine neue Zuständigkeit des Bundesinnenministeriums für die Strategische Steuerung der IT des Bundes und den IT-Rat vorsieht, verändere sich die Governance-Struktur ohnehin. Richter plädierte dafür, in die künftigen Strukturen die Kommunen eng einzubeziehen, und begrüßte die Beschlüsse des IT-Planungsrats, der die Innovationsgenossenschaft govdigital mit der föderalen Umsetzung des Einer-für-Alle-Prinzips (EfA) betraut hat. In jüngster Zeit zeigt sich das Bundesinnenministerium offen für kritische Hinweise bezüglich der OZG-Umsetzung. Im OZG-Dashboard vermitteln fertiggestellte Einzelleistungen, so genannte Referenzimplementierungen, den Eindruck, sie stünden flächendeckend bereit. Sowohl Bundes-CIO Richter als auch Ernst Bürger, der im BMI maßgeblich die OZG-Umsetzung verantwortet, weisen nun darauf hin, dass diese Online-Dienste teils nur in einer Kommune oder einem Landkreis vorhanden sind, aber eben als EfA-Leistung angeboten werden können. Bürger erklärte zum OZG-Umsetzungsstand, dass sich weitere 100 Leistungen aus dem föderalen OZG-Programm in Arbeit befinden und nochmals 100 in Planung. Großer Aufholbedarf Bundesinnenministerin Nancy Faeser will die Digitalisierung zur Chefinnensache machen und sieht diesbezüglich auch im Bereich der Inneren Sicherheit und des Katastrophenschutzes ein großes Aufgabenfeld. „Die Digitalisierung und die Gestaltungshoheit, die ich habe, stehen ganz oben auf meiner Agenda“, erklärte die Ministerin. „Ich bin erstaunt, dass wir manche Dinge noch nicht auf den Weg gebracht haben und in manchen Arbeitsfeldern noch nicht auf der Höhe der Zeit sind. Ich glaube, dass ein starker öffentlicher Dienst und eine gute moderne Verfasstheit von Staat und Verwaltung und Gesellschaft extrem wichtig sind.“ Zugleich versprach sie, bei den künftigen Digitalvorhaben auf Transparenz zu setzen, um das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger zu gewinnen. Zu den Vorhaben, die auch im Koalitionsvertrag genannt werden, zähle eine nicht nur digitale, sondern auch agile Verwaltung, die auf kreative Problemlösungen setzt. Behördenübergreifende Projekt-Teams und Innovationseinheiten sollen die Verwaltungsdigitalisierung „mit großem Schub“ voranbringen. Dabei will Faeser den Kulturwandel in den Verwaltungen begleiten, und hob hierbei die Rolle der angekündigten Digitalakademie für Verwaltungsbeschäftigte hervor, die dort fort- und weitergebildet werden sollen. Die Menschen mitnehmen Das OZG bezeichnete Faeser als „großes Zusammenarbeits- und Koordinierungsprojekt auf allen Ebenen“, wobei ihr besonders wichtig sei, „die Menschen bei der Digitalisierung mitzunehmen“. Diesbezüglich kündigte sie neue Teilhabeformate an, die die digitale Zivilgesellschaft stärker einbeziehen und das digitale Ehrenamt stärken. Darüber hinaus sprach sie sich für mehr und bessere offene Daten, für mehr Cyber-Sicherheit als Basis der Digitalisierung und für einen „Digitalcheck“ bei Gesetzesvorhaben aus. Besonderes Augenmerk verdient ihre Ankündigung, das OZG weiterentwickeln und Verfahren vollständig automatisieren zu wollen. Kommt nun die proaktive, antragslose Verwaltung? Zumindest beim Kindergeld oder bei der Verlängerung des Personalausweises kann sich die neue Bundesinnenministerin dies vorstellen. Auf Johannes Ludewig, den Vorsitzenden des Normenkontrollrats, machten diese Ankündigungen großen Eindruck. Der unermüdliche Mahner und Treiber, der die Digitalisierung in all den Jahren so energisch, kritisch und unabhängig begleitet hat, wird zum Jahresende aus der Position ausscheiden. Er zeigte sich aber optimistisch, was die weitere Umsetzung der Digitalisierung anbelangt, und gab der Ministerin einen dieser typischen Ludewig-Sätze mit auf den Weg: „Wir müssen die Dinge mit einer anderen Entschlossenheit als bisher angehen.“ Den Föderalismus digital denken Solche Entschlossenheit ist auf vielen Ebenen gefragt. Für Ariane Berger vom Deutschen Landkreistag ist der anstehende Roll-out auf kommunaler Ebene entscheidend, und dafür müssten die Konjunkturgelder in den Kommunen ankommen. Der CIO von Nordrhein-Westfalen, Andreas Meyer-Falcke, verwies darauf, dass die Erwartungshaltung der Bürger groß sei, sie wollten „Erfolge spüren“ wie bei einem „Verwaltungs-Amazon“. Dies bestätigte auch Franziska Schirmer vom Auswärtigen Amt, die seitens ausländischer Bürger, die nach Deutschland wollen, mit einer großen Nachfrage nach digitalen Angeboten konfrontiert ist. Rudolf Schleyer, Vorsitzender der Anstalt für Kommunale Datenverarbeitung in Bayern (AKDB), mahnte eine schnelle Definition von Standards und Schnittstellen auch für Fachverfahren an: „Wir denken den Föderalismus nicht digital genug.“ Es bleibt also noch einiges zu tun, denn, so drückte es Lena-Sophie Müller von der Initiative D21 aus: „Die Leistungsfähigkeit des Staates ist seine Visitenkarte.“ Der Zukunftskongress als Homeoffice-Edition findet noch am heutigen Mittwoch, 15. Dezember 2021 statt.

Helmut Merschmann




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