Open GovernmentNationaler Aktionsplan

[05.12.2019] Im zweiten Nationalen Aktionsplan zur Open Government Partnership verpflichten sich Bund und Länder zur Umsetzung von insgesamt 14 Vorhaben. Kritiker hätten sich ambitioniertere Ziele und eine engere Zusammenarbeit auch mit den Kommunen gewünscht.
Open Government gemeinsam gestalten.

Open Government gemeinsam gestalten.

(Bildquelle: Jack Aloya/stock.adobe.com)

Im September 2019 hat die Bundesregierung den zweiten Nationalen Aktionsplan (NAP) Deutschlands zur Open Government Partnership (OGP) beschlossen (wir berichteten). Damit verpflichten sich Bund und Länder zur Umsetzung von 14 Vorhaben zur Förderung eines offenen Regierungs- und Verwaltungshandelns bis zum Jahr 2021. Open Government wird in Deutschland bereits in vielen Feldern von Politik und Verwaltung gelebt. Unter dem Sammelbegriff Open Government verstehen Bund, Länder und Kommunen Partizipation, Teilhabe und Engagement der Zivilgesellschaft, Transparenz und Rechenschaft, Zusammenarbeit und Innovation sowie Korruptionsprävention und -bekämpfung. Derzeit stellt die fortschreitende Digitalisierung von Staat und Gesellschaft öffentliche und private Organisationen sowie die Bürger vor große Herausforderungen. Im Kontext von Open Government eröffnet die Digitalisierung dabei neuartige Chancen. Es können Leistungen der öffentlichen Verwaltung bürgernah gestaltet, ländliche Räume gleichberechtigter versorgt und Bildung stärker demokratisiert werden. Die Bundesregierung möchte diese Entwicklung unterstützen und nachhaltiger verankern. Deshalb hat sie sich im NAP nach einer Konsultation mit der Zivilgesellschaft, den Ministerien und dem nachgeordneten Bereich bis 2021 zur Umsetzung von neun Verpflichtungen bekannt.

Erproben und beteiligen

Bis zu 16 regionale Open-Government-Labore sollen eingerichtet, der zivilgesellschaftliche Dialog zur Außenpolitik intensiviert und junge Menschen an der Gestaltung einer Jugendstrategie beteiligt werden. Erstmalig wird mit einem Digital Innovation Team ein Think & Do Tank für Design Thinking, Service Design und agiles Arbeiten in der Bundesverwaltung installiert. Mit der Förderung und Weiterentwicklung von Transparenz und Partizipation in der Entwicklungszusammenarbeit, der fortschreitenden Öffnung staatlicher Daten und der Beteiligung an der Hightech-Strategie 2025 werden bestehende Maßnahmen fortgesetzt. Durch Beteiligung und Erprobung soll die Rechtsetzung dauerhaft verbessert werden. Sieben geplante smarte LandRegionen unterstützen als Modellvorhaben die Erprobung und Beschleunigung der Digitalisierung im ländlichen Raum.
Mit fünf Verpflichtungen beteiligen sich zum ersten Mal auch einige Bundesländer am Nationalen Aktionsplan. Nordrhein-Westfalen bekennt sich zu einem Ausbau der entsprechenden Infrastruktur und zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für Open Government. Konkret sollen reale Innovationsräume für den Austausch sowie eine Zusammenarbeit geschaffen und die Datensouveränität gestärkt werden. Der Freistaat Sachsen verpflichtet sich, das eigene Beteiligungsportal weiterzuentwickeln, damit es Behörden wie Kommunen für ihre Partizipationsprozesse nutzen können (wir berichteten). Und Schleswig-Holstein setzt auf den zunehmenden Einsatz von Open Source Software in den Rechenzentren der öffentlichen Verwaltung (wir berichteten). Dazu wird eine kollaborative Open-Source-Plattform eingerichtet, um eine quelloffene Software-Entwicklung dauerhaft zu verankern und die Bürger als Korrektiv einzubinden.

14 Verpflichtungen

Der zweite Nationale Aktionsplan zur Open Government Partnership ist ab Oktober 2018 von Verwaltung und Zivilgesellschaft erarbeitet worden. Das Bundeskanzleramt organisierte in enger Abstimmung mit den Bundesministerien, dem IT-Planungsrat und dem Netzwerk Open Government den Konsultationsprozess mit einer Präsenz-Auftaktveranstaltung in Berlin, einer offenen Online-Konsultation und einem Abschlussworkshop. Aus 1.435 Beiträgen und in deren Folge ausgearbeiteten 58 Ideen für Verpflichtungen musste im Sommer 2019 in enger Absprache mit den Bundesressorts ein Aktionsplan mit maximal 15 Verpflichtungen geschaffen werden. Trotz der deswegen erforderlichen Konsolidierung zeigt sich die Bundesregierung gegenüber den zivilgesellschaftlichen Vertretern für ihr Engagement, die investierte Zeit und die Vorschläge sehr dankbar.
Bundeskanzlerin Angela Merkel fordert für die künftige Regierungs- und Verwaltungskultur, offen für neue Ideen und Antworten zu sein, zuzuhören, zu erklären und aufzuklären, ehrlich miteinander umzugehen und Rechenschaft abzulegen. Teilhabe, Transparenz und Zusammenarbeit seien Grundpfeiler der Demokratie und unerlässlich für ein gelingendes gesellschaftliches Miteinander. Die 9+5-Verpflichtungen des zweiten NAP bewertet die Bundesregierung daher als Erfolg, auch wenn die Umsetzung guter Lösungen, die Vernetzung fachlicher Expertisen und die Fortführung der Diskurse noch anstehen. Der Plan sei eine deutliche Weiterentwicklung in der Themenbreite und in den Konsultationsformaten mit der Zivilgesellschaft. Zudem wurden zehn weitere Open-Government-Maßnahmen außerhalb des OGP-Verpflichtungskatalogs benannt.

Kritik aus der Gesellschaft

Die Bewertung der Zivilgesellschaft fällt zwiespältiger aus. Zunächst werden die Federführung durch das Bundeskanzleramt und die 14 Verpflichtungen des NAP begrüßt. Allerdings hätten sich die Vertreter des Netzwerks Open Government mehr und weitaus ambitioniertere Ziele sowie eine engere Zusammenarbeit von Bund, Ländern und Kommunen gewünscht. Kritisiert wird beispielsweise, dass es aus den 46 konsolidierten Vorschlägen der Zivilgesellschaft nur drei in den Aktionsplan geschafft haben. Strukturelle Veränderungsvorschläge wie ein Lobbyregister oder der gesetzliche Fußabdruck seien nicht aufgegriffen worden. Mit Information, Anhörung und Einbeziehung sei man zudem noch weit von echter Partizipation entfernt. Das Feedback zu den Vorschlägen offenbare Denkweisen, die zeigen, dass ein offenes Verwaltungshandeln noch nicht überall in den Ministerien angekommen sei. Auch wurden die kurzfristig in Berlin angesetzten Termine, unklare Beteiligungsstrukturen und die Nichtübernahme von Reisekosten für Vertreter der Zivilgesellschaft bemängelt.

Vielfältigere Ansätze sind denkbar

Als Direktor des Open Government Institute der Zeppelin Universität vermag man beiden Perspektiven zu folgen. Ein Engagement hängt stets vom politischen Willen, von handelnden Akteuren, von Zeitfenstern, den bereitgestellten finanziellen Ressourcen und den zur Umsetzung verfügbaren Stellen ab. Prinzipiell wären auch in Deutschland noch vielfältigere Ansätze vorstellbar. Einige Vorreiter signalisieren ihre Bereitschaft, gemeinsam mit der Zivilgesellschaft neue Wege zu gehen. Für eine Öffnung der Justiz sowie des Deutschen Bundestags, der Landtage sowie der Kreis-, Stadt- und Gemeindevertretungen scheint die Zeit jedoch noch nicht reif zu sein. Zudem irritiert, wie wenig Politik und Parteien in die Konsultationsprozesse eingebunden wurden. Bedauerlich ist, dass trotz der Einbindung des IT-Planungsrats nur wenige Länder überzeugt werden konnten, sich aktiv einzubringen. Auch die Chancen für verwaltungsebenenübergreifende Ansätze unter Einbindung der kommunalen Ebene, etwa durch den Aufbau gemeinsamer koordinierender Stellen, wurden bisher nicht ergriffen. Künftig muss das noch sehr viel besser werden.

Prozess geht weiter

Die Teilnahme an der OGP ist ein fortlaufender Prozess, dem sich die Bundesrepublik Deutschland in den kommenden Jahren weiter stellen wird. Nach dem Beschluss des zweiten Plans (2019-21) folgt im Herbst 2019 die offene Reflektion der Ergebnisse des ersten Plans (2017-19) und die Erarbeitung des dritten nationalen Aktionsplans (2021-23) im ersten Halbjahr 2021. Das Bundeskanzleramt und das Netzwerk Open Government ermuntern dazu, bereits heute über künftige Ideen zur Förderung von Open Government nachzudenken und zu diskutieren. Denn vom gemeinsamen Dialog profitieren alle.

Dr. Jörn von Lucke ist Professor für Verwaltungs- und Wirtschaftsinformatik und Gründungsdirektor des Open Government Institute an der Zeppelin Universität, Friedrichshafen.




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