OZGDigitale Rohrpost aus dem BMI
Mit Amtsantritt von Markus Richter als Beauftragter der Bundesregierung für Informationstechnik (Bundes-CIO) im Mai 2020 hat sich die Kommunikation des Bundesinnenministeriums im Bereich Informationstechnik und Onlinezugangsgesetz (OZG) geändert. Richter etablierte eine Informationsplattform zum Stand der Dinge im OZG, er führte die „Digitale Rohrpost“ ein, einen Podcast, in dem er selbst über Themen wie Digitalisierung, IT-Sicherheit, OZG, Bildung und Kriminalität im Kontext des Digitalen spricht. Und es wurde ein OZG-Newsletter ins Leben gerufen, der in unregelmäßigen Abständen über Fortschritte bei der Umsetzung des Gesetzes informiert. Das sich darin ausdrückende Bemühen um Transparenz ist insofern löblich, als es ungewöhnlich ist für ein Bundesministerium, das eher für stilles Arbeiten hinter den Kulissen und bisweilen kurzfristig vorgelegte Gesetzesentwürfe bekannt ist. „Immer mehr Menschen erledigen ihre Behördengänge online“, so lautet der naheliegende Einstieg in den aktuellen Newsletter und gleichsam das Fazit des Deutschland-Index 2021, worin die OZG-Umsetzung in Kommunen und Ländern vom Kompetenzzentrum Öffentliche IT (ÖFIT) untersucht wurde. 40 Prozent der Befragten bundesweit hätten im vergangenen Jahr ein digitales Verwaltungsangebot genutzt, in Hamburg sogar 50 Prozent. Angesichts der insgesamt über 11.000 Kommunen, die laut OZG einen vollwertigen Zugang zur digitalen Verwaltungswelt erhalten sollen, liegt Markus Richter wohl richtig, wenn er im Grußwort feststellt: „Das Potenzial ist aber noch viel größer.“ Erfolgreiche Einzelprojekte Beim OZG rankt sich schließlich alles um die Frage, ob bis Fristende 2022 die im Gesetz angekündigte digitale Verwaltungswelt tatsächlich flächendeckend verfügbar ist, wobei die Zweifel inzwischen größer sind als die Zuversicht. Infolgedessen rettet sich der OZG-Newsletter in die Darstellung erfolgreicher Einzelprojekte wie BAföG digital, das bis zum Sommer bundesweit installiert sein soll und die Einzelverfahren der Bundesländer ablösen wird. In der Testphase befindet sich inzwischen ein Hotel Check-in „per ID Wallet“. Darunter ist das kontaktlose digitale Einchecken inklusive Adressenaustausch zwischen Geschäftsreisenden und Hotels zu verstehen. Vollmundig wird das Projekt von Digitalministerin Dorothee Bär als „erster Anwendungsfall für unser neues Ökosystem digitaler Identitäten“ ausgewiesen. Beim einheitlichen Unternehmenskonto, der dritten großen Schlagzeile im aktuellen Newsletter, handelt es sich tatsächlich um eine wegweisende Änderung und Vereinfachung von Abläufen bei der digitalen Interaktion zwischen Unternehmen und der Verwaltung. Auf Basis von ELSTER-Zertifikaten können Organisationen und Firmen bald Verwaltungsprozesse digital in Gang setzen. Auf der Website Mein Unternehmensportal können Firmen mit ihrer vorhandenen ELSTER-Signatur bis zu 200 Konten für Firmenmitarbeiter einrichten, die bereits enthaltenen Steuerformulare und Maschinenschnittstellen nutzen und Fachverfahren einbinden. Bei statistisch 130 Behördenkontakten pro Unternehmen im Jahr sollte dies eine enorme Arbeitserleichterung bedeuten – für beide Seiten. Podcast „Rohrpost auf die Ohren“ Nichtsdestotrotz geht die Verwaltungsdigitalisierung immer noch viel zu langsam voran. Frei nach dem Motto: Der Weg ist das Ziel kann auch die „Rohrpost auf die Ohren“, wie sich der seit letztem Dezember monatlich erscheinende Audio-Podcast mit dem CIO des Bundes nennt, nicht anders, als einzelne Meilensteine bei der Verwaltungsdigitalisierung als bedeutende Teilerfolge zu verkaufen. Heute noch zu sagen, „dass die Verwaltungsdigitalisierung ein Stück weit Fahrt aufgenommen hat“ oder dass man „mehr PS auf die Straßen bringen“ wolle, bestätigt nur die Annahme vieler Beobachter, dass noch Vieles zu tun bleibt und noch lange auf sich warten lassen wird. Jedoch muss man der Podcast-Serie zugutehalten, dass sie sich bemüht, über den Tellerrand zu blicken, und keine reine Nabelschau betreibt. In Folge 2, die sich mit dem IT-Sicherheitsgesetz 2.0 befasst, kommt neben CIO Richter ausführlich auch der Informationsrechtler Dennis Kenji-Kipker zu Wort, der die aus Sicht vieler Netzaktivisten problematische Befugniserweiterung des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) darstellt und die kurzfristige Vorlage des Gesetzesentwurfs moniert. Folge 5 stellt die im Rahmen der Cybersicherheitsstrategie 2016 gegründete ZITiS in München vor, die Zentralstelle für Informationstechnik im Sicherheitsbereich, die IT-Sicherheitsdienstleistungen für Bundesbehörden und Nachrichtendienste übernimmt. Insgesamt informiert der Podcast anschaulich und nachvollziehbar aus dem Innenleben von Behörden, stellt aktuelle Digitaldiskurse vor und lässt Verantwortliche wie ZITiS-Chef Wilfried Karl oder Digitalministerin Dorothee Bär aus ihrem Tätigkeitsfeld berichten. Die neue Transparenzoffensive des Bundes ist eben immer auch ein Selbstmarketing – und sie verkürzt die Zeit des Wartens auf weitere Umsetzungserfolge bei der Verwaltungsdigitalisierung.
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